Als Frau in der Männerwelt

Wo wir uns vernetzen können

21.09.2014
Von 
Dr. Andrea Herrmann ist freie Trainerin für Software Engineering, Buchautorin und Inhaberin von zwei Gastprofessuren.
Nach wie vor sind Frauen in der IT-Welt in der Minderheit. Engagierte Informatikerinnen versuchen sich durch unterschiedlichste Aktivitäten zu organisieren und sich gegenseitig zu helfen.

Die IT-Branche ist eine Männerwelt. Das wissen schon Schülerinnen. Der Anteil junger Frauen unter den Informatik-Studierenden stagniert seit Jahren bei 15 Prozent. In der IT-Branche insgesamt sind es dank Quereinsteigerinnen dann 30 Prozent, aber dort fokussieren sich die Frauen auf frauentypische, unterstützende Tätigkeiten, während die harte Technik dann doch zu 85 Prozent den Männern gehört.

Informatikerinnen unter sich

Wenn Frau täglich in der Männerwelt lebt, spürt sie den konstanten Sand im Getriebe schon nicht mehr und falls doch, befürchtet sie erste Anflüge von Paranoia. Bis sie sich für ein paar Tage unter Informatikerinnen begibt. Plötzlich heißt es nicht mehr: "Aber Frauen wollen doch gar nicht programmieren/Macht haben!", was so viel heißen soll wie: "Mach du nur weiterhin die ungeliebten Lastenhefte/Handbücher/manuellen Tests" oder: "Für diesen Posten habe ich schon den jüngeren Kollegen vorgesehen". Plötzlich muss frau nicht mehr nachdenken, bevor sie Sätze sagt wie: "Lass uns doch in Kontakt bleiben" oder "Wie wäre es, wenn wir noch ein Bier zusammen trinken?" oder - besonders pikant: "Komm doch kurz mit ins Hotelzimmer, da zeige ich dir meine Folien."

Frauen sind in der IT in Minderheit. Um so wichtiger ist es, dass sie sich vernetzen, etwa auf der Informatica Feminale.
Frauen sind in der IT in Minderheit. Um so wichtiger ist es, dass sie sich vernetzen, etwa auf der Informatica Feminale.
Foto: Peter Atkins - Fotolia.com

Wenn Informatikerinnen sich zusammensetzen, drehen sich die Gespräche um Programmiersprachen, Entwicklungsprozesse, Karriere und die nächsten Schritte für den Erfolg im Beruf; aber auch Kinderbetreuung und persönliche Wünsche und Gedanken sind keine Tabus. So verschieden wir Frauen auch sind, wir Informatikerinnen haben immerhin das Interesse an der Technik und die Frau-in-der-Männerwelt-Erfahrung gemeinsam.

Wo sich IT-Frauen treffen

Es gibt einige regelmäßige Veranstaltungen, auf denen sich Informatikerinnen vernetzen können: Die "Informatica Feminale" ist eine monoedukative Sommerschule für Informatikerinnen. Die baden-württembergische Informatica Feminale wird organisiert vom Netzwerk Frauen.Innovation.Technik Baden-Württemberg, F.I.T der Hochschule Furtwangen und fand dieses Jahr vom 5. bis 9. August zum 14. Mal an der Universität Freiburg statt.

Die norddeutsche Informatica ist schon 17 Jahre alt, wird vom Kompetenzzentrum Frauen in Naturwissenschaft und Technik der Universität Bremen organisiert und war am 18. bis 29. August an der Universität Bremen. Die Veranstaltungen finden jeweils statt mit Wohlwollen und Grußwort des Wissenschaftsministeriums des Landes Baden-Württemberg bzw. Bremen. Hier machen sich Studentinnen fit fürs Berufsleben und erwerben den einen oder anderen ECTS-Punkt für die Anrechnung an ihrer Hochschule.

Nicht nur für Studentinnen

Aber auch Berufstätige und Wiedereinsteigerinnen locken die geringen Gebühren für hochwertige Kurse sowie die angebotene Kinderbetreuung. Zusätzlich gibt es Vorträge aus der Berufspraxis, gemeinsame Exkursionen, Stammtische und Netzwerkabende. In Bremen nahmen dieses Jahr im Rahmen des Projektes "Professional Networking of Women in ICT" eine Gruppe türkischer Studentinnen und Dozentinnen an der Informatica Feminale teil und gaben gemeinsam mit der Gruppe aus Georgien der Veranstaltung internationalen Flair.

Die nächste Informatica Feminale findet in Furtwangen wieder vom 28. Juli bis 1. August 2015 statt und in Bremen vermutlich auch wieder im August. Die Einreichung von Kursen und Vorträgen für beide ist im Januar möglich. In Österreich organisiert die Universität Salzburg eine ähnliche Veranstaltung namens ditact.

Die Fachgruppe "Frauen und Informatik" der Gesellschaft für Informatik e.V. trifft sich jährlich im Frühsommer in wechselnden Städten und bietet auch Regionalgruppen an, die sich regelmäßiger zusammensetzen und austauschen.

Ähnliche Veranstaltungen gibt es auch in anderen Bereichen wie die Physikerinnentagung im Oktober in wechselnden Städten, die Ingenieurinnen-Sommeruni im August an der Universität Bremen und die Meccanica Feminale für Ingenieurinnen im Februar abwechselnd in Stuttgart oder Furtwangen.

Frau muss es ausprobiert haben, um zu spüren, wie anders es sich anfühlt, unter Informatikerinnen zu sein. Wo sonst finden wir diese Situation, als auf solchen Veranstaltungen?