Wohltemperierte CeBIT 2008: Was die Aussteller sagten

11.03.2008
Messevorstand Ernst Raue zog auf der Abschluss-Pressekonferenz der CeBIT 2008 ein positives Fazit: Trotz einer um einen Tag kürzeren Dauer der Veranstaltung habe sich die Zahl der Besucher um drei Prozent auf 495.000 erhöht.

"Der Neustart der CeBIT ist gelungen, das neue Konzept ist aufgegangen", sagte Raue. Die Zahl der Aussteller hingegen sank wiederum. 5845 Aussteller aus 77 Ländern zeigten ihre Produkte – etwa 300 weniger als noch im Jahr zuvor. Auch die Ausstellungsfläche gesamt nahm ab: Belegten die Messestände im Vorjahr noch 280.000 Quadratmeter, schrumpfte die Ausstellungsfläche dieses Jahr um 14 Prozent auf 241.000 Quadratmetern. Großes Augenmerk galt auf der Messe dem in Halle 9 abgehaltenen Leitthema Green IT.

Das begann schon ausgesprochen schwergewichtig: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Veranstaltung im Beisein von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy - Frankreich war 2008 Partnerland der CeBIT -, EU-Kommissions-Präsident José Manuel Durão Barroso und Microsoft-Chef Steve Ballmer eröffnet. Soviel Prominenz war nie in der Leinestadt, um den Start größten IT-Messe der Welt zu zelebrieren.

Die Aussteller rieben sich ob des Verlaufs der Messe zufrieden die Hände. Die CeBIT hat nach den Worten des Präsident des Branchenverbandes Bitkom, August-Wilhelm Scheer, "die Erwartungen deutlich übertroffen". Scheer weiter: "Die Aussteller nehmen volle Auftragsbücher mit nach Hause." Nicht nur habe das neue Konzept der IT-Leitmesse seine "Feuertaufe" bestens bestanden. Vielmehr entwickle sich der IT-Treff immer mehr zum weltweiten Gipfel, "zum 'Davos' der ITK-Branche", sagte Scheer. Damit zielte er auf das immer zu Jahresbeginn im Schweizer Kurort stattfindende Stelldichein der Großen und Mächtigen aus Politik, Wirtschaft und dem sonstigen öffentlichen Leben. Die Messeverantwortlichen sagten, dass auf der CeBIT 2008 mehr als zehn Millionen Geschäftsgespräche geführt wurden. Hierbei seien Investitionen angebahnt und Aufträge geschrieben worden.

Gute Stimmung allerorten

Gruppenbild der Herren unter Führung der Dame: Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet mit dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (ganz links), Microsoft-Chef Steve Ballmer (2.von links), EU-Kommissions-Präsident José Manuel Durão Barroso (3. von rechts), Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer (ganz rechts) die CeBIT 2008.
Gruppenbild der Herren unter Führung der Dame: Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet mit dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (ganz links), Microsoft-Chef Steve Ballmer (2.von links), EU-Kommissions-Präsident José Manuel Durão Barroso (3. von rechts), Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer (ganz rechts) die CeBIT 2008.
Foto: Deutsche Messe AG

Die offiziellen – und positiven - Aussagen der Messeveranstalter wurden in diesem Jahr auch von den Herstellern bestätigt, die die COMPUTERWOCHE befragt hatte. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass fast niemand die Aufgabe der traditionsreichen Halle 1 bedauerte. So war man bei der Datev zwar zunächst skeptisch: Datev-Vorstand Dieter Kempf gab zu: "Der Umzug aus der Halle 1 war nicht ganz freiwillig." Seine Pressesprecherin Claudia Specht fügte hinzu: "Wir waren zunächst skeptisch, da wir unseren alten Stand erst im Jahr zuvor runderneuert hatten." Doch bereits bei Halbzeit der CeBIT verkündete Kempf geradezu euphorisch: "Für die Datev ist der Start in die Messe fulminant gewesen".

Mehr als zufrieden zeigte sich auch IBMs Messechef Hans-Heinrich Schmidt, der dem nach der Telekom größten CeBIT-Stand überhaupt vorsteht. Durch die strategisch günstige Lage am Nordeingang der Halle 2, den die meisten Messebesucher fast zwangsläufig passieren, herrschte auf dem riesigen IBM-Areal reges Treiben. "Wir haben unseren Stand stärker nach Themen strukturiert und viel lichter gestalten können", freute sich Pressesprecherin Christine Paulus. Schmidt fügte hinzu: "Ich hätte Halle 1 schon vor zwei Jahren geschlossen."

Schmidts IBM-Kollegin Martina Koederitz, Vice President Systems and Technology Group Deutschland und insofern für alle Hardwareangebote des Unternehmens zuständig, äußerte sich ebenfalls sehr zufrieden. "Der Stand in Halle 2 ist größer als früher in Halle 1". Manche Bereiche des Standes seien förmlich belagert worden von Interessenten – wie etwa der, auf dem Big Blue seine Server-Blade-Technik zeigte. "Wir mussten Leute aus Stuttgart nachordern, damit das Standpersonal sich abwechseln konnte."

Novell hatte zwar dieses Jahr einen etwas kleineren Stand, zudem wurde die zweite Etage komplett gekappt. Das lösungsorientierte neue Messekonzept komme dem Unternehmen jedoch entgegen, stellt Stefan Backes fest. Novells Marketingchef für Europa sparte nicht mit Kritik an der Traditionshalle 1: "Sie war viel zu breit aufgestellt – große Anbieter neben ganz kleinen, dazu aus unterschiedlichsten Branchen."

Vermiefte Halle 1 – und Hannover ist kein attraktiver Standort

"Unser Stand war überfüllt", gab Harald Gessner, Pressesprecher von Sun Microsystems schon am Abend des ersten CeBIT-Tages eine Erfahrung zum besten, die auch die IBM gemacht hatte. "Luft und Licht in Halle 2 sind um Längen besser als die vermiefte Halle 1, was auch den Besuchern entgegen kommt", so Gessner. Entsprechend glücklich sei man über deren Schließung. Die CeBIT befinde sich auf dem richtigen Weg. Allerdings müsse der Standort Hannover dringend attraktiver gestaltet werden, um mehr internationale Firmenbesucher auf das größte Messegelände Deutschlands zu lotsen. Gessner brachte eine alte Klage vor, der die CeBIT-Veranstalter bereits im vergangenen Jahr zumindest ansatzweise abgeholfen haben wollten. Besonders die beschränkten und überteuerten Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt hätten viele Kunden von Sun vom Messebesuch abgehalten. "Vielleicht sollte die Messe überlegen, an die Stelle der Halle 1 ein Hotel zu bauen", schlägt Gessner vor.

CeBIT-Chef und Messevorstand Ernst Raue hat gut lachen. Das neue Konzept und die kürzere Dauer sind gut angekommen.
CeBIT-Chef und Messevorstand Ernst Raue hat gut lachen. Das neue Konzept und die kürzere Dauer sind gut angekommen.

Monika Jacoby, Pressesprecherin von Kyocera, konnte der Geburtsstätte der CeBIT ebenfalls wenig Liebe abgewinnen: "Die Halle 1 war nicht mehr tragbar - hier in Halle 7 können wir mit einem abgespeckten Stand mehr Kunden direkt erreichen." Pflichtet Konkurrent Brother bei: "Unser Stand ist nicht mehr so aufwändig gestaltet wie in früheren Jahren - trotzdem konnten wir die Zahl unserer Besucher gleich am ersten Messetag im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppeln", stellt Jörg-Stefan Schmitt, Leiter Unternehmenskommunikation, fest.

August Wilhelm Scheer, der neben seiner Rolle als Bitkom-Präsident vor allem Gründer des Softwarehauses IDS Scheer ist, sagte: "Wir sind sehr zufrieden. Der Messeerfolg ist auch wichtig für unsere Mitarbeiter. Die bereiten unseren Messeauftritt schließlich monatelang vor und dann wäre es wirklich frustrierend gewesen, wenn zu wenige Leute zu uns gekommen wären."

Ist der Markt reif für SaaS?

Wolfgang Kobek, Geschäftsführer von Varial Software, erzählte, der erste Messetag sei noch "etwas irritierend" verlaufen. Aber bereits am darauf folgenden zweiten Messetag "waren wir sehr gut besucht". Ob die Qualität der Besucher gestimmt hat, wusste er noch nicht. Da wollte er die Analyse seiner Kollegen abwarten. Einen neuen Trend hat Kobek auf der Messe nicht entdeckt. Nach dem Thema Software as a Service gefragt, gab er sich sehr zurückhaltend. "Bisher haben wir keine drei Anwender gefunden, die sich dafür interessiert hätten. Der Markt ist dafür einfach noch nicht reif."

Richtig viel los war auf der CeBIT 2008: In sechs Tagen kamen dieses Jahr mehr Messegäste als in sieben Tagen des vergangenen Jahres.
Richtig viel los war auf der CeBIT 2008: In sechs Tagen kamen dieses Jahr mehr Messegäste als in sieben Tagen des vergangenen Jahres.

Auch Peter Dewald, Geschäftsführer der Sage Software GmbH, winkt bei SaaS eher ab. Bis auf simple Lösungen beispielsweise im Bereich CRM sähe er keinen gesteigerten Bedarf in Sachen Software as a Service: " ERP als Mietlösung zu beziehen, ist in Deutschland noch kein Thema. Den Anwendern ist das wohl noch zu komplex und zu teuer." Mit dem Verlauf der Messetage zeigte sich Dewald zufrieden.

Und auch Martin Hubschneider, Gründer und Chef der CAS, klang ziemlich euphorisch, als er auf die CeBIT und ihr neues Messekonzept angesprochen wird: "Das Konzept geht auf. Selbst der erste Tag war stärker als in den Vorjahren." Andreas Naunin, Direktor Mittelstand bei SAP Deutschland, vermeldete eine große Nachfrage von kleinen und mittelständischen Unternehmen. SAP habe im übrigen den veränderten Verlauf der Messe nicht weiter wahrgenommen. Bei Jürgen Skodda, Vertriebschef von Proalpha Software AG, und seinen Mitarbeitern hinterließen die Messe und das an seinem Stand angelandete Publikum einen guten Eindruck. Die Verkürzung der Messe habe sich nicht negativ ausgewirkt.

Schade, dass es Halle 1 nicht mehr gibt

Schließlich äußert sich auch ein Unternehmensberater positiv über die CeBIT 2008: Axel Oppermann von der Experton Group ist der Meinung, dass das Interesse der Anwender immer besser befriedigt werde. Zudem biete das Treffen der IT-Industrie viele Möglichkeiten der Interaktion für Fachbesucher.

Alles eitel Sonne also auf der diesjährigen CeBIT. Alles? Zumindest einer der von der COMPUTERWOCHE Befragten war traurig über das Aus von Halle 1. Jörg Hollerith aus der Sales-Abteilung des Elektronikherstellers Casio, der nun in Halle 7 vertreten ist, zeigte sich enttäuscht: "Schade, dass es Halle 1 nicht mehr gibt. Wir haben da sehr gut hineingepasst." (jm)

Die nächste CeBIT...

…findet vom 3. bis 8. März 2009 statt.