"Wir wollen die Fusion mit der GAD"

22.01.2008
Michael Krings, Vorstandsvorsitzender der Fiducia IT AG in Karlsruhe, setzt das Thema Zusammenschluss im Gespräch mit CW-Redakteur Joachim Hackmann wieder auf die Tagesordnung.

CW: Wie ist das Geschäft der Fiducia IT AG 2007 verlaufen?

KRINGS: Wir haben etwas weniger als im Vorjahr verdient. Das war so geplant. Wir haben unseren Banken versprochen, die Einsparungen durch die Fusionen der vergangenen Jahre an sie weiterzugeben. Das schlägt sich unmittelbar auf der Einnahmenseite nieder. Wegen der Zusammenschlüsse mit anderen IT-Dienstleistern aus dem genossenschaftlichen Finanzverbund haben wir seit 1999 mehrere Rechenzentren konsolidiert und Systeme zusammengeführt, aber auch Standorte schließen müssen. 2003 haben wir unseren Kunden jährliche Einsparungen in Höhe von 80 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Tatsächlich haben wir 2007 sogar Einsparungen in Höhe von 95 Millionen Euro an unsere Kunden weitergegeben.

CW: Die Einsparungen erzielen Sie in der Fiducia IT AG. Das ist der IT-Dienstleister für Genossenschaftsbanken. Gleichzeitig gibt es unter dem Fiducia-Dach Tochtergesellschaften, die außerhalb des angestammten Marktsegments IT-Services für Kunden betreiben. Konnten diese die Einnahmeminderungen kompensieren?

KRINGS: Ursprünglich war das ein Ziel, das wir mit den Tochtergesellschaften verfolgt haben. Dafür hätten wir weiter investieren müssen. Das wollen wir derzeit nicht. Für die Zukunft streben wir stärkere Synergien mit unseren Töchtern an.

CW: Warum wollen Sie nicht investieren?

KRINGS: Unser Kerngeschäft ist die Arbeit für Volksbanken und Raiffeisenbanken. Wir müssen immer wieder die Diskussion führen, warum wir die Tochtergesellschaften nicht verkaufen. Wachstum außerhalb der genossenschaftlichen Gruppe hilft uns aber, im Kerngeschäft besser zu werden. Die Töchter tragen neue Technologien, mehr Wettbewerb und eine andere Art der Kundenorientierung in das Unternehmen. Außerdem verdienen sie Geld. Auch das hilft, die Kosten für die Banken zu senken.

Galoppierende Konsolidierung

Kaum eine Anbieterlandschaft hat sich in den vergangenen Jahren so schnell verändert wie die der IT-Dienstleister für Banken. Nach zahlreichen Fusionen stehen den Volks- und Raiffeisenbanken nur noch zwei Anbieter zur Verfügung: Die Fiducia, Karlsruhe, betreut die Finanzinstitute im Süden. Ihr Pendant im Norden ist die GAD aus Münster. Im Jahr 2005 verhandelten die beiden verbliebenen Anbieter über eine Fusion. Die Gespräche schienen sehr weit fortgeschritten, wurden aber im März 2006 von der GAD überraschend gestoppt. Zuvor hatte der Fiducia-Aufsichtsrat ein gemeinsam erarbeitetes Konzept abgelehnt und um Nachbesserungen gebeten. Die Planung sah unter anderem eine paritätisch besetzte Holding in Frankfurt am Main vor.

Obwohl Fiducia und GAD in vielen Projekten des genossenschaftlichen Finanzverbunds gemeinsame Projekte betreiben, sind sie auch Konkurrenten. Um die Vorteile einer Fusion auszuschöpfen, wäre eine Reorganisation erforderlich. Davon wären Standorte und Mitarbeiter betroffen. Marktbeobachtern zufolge waren sich GAD und Fiducia uneins darüber, wer bei einer Fusion welchen Beitrag und in welchem Ausmaß zu leisten habe.

Der größte Zankapfel ist die Wahl des Kernbankensystems. Die zentrale Applikation der GAD ist die Mainframe-Lösung "Basis 21", die mit großem Aufwand weiterentwickelt wurde. Die Fiducia hat in den vergangenen Jahren viel Geld für die Entwicklung der Java-basierenden Anwendung "Agree" investiert. In einem umfangreichen Projekt wurden mittlerweile sämtliche betreuten Banken darauf umgestellt. Die GAD beansprucht, die stabilere Lösung zu haben, Fiducia pocht auf eine zukunftsträchtigere Ausführung. Sicher ist, dass eine Fusion mit auf Dauer zwei verschiedenen Kernbankensystemen unsinnig wäre.

In dieser Hinsicht sind die Dienstleister der Sparkassen einen Schritt weiter. Auch in diesem Geschäft gibt es nur noch zwei Anbieter. Die Finanz IT im Norden und Osten Deutschlands und die Sparkassen Informatik im Süden und Westen. Zurzeit laufen Fusionsverhandlungen, die offiziell auf Augenhöhe betrieben werden. Allerdings ist die in Hannover ansässige Finanz IT geschwächt in die Gespräche gegangen. Ihr Kernbankensystem ist veraltet. Für eine aufwändige Überarbeitung fehlt das Geld. Die Sparkassen IT betreibt hingegen eine konkurrenzfähige Bankenapplikation und führt die Verhandlungen aus einer Position der Stärke. Die Frage nach dem passenden Bankensystem stellt sich nicht.

Auch über den nächsten Schritt, eine Hochzeit der verbliebenen genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen IT-Dienstleister, wird offen diskutiert. Insofern dürfte der Erfolg der aktuell angestrebten Fusionen von Sparkassen IT und Finanz IT auf der einen sowie der Fiducia und GAD auf der anderen Seite auch den Weg für einen späteren Merger bereiten. Wer den aktuellen Zusammenschluss besser bewältigt, kann schnelle Akzente im Markt setzen, wichtige Themen und Techniken platzieren und ist für kommende Verhandlungen besser gewappnet.

CW: Dennoch ist die Frage nach dem Verkauf berechtigt. Die Töchter verwischen das klare Profil eines IT-Dienstleisters für Banken.

KRINGS: Das kann man sicher so sehen. Unser Kerngeschäft ist der IT-Betrieb für Banken. Deshalb haben wir klare Rahmenbedingungen für die Töchter geschaffen. Sie müssen zehn bis 15 Prozent organisches Wachstum erzielen und zehn Prozent vom Umsatz als Deckungsbeitrag erreichen. Die Tochtergesellschaften müssen sich selbst tragen. Es gibt keine Quersubventionierungen.

CW: Die Fusionsgespräche mit der GAD wurden im März 2006 abgebrochen. Gibt es neue Verhandlungen?

KRINGS: Wir stehen in permanentem Kontakt zur GAD. Wir arbeiten an gemeinsamen Projekten, und die gesamte genossenschaftliche Organisation bringt es mit sich, dass wir uns immer wieder treffen.

CW: Gibt es Fusionsgespräche?

KRINGS: Zurzeit nicht.

CW: Warum nicht? Die abgebrochenen Verhandlungen waren sehr weit fortgeschritten. Es schien, als seien nur noch Formalien zu klären.

KRINGS: Im Detail bestanden sehr unterschiedliche Auffassungen. Ich halte nichts von so genannten strategischen Zusammenschlüssen. Die Fusion muss Spareffekte bringen, geringere Betriebskosten, bessere Marktunterstützung oder eine schnellere und effizientere Softwareentwicklung. Der Dreh- und Angelpunkt ist das Bankverfahren. Ich halte den Zusammenschluss nicht nur für sinnvoll, sondern sogar für notwendig, nicht zuletzt wegen der Situation der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die Fiducia möchte die Fusion, und ich bin sicher, dass es wieder Gespräche geben wird.

CW: Die Erklärung nach den gescheiterten Gesprächen lautete, die Fiducia habe sich gesträubt.

KRINGS: So ist es dargestellt worden. Wir hatten ein Konzept von einem unabhängigen Beratungshaus vorliegen. Das ist von den Fiducia-Gremien nicht akzeptiert worden.

CW: Ist es an der Wahl des Kernbankensystems gescheitert?

KRINGS: Nicht in erster Linie.

CW: Warum brauchen die genossenschaftlichen IT-Dienstleister überhaupt die Fusion?

KRINGS. Aus Kosten- und Effizienzgründen. Wir machen und haben heute alles doppelt, etwa den Rechenzentrumsbetrieb und die Entwicklung. Wir könnten erhebliche Synergien schaffen und zu deutlich geringeren Kosten arbeiten. Ferner haben die letzten zwei IT-Dienstleister der Sparkassen ihre Fusion beschlossen und uns gegenüber damit Skalenvorteile.

CW: Gibt es Anstrengungen zu neuen Verhandlungen?

KRINGS. Ich hoffe.

CW: Drängt der genossenschaftliche Dachverband?

KRINGS: Das Thema steht sicher auf der Tagesordnung. Aber das Beispiel der gescheiterten Fusion zwischen der DG Hyp und der Münchner Hypothekenbank zeigt: Obwohl ein Zusammenschluss wirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre, ist es dazu letzten Endes nicht gekommen. Ich halte die Fusion mit der GAD für wichtig und richtig, aber wir sind abhängig von den Gremien.

CW: Ist ein Zusammenschluss mit einem IT-Dienstleister der Sparkassenbranche möglich?

KRINGS: Es gibt ein sehr erfolgreiches Beispiel einer Kooperation zwischen genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Banken: Das ist die dwp Bank. Sie betreibt die Wertpapierabwicklung für die beteiligten Finanzinstitute und konnte auch Privatbanken als Kunden gewinnen. Warum sollte etwas Ähnliches nicht auch in anderen Segmenten vorstellbar sein?