Schon vor seiner Vernehmung hatte Schmalensee in einer schriftlichen Stellungnahme dargelegt, daß Microsoft nach seiner Auffassung keine Monopolstellung zugeschrieben werden könne. Im Kreuzverhör des Chefanklägers David Boies vom US-Justizministerium konzedierte der Wirtschaftsexperte dann aber, daß es in den letzten zwölf Jahren keinem Unternehmen gelungen sei, Microsofts Dominanz im Markt für PC-Betriebssysteme ernsthaft zu gefährden.
Schmalensee beharrte dennoch auf seinem Standpunkt. Microsofts Marktposition sei permanent von potentiellen Konkurrenten bedroht. Ebenso wie im Fall Netscape, das zunächst nicht als Konkurrent wahrgenommen wurde, könne Microsoft jederzeit eine neue Bedrohung erwachsen. Es gehöre zu den Eigenarten der Software-Industrie, daß "Konkurrenten aus dem Nichts auftauchen".
Boies hingegen legte in seinem Kreuzverhör den Schwerpunkt auf die Frage, ob es gegenwärtig einen ernstzunehmenden Konkurrenten für das Windows-Betriebssystem gebe. Er nannte als mögliche Bedrohungen etwa die Firma Apple, das Freeware-Unix-Derivat Linux, das Be-OS-Betriebssystem und die gemeinsamen Bemühungen von AOL, Netscape und Sun Microsystems. Schmalensee gestand ein, daß keine der aufgeführten Firmen und Produkte eine unmittelbare Bedrohung für das Windows-Betriebssystem darstelle.
Im Rechtsstreit mit Sun Microsystems ist die Gates-Company unterdessen in die Offensive gegangen. Anwälte des Unternehmens haben gegen eine einstweilige Verfügung Einspruch eingelegt, die ein US-Bezirksrichter im November 1998 erlassen hatte. Derzufolge muß der Konzern innerhalb von 90 Tagen Windows 98, den "Internet Explorer" sowie die Software-Entwicklungs-Kits für Java, Versionen "2.0" und "3.0", und "Visual J++ 6.0" an den von Sun vorgegebenen Java-Standard anpassen (siehe CW 48/98, Seite 7). Der Richter habe den Vertrag zwischen Sun und Microsoft falsch interpretiert, argumentieren die Vertreter der Gates-Company.