Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen VII (Programmpflegekosten und Personalkosten)

07.04.1977

6.3 In den meisten Fällen wird es bei EDV-Projekten unterlassen, die Kosten der zwangsläufig anfallenden Programmpflege in das zukünftige Verfahren einzurechnen. Viele EDV-Leiter gehen von der irrigen Annahme aus, daß sie bei einem neuen Verfahren keine Aufwendungen für laufende Pflegeaufgaben haben werden.

Schon allein die Existenz eines EDV-Verfahrens führt dazu, daß sich die betroffenen Fachbereiche mit ihren Detailproblemen an den Bereich Organisation und EDV wenden. Dies bezieht sich auf die Berücksichtigung von Verbesserungen, Ergänzungen, Änderungen und Maßnahmen der Fehlersuche und Fehlerbehebung. Je nach Anwendungsgröße sind mit diesen laufenden Aufgaben ein oder mehrere Mitarbeiter im Bereich Organisation und EDV "verbraten".

Es gibt kaum eine Geschäftsleitung, die entscheidet, daß sich die Fachbereiche mehrere Jahre mit einem einmal realisierten Verfahren zufriedengeben müssen. Man gesteht den einzelnen Bereichen die Freiheit zu, im Rahmen ihrer "nicht definierten" Kompetenzen an den einzelnen Anwendungen herumzubasteln.

Es wäre in den meisten Fällen für alle Beteiligten (Fachbereiche und ORG/EDV) viel billiger, wenn einmal realisierte Anwendungssysteme nur dann geändert werden, wenn es sich wirklich nicht mehr vermeiden läßt oder wenn die Kostensparnisse durch eine Änderung aus wirtschaftlichen Gründen unbedingt durchführen muß. Dabei müssen auch die negativen Effekte auf andere Projekte berücksichtigt werden, die aufgrund der Änderungen zurückstehen müssen.

Man sollte die Kosten der Änderungen für die nächsten 5 Jahre (als Vorschlag gedacht) des Verfahrens schätzen und in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbauen. Wenn man dies tut, kann man die Fachbereiche etwas aus ihrer Reserve herauslocken. Zwangsläufig wird die Wirtschaftlichkeit eines Verfahrens durch die Einbeziehung von Änderungskosten negativ beeinflußt, so daß die Fachbereiche möglicherweise zu Beginn eines Projektes die schriftliche Erklärung abgeben, daß sie für einige Jahre vollauf zufrieden sein werden, wenn die angestrebte Lösung realisiert wird.

Leider muß immer wieder festgestellt werden, daß einzelne Ressortleiter bedenkenlos Erklärungen unterschreiben, ohne daß sie über die Tragweite ihrer Entscheidungen nachdenken. Je interessierter ein Bereich an einer EDV-Lösung ist, um so eher wird er dazu neigen, das Problem späterer Änderungen herunterzuspielen. Bestätigungen seitens der Fachbereiche, daß mit keinem nennenswerten Änderungsdienst zu rechnen sei, stehen dann meist nur auf dem Papier. Nach kurzer Zeit will man davon nichts mehr wissen.

Die Kosten für die Abwicklung von Tests nach Einführung des neuen Verfahrens kann man entweder in die Programmpflegekosten einrechnen oder den Hardwarekosten des laufenden Systems hinzurechnen. Aus praktischen Gründen ist es meist empfehlenswert die Testkosten in die Hardwarekosten zu integrieren, da Rechenzentrums-Abrechnung und Personalkostenverrechnung für Projekte bzw. Änderungen zwei unterschiedliche Systeme sind, die nur in wenigen EDV-lnstallationen voll ineinander integriert sind. Es kommt jedoch lediglich darauf an, daß man die Testkosten der Hardware für die laufenden Verfahren überhaupt erfaßt und nicht so sehr darauf, wie man sie welchen Kostengruppen zuordnet.

6.4 Das bisherige Verfahren zeichnete sich meist dadurch aus, daß in den einzelnen Fachbereichen personalintensiv gearbeitet wurde. Man sollte alle Personalkosten erfassen, die von dem bisherigen und vom zukünftigen Verfahren betroffen sind damit man diese entsprechend gegenüberstellen kann.

Man stößt jedoch sehr oft deshalb auf Schwierigkeiten, weil nicht nachgeprüft werden kann, welche personellen Einsparungen im Fachbereich durch ein neues Verfahren realisiert werden. Speziell dann, wenn die Entlassung bzw. Versetzung von Mitarbeitern der Fachbereiche Basis eines EDV-Projektes ist, stößt man auf harten Widerstand seitens der Fachbereiche dann, wenn das Projekt von der Organisation und EDV initiiert worden ist.

Der Nachweis von Kosteneinsparungen in den Fachbereichen ist auch deshalb so schwierig, weil die Kosten des Fachbereichs durch steigendes Geschäftsvolumen beeinflußt werden. Diese Einflüsse lassen sich jedoch nur sehr schwierig ausklammern bzw. berücksichtigen.