"Wir begrüßen den Schritt der SAP, die Kündigung der bestehenden Wartungsverträge zurückzunehmen", feiern die Gegner des umstrittenen Enterprise Support (ES) die jüngste Entscheidung des Softwarekonzerns. Einen Tag bevor die Initiative "Kein-ES" mit ihren Anliegen an die Öffentlichkeit ging, waren die SAP-Verantwortlichen zurückgerudert und hatten die Änderungskündigung widerrufen, die Tausenden von IT-Leitern in Deutschland und Österreich Anfang Juli dieses Jahres ins Haus geflattert war.
Die Entscheidung könne allerdings nur ein erster Schritt sein, machen die grollenden CIOs klar. Die Konzernspitze in Walldorf habe zwar einen großen Stein aus dem Weg geräumt. Es gebe jedoch noch eine Menge Diskussionsbedarf. Die Preiserhöhung, die SAP vor allem den mittelständischen Kunden im Zuge des Enterprise Supports aufzwingen wollte, sei nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die Kritik vieler IT-Leiter geht weiter. Sie monieren vor allem einen schleichenden Qualitätsverfall der SAP-Produkte sowie eine deutliche Verschlechterung des Umgangs der SAP mit ihren Kunden.
"SAP ist nicht mehr sexy"
Viele Kunden hätten in der Vergangenheit eigene SAP-Ressourcen aufgebaut, weil sie mit der Support-Qualität von SAP unzufrieden gewesen seien, berichtet Werner Schwarz, IT-Chef der Gerolsteiner Brunnen GmbH. Er habe in den vergangenen zwölf Monaten über 300 SAP-Probleme intern gelöst, lediglich 22 Fälle habe ihm der SAP-Support abnehmen können. An diesem Verhältnis werde auch der Enterprise Support nichts ändern, glaubt der CIO. "Wir müssten auch in Zukunft immer noch viel selbst machen."
"Außerdem rechnet sich das Support-Modell nicht", ergänzt Johannes Truttmann, CIO der Krombacher Brauerei. Jede der zwölf Meldungen an SAP aus dem vergangenen Jahr habe ihn umgerechnet auf die Wartungsgebühren einen fünfstelligen Euro-Betrag gekostet. Der Kundenwert müsse deshalb wieder stärker im Vordergrund stehen, fordert der IT-Leiter. Die Partnerschaft mit SAP sollte den Kunden nutzen. Dazu müsse der Partner "sexy" sein, "doch das ist SAP heute nicht mehr."
Mit dem neuen Support stiegen die Anforderungen und der Aufwand für die Kunden, kritisiert Thorsten Steiling, IT-Leiter der EJOT Holding GmbH & Co. KG. Beispielweise schrieben die neuen Supportregeln vor, alle Fehlermeldungen in Englisch zu dokumentieren - obwohl das SAP-System diese auf Deutsch ausgebe. "Wir sehen keine Vorteile, sondern nur Mehraufwand", sagt der CIO. "Wir wollen den Standardsupport auf Augenhöhe und in deutscher Sprache."
Michael Rödel, CIO von Bionorica, moniert die schlechte Supportqualität. Im Rahmen der laufenden CRM-Implementierung habe er 21 Meldungen an SAP abgesetzt, berichtet der IT-Leiter. Alle Fehler seien derart massiv gewesen, dass kein produktiver Betrieb möglich gewesen sei. Trotz dieser hohen Priorität habe SAP bis zu drei Wochen gebraucht, die Probleme aus der Welt zu schaffen. "SAP sollte weniger Geld in TV-Werbung investieren", macht Rödel seinem Ärger Luft, "sondern mehr Geld in die Qualitätssicherung von Produkten und Support stecken".