Wo ist der Programmcode geblieben?

20.04.2005
Von Professor Dr.

In heterogenen Welten brauchte als weiterer Zerlegungsschritt die Integration zwischen unterschiedlichen Programm- und Datensystemen nicht mehr von den Anwendungsprogrammen selbst ausgeführt zu werden, denn mit der Technik für Enterprise Application Integration (EAI) wurden Konzepte und Tools verfügbar, die diese Aufgabe übernahmen. Dem EAI-System musste dazu mitgeteilt werden, welche Datenänderungen aus dem Update eines Teilsystems in anderen Systemen nachvollzogen werden mussten.

Diese Entwicklung der zunehmenden Verteilung einer Anwendung erhält derzeit durch die Einführung von so genannten prozessorientierten Plattformen einen neuen Schub: In Plattformen wie .NET (Microsoft), Websphere (IBM) und Netweaver (SAP) werden Portal-, Workflow- und EAI-Technologien zu einem Middleware-Konzept zusammengeführt, auf dem dann die Anwendungssoftware aufsetzen kann. Durch die Herausnahme von Datenverwaltung, Ablaufsteuerung und Benutzerführung aus den Anwendungssystemen bleibt für den Programmcode der eigentlichen Anwendungen vornehmlich noch die Funktionsausführung und die Definition der dazu notwendigen Daten.

Hier bietet der objektorientierte Ansatz mit seiner Zusammenführung von Datenobjekten und den darauf anzuwendenden Methoden eine konzeptionell transparente Hilfe. Die Bestimmung der Größe dieser Business Objects ist allerdings ein schwieriges Problem, da unterschiedliche Ziele wie Performance, einfache Schnittstellen nach außen, Wartungsfreundlichkeit etc. beachtet werden müssen. Die Business Objects werden dann über Services mit standardisierten Schnittstellen zur Orchestrierung durch die Prozessplattform bereitgestellt.

Die Flexibilität wächst

Verfolgt man also den Programmcode einer Anwendung, so verteilt er sich auf mehrere Hierarchiestufen von Middleware-Komponenten bis zu den immer kleiner werdenden Programmteilen der eigentlichen Funk- tionsbearbeitung. Der Vorteil dieser Verteilung liegt in einer wachsenden Flexibilität der Anwendungssysteme. Nun können Daten geändert werden, ohne dass notwendigerweise der Programmcode angetastet werden müsste und umgekehrt. Auch die Reihenfolge der Funktionsverarbeitung kann man unabhängig von Programmcode oder Datendefinitionen modifizieren. Kurz: Die Anwendungssysteme sollen nicht der Engpass für neue Organisationsformen der Unternehmen sein, sondern im Gegenteil innovative Anwendungskonzepte aufnehmen und umsetzen.