Breitband für Alle

Wir wollen keine Staatssubventionen

02.02.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Der deutsche TK-Markt stagniert

CW: Also eher eine Stagnation?

GRÜTZNER: Wir haben schon vor der Krise gesagt, dass wir sinkende Umsätze in 2009 erwarten Ich rechne mit keinen deutlichen Gewinnsteigerungen im Markt, denn die Margen sind äußerst knapp. Wir produzieren günstiger als im letzten Jahr, daher schlägt die Wirtschaftslage auf die Gewinne nicht so drastisch durch. Aber die Umsätze werden auch in der TK-Branche zurückgehen, nur wird das im Wesentlichen nicht durch die Finanzkrise bedingt sein, sondern durch die erzielten Effizienzsteigerungen - und die geben wir an die Endkunden in Form von sinkenden Preisen weiter. Dass die Telekom allerdings gerade in dieser Zeit eine völlig unangemessene Erhöhung des wichtigsten Vorproduktpreises für die letzte Meile bei der Bundesnetzagentur beantragt hat, ist unverantwortlich mit Blick auf den Gesamtmarkt.

CW: Also eine Entwicklung, die auch ohne Wirtschaftskrise eingetreten wäre?

GRÜTZNER: Ja, ich glaube, unsere Umsätze wären um drei bis vier Prozent zurückgegangen. Jetzt kommen eventuell noch ein bis zwei Prozent hinzu. Das spielt aber im Vergleich zu dem, was andere Industriekreise zu verkraften haben, kaum eine Rolle.

CW: Wird der deutsche TK-Markt nach der Krise noch genauso aussehen wie jetzt?

GRÜTZNER: Auf der einen Seite haben wir momentan einen relativ stark gesättigten Markt. Das kann sich aber wieder schnell ändern, wenn es neue Produkte gibt, für die der Bürger bereit ist, mehr Geld auszugeben. Deshalb müssen wir auch in unserem Bereich erst einmal Geld einsparen. Hierbei ist Größe ein wichtiger Faktor. Deshalb wird sicher der eine oder andere auf die Idee kommen, jetzt, wo die Unternehmensbewertungen sehr günstig sind, zuzuschlagen. Anderseits könnte die Finanzkrise solche Übernahmen erschweren. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade hier die Bundesregierung helfend eingreift, damit Unternehmenszusammenschlüsse nicht aus Geldmangel scheitern.

CW: Der VATM preschte mit dem Statement "Breitband für alle innerhalb eines Jahres" vor. Wie wollen Sie das realisieren?

GRÜTZNER: Wir haben ja klar gesagt, dass dazu bestimmte Rahmenbedingungen herrschen müssen. So ist unbedingt die Freigabe der digitalen Dividende, der frei werdenden Rundfunkfrequenzen, erforderlich, um die Lücken in der Breitbandversorgung zu schließen. Dazu sitzen wir auch bereits seit rund einem Jahr mit der Deutschen Telekom an einem Tisch. Das gemeinsame Konzept, wie in kurzer Zeit das mobile Internet im ländlichen Raum mit der digitalen Dividende verwirklicht werden kann, steht.

Um Breitband für alle zu realisieren, setzten die VATM-Mitglieder auf Funktechniken für den Internet-Zugang.-
Um Breitband für alle zu realisieren, setzten die VATM-Mitglieder auf Funktechniken für den Internet-Zugang.-
Foto: o2

Unser gemeinsames Ziel war es, eine wirtschaftlich vernünftige Lösung zu finden, die ohne Subventionen auskommt. Dabei sollte sichergestellt werden, dass erst einmal die ländliche Bevölkerung versorgt wird und dann auch für andere Regionen Frequenzen genutzt werden können. Wenn sich die Telekom jetzt von diesem Konzept der digitalen Dividende zu lösen scheint, weil sie dabei keine neuen Monopole durchsetzen kann, dann muss sie auch die politische Verantwortung übernehmen. Denn so fällt es wesentlich schwerer, den Ländern klarzumachen, dass es mit Abstand die bessere Lösung ist, auf ein mobiles Internet zu setzen statt alleine auf Festnetztechnik. Zumal die Telekom völlig zu Recht seit über zehn Jahren sagt, ein flächendeckender DSL-Ausbau sei viel zu teuer. Daher setzen wir auf einen Technologie-Mix mit Mobilfunk, Satellit, WiMAX, PreWiMAX, Richtfunk und Powerline.

Außerdem darf es keinesfalls dazu kommen, dass zugunsten der Telekom der Preis für das wichtigste Vorprodukt, das die Wettbewerber vom Ex-Monopolisten mieten müssen, die Teilnehmeranschlussleitung (TAL), künstlich hoch gehalten wird. Regulierte Preise müssen sich immer an realen Kosten und Marktgegebenheiten orientieren. Zu hohe TAL-Preise erschweren Investitionen - das wirkt sich auch auf die Mittel für einen Breitbandausbau aus.

Um eine aktuelle Datenbasis für eine gezielte und effiziente Schließung der Breitbandlücken zu haben, haben wir zudem gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund im November 2008 eine bundesweite Datenabfrage bei den Kommunen gestartet.