Cisco-Boss John Chambers

"Wir wollen die Nummer Eins werden"

02.02.2011
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Zuversichtlich und kämpferisch zeigte sich Cisco CEO John Chambers auf der Technikkonferenz Cisco Live! in London.

Nachdem Cisco die Branche Ende 2010 mit einem eher verhaltenen Blick in die Zukunft aufgeschreckt hatte, blickt Konzernchef Chambers mittlerweile wieder zuversichtlich in die Zukunft. Nach der Teilnahme am World Economic Forum in Davos rechnet er mit einem jährlichen Produktivitätszuwachs von drei bis fünf Prozent für die Volkswirtschaften in Europa und den USA.

Cisco-Chef Chambers auf der Cisco Live! Konferenz in London.
Cisco-Chef Chambers auf der Cisco Live! Konferenz in London.

Treibende Kraft sind für Chambers dabei Technologien wie Cloud oder Social Networks. Gleichzeitig appellierte er an Europäer und Amerikaner, ihre Stärken wie Innovationskraft und Excellence of Operation nicht zu vernachlässigen, wenn sie im globalen Wettbewerb mit den neuen Herausforderern aus Asien bestehen wollen. "Die Zeiten, in denen Asien nur günstige Produktionskosten als Wettbewerbsvorteil in die Waagschale werfen konnte, sind längst vorbei", so der CEO. Ein EU-Land, das für Chambers bereits die Transformation erfolgreich gemeistert hat, ist Deutschland: "Die deutsche Wirtschaft kann ein Modell für andere EU-Länder sein".

Zu den Herausforderungen der Zukunft zählen für Chambers dabei neue Formen der Collaboration sowie das gesamte Thema Cloud, das in seinen Augen die ART IT zu nutzen komplett verändern wird: "Wenn Sie für einen Moment die Technik beiseite lassen, dann bedeutet Cloud nichts anderes als, dass sie jede ITK-Anwendung als Service beziehen können - egal ob Storage, Applikationen, VoIP oder Telepresence." Dass Chambers angesichts dieses Szenarios zuversichtlich in die Zukunft blickt, verwundert nicht weiter, denn für ihn ist das Netz dabei der Verbundstoff zur Realisierung.

Und hier sieht der CEO in den EU-Staaten noch einen deutlichen Nachholbedarf und damit Geschäftschancen für Cisco. Danach befragt, was für ihn Breitband sei, antwortet Chambers salomonisch: "Für mich ist Breitband, wenn jeder Bürger mindestens einen 2 Mbit/s-Internet-Zugang hat." Allerdings werde die Nachfrage dramatisch steigen, wenn das Angebot an hochauflösendem IP-Fernsehen, Videokonferenzen etc. wachse. Als Beleg für seine These führt Chambers einen Vergleich zwischen den Olympischen Spielen in Peking und den kommenden Wettbewerben 2012 in London aus. Dort errichtet Cisco als einer der Sponsoren die Netzinfrastruktur. "Diese Netze wird eine um 32-fach höhere Kapazität haben als die Infrastruktur in London", so Chambers. Mit dem steigenden Datenaufkommen im Internet müssten sich die Anwender allerdings von den heute üblichen Pauschaltarifen verabschieden. Chambers, der sich gegenüber der COMPUTERWOCHE eigentlich als bekennender Anhänger einer Netzneutralität outete, räumt mittlerweile ein: "Es kann niemand erwarten, dass die Provider immer größere Netzkapazitäten aufbauen, ohne dass sie die Chance auf ein entsprechendes Return on Investment habe." Deshalb sei der Wunsch, verschiedene Verkehrsarten im Netz unterschiedlich zu managen und zu tarifieren durchaus nachvollziehbar. Dies habe auch die EU-Kommission erkannt.

Gleichzeitig appellierte Chambers, dass dies sehr vorsichtig zu geschehen habe, um die Balance zwischen der Freiheit des Internets und den wirtschaftlichen Interessen der Netzbetreiber zu wahren. "Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass ein Teil der Netzkapazität immer kostenlos für alle zur Verfügung stehen sollte", erklärte der Manager weiter.

Der Netzausbau ist jedoch nur ein Aspekt, wo Cisco auf glänzende Geschäfte hofft. Im Zusammenhang mit dem Thema Cloud will das Unternehmen weiter im RZ-Business mitmischen. Glaubt man Chambers so ist die Company hier bereits weltweit zur Nummer vier aufgestiegen und in den USA auf Platz drei positioniert. "Allen Unkenrufen zum Trotz wächst unser UCS-Geschäft (Unified Computing System) um über 50 Prozent", versuchte Chambers Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Kämpferisch teilte er vielmehr mit, dass Cisco zum Nummer-Eins-IT-Player für Unternehmen und Behörden aufsteigen wolle.