CeBIT-Rundgang: CMS/DMS

Wo bleibt das papierlose Büro?

07.02.2006
Software für das Enterprise-Content-Management (ECM) ist gefragt, und das auch ohne Hypes. Während das Angebot immer unübersichtlicher wird, steigen die Anforderungen an Anbieter und Anwender.

Wenn Hersteller, Analysten oder Berater heute von ECM sprechen, meinen sie alle irgendwie das Gleiche und doch oft etwas anderes. Grund ist, dass ECM als Sammelbegriff für sämtliche Produkte, Techniken und Prozesse verwandt wird, mit denen sich strukturierte und unstrukturierte Informationen erfassen, bearbeiten, verwalten, publizieren und archivieren lassen. Zu einem tieferen Marktverständnis der Anwender, die mit stetig steigenden Dokumentenmengen zu kämpfen haben, hat der Begriff nur wenig beigetragen. Vielmehr sehen sich Unternehmen unterschiedlichsten Produkten gegenüber, die trotz ECM-Etikett tatsächlich meist nur Teilfunktionen und -prozesse wie das Dokumenten-, Web-Content- und Output-Management oder die Archivierung abdecken (siehe Grafik "Die vielen Gesichter von ECM"). Hinzu kommt, dass die Übergänge zwischen Collaboration, Dokumenten-Management, Web-Redaktionssystemen und anderen Content-Systemen immer weiter verschwimmen.

ECM wird als Sammelbegriff für die verschiedensten Funktionen und Prozesse im Dokumenten-Management genutzt.
ECM wird als Sammelbegriff für die verschiedensten Funktionen und Prozesse im Dokumenten-Management genutzt.

Auch der deutsche Markt, der laut Schätzungen der Berater von Zöller & Partner im Jahr 2004 ein Gesamtvolumen zwischen 900 Millionen Euro und 1,1 Milliarden Euro hatte, ist stark fragmentiert. Neben wenigen internationalen Anbietern und Marktführern nach Umsatz wie EMC/Documentum, IBM, Filenet oder Open Text, die sich vor allem auf Großkunden konzentrieren, sowie finanzstarken ECM-Playern wie SAP und Microsoft findet sich eine Vielzahl lokaler Anbieter, deren Produkte funktional und preislich oft weitaus besser zur mittelständischen Klientel passen als die Software der Großen.

Keine Marktbeherrscher

Die in heterogenen Märkten immer gern von Presse und Analysten prophezeite Konsolidierung und die darauf folgende drückende Dominanz einzelner Schwergewichte ist bisher nicht eingetreten - zumindest was das Marktvolumen betrifft. Vielmehr ist laut ECM-Experte Bernhard Zöller vor allem im Mittelstand ein überproportionales Wachstum zu erkennen, das nicht zuletzt auf den Preisverfall bei Servern und Speichertechnik zurückzuführen ist. Jüngste Übernahmen wie die von Red Dot Solutions durch Hummingbird, der Solitas Informatik durch Soft M oder die Fusion von Beta Systems mit Kleindienst Datentechnik zeigen aber auch, dass der ECM-Markt in Bewegung ist und Hersteller durch Zukäufe ihre Position verbessern möchten.

Bequeme Schuhe sollten sein

Obwohl es Spezialmessen wie die DMS Expo gibt, ist auch die diesjährige CeBIT ein guter Ort, um sich näher über Produkte und Trends im ECM-Markt zu informieren. So sind alle wichtigen ECM-Anbieter und viele Spezialisten vertreten (siehe Tabelle). Ein Anlaufpunkt sollte dabei Halle 1 sein, in der die Messe mit der DMS Area erstmals thematisch und räumlich einen eigenen Bereich für DMS geschaffen hat. Neben Hardware- und Softwarelösungen für die Dokumentenbearbeitung organisiert der Verband Organisations- und Informationssysteme (VOI) Vorträge und präsentiert ein digitales Büro, in dem Besucher erleben können, wie sie ihre tägliche Arbeit auch ohne Papier bewältigen können. Allerdings werden dem Besucher trotzt DMS Area Fußmärsche nicht erspart bleiben, da viele ECM-Akteure nach wie vor in anderen Hallen gastieren. Vor allem aber ist jedem ECM-Interessierten dringend zu empfehlen, sich nur mit klaren und detaillierten Anforderungen auf den Weg nach Hannover zu machen, da dies der einzige Weg ist, sich im Produktdschungel zurechtzufinden. "Wenn man weiß, was man will, reduziert sich die Zahl der in Frage kommenden Anbieter erheblich", weiß Berater Zöller.

Viele Minitrends

Messeankündigungen

• Die Firma Windream (Halle 1, Stand K90) aus Bochum präsentiert Version 4.0 ihrer gleichnamigen Software für Dokumenten-Management und Archivierung. Wichtige Neuerungen sind ein Rechtekonzept, Optionen zum Abonnieren von Dokumenten und Ordnern sowie Softwarekomponenten für die elektronische Signatur.

• Mit "Docuware 5" (Halle 1, Stand A68/1) zeigt der DMS-Anbieter Docuware aus Germering die neueste Iteration seiner Software. Diese bietet jetzt standardmäßig die Nutzung der digitalen Signatur, die vollen Offline-Funktionen auch für den mobilen Client sowie überarbeitete Oberflächen für die Dokumentenansicht und Konfiguration von Such- und Ablagemasken.

• Für das Input-Management in SAP-Umgebungen bietet die Firma Top Image Systems mit Sitz in Hannover und Köln (Halle 1, Stand H99) die "eFlow Unified Content Platform". Sie ist nun in Version 3 verfügbar und wartet laut Anbieter in dem Modul "eFlow Ability für SAP R/3" mit erweiterten Funktionen für Rechungslegung und Workflow auf. Zudem sind die Klassifizierungslösung "eFlow Smart" sowie die neue Software zur Bestellverarbeitung "eFlow P.O." zu sehen.

• Readsoft aus Neu-Isenburg (Halle 1, Stand B91) stellt den Einsatz seiner Software "Readsoft Documents for Invoices" in den Mittelpunkt seines Messeauftritts. Die Software dient der automatisierten Verarbeitung eingehender Rechnungen und soll sich laut Anbieter eng in die ERP-Umgebungen von SAP und Oracle integrieren lassen.

• Basware aus München, Spezialist für die Automatisierung von Finanzprozessen, zeigt auf der CeBIT sein aktuelles Produktportfolio am SAP-Partnerstand (Halle 4, Stand D12). Dort finden sich unter anderem die Lösungen "Basware Invoice Processing" für die elektronische Verarbeitung von Eingangsrechnungen sowie "Basware Purchase Management" für das Beschaffungs-Management.

Nach großen Hypes wird man auf der Messe (glücklicherweise) vergeblich suchen. Vielmehr gibt es eine Reihe wirtschaftlicher und rechtlicher Gründe, die Unternehmen über eine effizientere Verwaltung ihre Dokumente nachdenken lässt und die Hersteller beschäftigt. So kommt kein Anbieter mehr am Thema eines integrierten Workflows vorbei, der Verwaltungsabläufe zwischen Abteilungen unternehmensweit steuern und automatisieren sowie die Zusammenarbeit verbessern soll. Ferner stoßen derzeit Lösungen zur Rechnungseingangsbearbeitung, die elektronische Rechnungserstellung sowie Funktionen zur Farberfassung von Dokumenten oder die Nutzung des PDF-Formats für die Archivierung auf ein besonders großes Interesse. Auch verlangen Anwender zusehends nach integrierten Volltext-Datenbanken und wollen ihre optischen Jukeboxen durch Magnetplattensysteme ersetzen, die Softwarefunktionen bieten sollen, mit denen sich die gespeicherten Objekte schützen lassen.