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"Wir werden R/3 weiter verkaufen und entwickeln"

02.02.2001
Neben Mysap.com als umfassender betriebswirtschaftlicher Komplettlösung verkauft SAP künftig auch Teillösungen für Bereiche wie Kunden-Management und Analyse. Außerdem soll R/3 noch mindestens fünf Jahre weiterentwickelt werden, wie Vorstandssprecher Henning Kagermann in einem Interview erläutert.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Strategiewechsel: Neben Mysap.com als umfassender betriebswirtschaftlicher Komplettlösung verkauft SAP künftig auch Teillösungen für Bereiche wie Kunden-Management und Analyse. Außerdem soll R/3 noch mindestens fünf Jahre weiterentwickelt werden.

"Unsere Kunden müssen künftig nicht mehr Gesamt-Mysap kaufen, sondern können sich die Teillösungen zusammenstellen, die sie benötigen", kündigt SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann im CW-Interview an. Damit ändert die Walldorfer Softwareschmiede zum zweiten Mal binnen rund eines Jahres ihre Strategie. Nachdem der Anbieter zunächst seine sämtlichen Anwendungskomponenten in Mysap.com zusammengefasst hat, wird diese nun wieder in sieben Einzellösungen aufgebrochen: Kundenbeziehungs-Management, Supply-Chain-Management, Product-Lifecycle-Management, Financials, Personalwirtschaft, elektronische Beschaffung und Business Intelligence. Bis Ende des Quartals, so ein Unternehmenssprecher, werden die Lösungen weltweit verfügbar sein.

Angesichts der neuen Strategie macht ERP-Analyst Helmuth Gümbel vom Beratungsunternehmen Strategy Partners modernen Realismus bei der SAP aus: "Rundum-Pakete sind hinderlich, wenn die Kunden schon andere Lösungen im Einsatz haben", kommentiert er.

Entwarnung gibt es dagegen für bestehende R/3-Anwender. "Wir werden R/3 weiterentwickeln und weiterpflegen", stellt Kagermann klar. R/3 wird zukünftig verkauft. Neuabschlüsse gab es unter anderem mit Eon und Rolls Royce. Ein SAP-Sprecher hatte vor einigen Wochen gegenüber der COMPUTERWOCHE noch behauptet, dass R/3 an Neukunden nicht mehr abgegeben wird.

Interview mit Henning Kagermann

Mit den guten finanziellen Ergebnissen im vierten Quartal hat sich SAP eindrucksvoll auf der ERP-Bühne zurückgemeldet. Doch insbesondere bei E-Business und Collaborative Business haben die Walldorfer noch Aufholbedarf. Im Gespräch mit den CW-Redakteuren Gerhard Holzwart und Martin Ottomeier erläutert Vorstandssprecher Henning Kagermann, mit welchen neuen Teillösungen SAP den Umsatz außerhalb des traditionellen R/3-Geschäfts ankurbeln will und wie der im letzten Jahr betriebene Konzernumbau zum aktuellen Erfolg beigetragen hat.

CW: Im vierten Quartal haben Sie ein erstaunlich gutes Ergebnis erzielt, obwohl Hasso Plattner vor einiger Zeit noch Pessimismus verbreitet hat. Was sind die Ursachen? Spielen da, gerade mit Blick auf das US-Resultat, auch Währungseffekte eine Rolle?

KAGERMANN: Wir berichten in Euro und machen unsere Prognosen in Euro. Daher spielen Währungseffekte keine Rolle. Unser Geschäft hängt sehr stark davon ab, wie gut es uns gelingt, einzelne große Verträge zum Abschluss zu bringen – vor allem zum Jahresende. Um den zu erwartenden Umsatz planen zu können, gibt jede Vertriebsregion eine Umsatzprognose ab, die mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist. Wenn es nun in allen Regionen gut läuft, wird die Gesamtprognose übertroffen, da wir bei ihr davon ausgehen, dass die eine oder andere Vertriebsregion ihre Ziele nicht erfüllt.

CW: Und so war es im vierten Quartal?

KAGERMANN: Genau. Diesmal haben wir keinen Ausfall gehabt. So etwas zeigt sich aber erst ganz am Ende des Berichtszeitraums. Wenn nur eine Handvoll Großaufträge nicht abgeschlossen worden wäre, ständen wir heute ganz anders dar. Und wenn in jeder Vertriebsregion nur ein wichtiger Vertrag weniger zustande gekommen wäre, dann wäre das Quartal katastrophal ausgefallen – nur um zu zeigen, welche Bedeutung einzelne Verträge haben.

CW: Kann die Tatsache, dass alle Verträge zum Abschluss kamen, als Indiz für eine anziehende Konjunktur im ERP-Markt gewertet werden?

KAGERMANN: Ich glaube, das hat primär SAP-spezifische Ursachen. Wir haben früher als erwartet die Früchte eines weit reichenden Unternehmensumbaus geerntet, den wir in den letzten anderthalb Jahren vorgenommen haben. Wir haben sehr mutig in Produkte und die Firmeninfrastruktur investiert. In acht der zehn größten Vertriebsregionen haben wir in den letzten 13 Monaten einen neuen Chef eingesetzt. Wir haben auch den Umgang mit dem Kunden verändert und konzentrieren uns jetzt stärker auf den gesamten Lebenszyklus des Produkts und nicht mehr nur auf die Implementierung. Teamarbeit und Consultative Selling sind intensiviert worden. Das ist natürlich mit Umschulung der Mitarbeiter verbunden. Wir haben die Entwicklung gestrafft und an einigen Stellen gravierend verändert. Das zahlt sich nun aus.

CW: Warum hat sich das nicht früher schon angedeutet?

KAGERMANN: Wir reden erst über Dinge, wenn sie so weit sind. Darüber hinaus ist es uns sehr gut gelungen, Old und New Economy miteinander zu verbinden. SAP war schon immer sehr erfolgreich im Abbilden von Geschäftsprozessen für traditionelles Geschäft. Und wir haben neue Module und Verbesserungen der bestehenden Module entwickelt, um E-Business oder Collaborative Business zu unterstützen. Anfang des Jahres mussten wir uns Marketing-seitig sehr viel stärker in den neuen Geschäftsfeldern positionieren. Auf jeder Presse- und Analystenkonferenz wurden wir gefragt, was wir im E-Business machen. Jetzt, drei Quartale später, fragen uns alle: Wo ist der Return des Investments? Man kommt also wieder ein wenig zurück zu den Stärken der Old Economy, gemischt mit den Stärken der New Economy.

CW: Warum waren die Umstrukturierungen, von denen Sie gerade gesprochen haben, nötig geworden? Und welche Bereiche waren primär betroffen?

KAGERMANN: Ein Grund für die Umstrukturierungen war, dass wir in den letzten Jahren in vielen großen Märkten Ausfälle hatten. Wir haben vor allem in Japan, England und den USA eingreifen müssen. Nicht alles war geplant. Manchmal wurden wir durch die Ereignisse dazu gezwungen. Zum Zweiten mussten wir uns mit Mysap.com neu aufstellen. Eine Forderung unserer Kunden war, dass wir uns nach der Implementierung stärker im Bereich der kontinuierlichen Verbesserung (Continous Improvement) engagieren sollen. Außerdem liegt unsere Stärke nicht allein im Produktvertrieb, sondern darin, eine Lösung zu verkaufen.

CW: Da müssen auch die Mitarbeiter umdenken.

KAGERMANN: Deshalb mussten wir in beiden Bereichen unsere Mitarbeiter umschulen. Die Mannschaft war durch R/3 sehr stark auf den Produktvertrieb eingestellt und musste die Lösungsorientierung erst lernen. Diese Änderungen haben wir Ende 1999 angekündigt und in letzter Zeit umgesetzt. Diese Umstellung haben auch nicht alle geschafft. Die Fluktuationsrate war im letzten Jahr höher als normal. Aber jetzt ernten wir die Früchte.

CW: Müsste sich das nicht in einem höheren Serviceumsatz widerspiegeln? Der ist aber im vierten Quartal mit 27 Prozent geringer gestiegen als der Lizenzumsatz mit 30 Prozent.

KAGERMANN: Ich denke schon, dass sich das auch im Serviceumsatz zeigt. Im vierten Quartal hat der Serviceumsatz im Gegensatz zu den vorherigen Quartalen deutlich angezogen. Der ist auch nicht zugekauft, sondern das Ergebnis von neuen und größeren Projekten in den neuen Geschäftsfeldern.

CW: Machen Sie Ihren Umsatz jetzt nur noch in diesen neuen Geschäftsfeldern, also mit Mysap.com, oder verkaufen Sie auch noch R/3?

KAGERMANN: Natürlich machen wir noch Geschäft mit R/3. In dem Punkt müssen wir unsere Kommunikation wieder etwas schärfen. Wir werden weiterhin R/3-Lizenzen verkaufen und R/3 auch weiterentwickeln. Der Kunde zahlt schließlich Wartung und hat darauf auch ein Anrecht. Auf der anderen Seite wollen wir unseren Kunden den Umstieg von R/3 auf Mysap.com so einfach wie möglich machen, das heißt, der Kunde soll nicht eine völlig neue Systemlandschaft aufbauen müssen – wie es beim Wechsel von R/2 auf R/3 nötig war und wie es Oracle, meiner Meinung nach unnötigerweise, seinen Kunden aufbürdet.

CW: Was sollte denn einen Anwender dazu bewegen, auf Mysap.com umzusteigen?

KAGERMANN: Der Kunde möchte doch revolutionär neue Geschäftsprozesse abbilden, bei maximaler Sicherung seines Investments. Hier muss man aber unterscheiden: Es gibt Bereiche, die von E-Business praktisch nicht tangiert werden, und hier müssen wir die Software nicht ändern. Diese Module oder Funktionen gehen von R/3 mehr oder weniger unverändert in Mysap.com über. Das betrifft zum Beispiel General-Ledger-Anwendungen oder die Personalabrechnung. Andere Teile ändern sich sehr stark. Hierzu gehören Supply-Chain-Management und Kundenbeziehungs-Management. Da ändern sich aber auch nicht alle Geschäftsprozesse revolutionär. Zunächst wird in Projekten ein Teil umgestellt. Dann wird der Rollout in die gesamte Organisation gemacht. In dieser Übergangsphase benötigt der Kunde Software, die beides abdeckt: den traditionellen und den neuen Geschäftsprozess. Unsere Software enthält daher Komponenten, die bewährt und lange am Markt sind, andere Teile, die komplett neu sind, und in manchen Bereichen sind Anwendungen in Mysap anders als in R/3. Diese führen wir also quasi doppelt.

CW: Welche Auswirkungen hat das?

KAGERMANN: Mit der Zeit wird der Abstand zwischen R/3 und Mysap immer größer, da die doppelt geführten Teile zunehmen. Natürlich werden wir die R/3-Teile weiterpflegen und weiterentwickeln. Aber wir werden das nicht beliebig lange tun können. Es wird der Zeitpunkt kommen, wo 90 Prozent des Neugeschäfts bei Mysap.com liegen, und dann werden wir die restlichen R/3-Anwender mit entsprechender Hilfe zur Umstellung bewegen müssen.

CW: Wie groß wird denn der Anteil des Geschäfts mit Suite-Lösungen in den nächsten Jahren sein, und wie viel macht das Komponentengeschäft aus?

KAGERMANN: Der Trend geht wieder zu Komplettlösungen. Bei vielen Anwendern spielt sich etwa das folgende Szenario ab. In unternehmenskritischen Bereichen setzen die Unternehmen zunächst die beste Lösung ein – also Best-of-Breed –, weil ihr Geschäft davon abhängt, dass die Geschäftsprozesse optimal abgebildet werden. Wenn aber mit der Zeit das Lösungsangebot des bevorzugten Lieferanten mit der Best-of-Breed-Lösung fast deckungsgleich ist, dann wird diese Anwendung durch die des Hauslieferanten ersetzt. Nur einen oder zwei strategische Lieferanten zu haben senkt nämlich die Kosten und verbessert die Beziehungen zum Lieferanten. Wenn wir also einen guten Job machen und unser Produkt kontinuierlich verbessern, wird auch die Palette der eingesetzten SAP-Software immer kompletter. Daher müssen wir auch in Teilbereichen wie SCM oder CRM immer die Nummer eins oder die Nummer zwei am Markt sein.

CW: Dann müssen Sie mit neuen Komponenten auch Nicht-R/3-Anwender überzeugen können. Wie wollen Sie da vorgehen?

KAGERMANN: Es gibt Anwender, die wollen zum Beispiel eine Lösung für das Supply-Chain-Management – nicht das komplette R/3, aber mehr als das, was zum Beispiel ein Unternehmen wie I2 Technologies liefern kann. Daher werden wir jetzt nicht mehr nur eine Komplettlösung unter dem Namen Mysap.com anbieten, sondern auch eine Lösung für das Supply-Chain-Management. Diese Anwendung wird Mysap SCM heißen und hat einen definierten Preis. Sie ist nicht identisch mit R/3, denn sie enthält nur einige R/3-Komponenten wie PP und darüber hinaus neue Komponenten wie APO oder SCM-Analytics auf Basis des Business Warehouse. Wir greifen also in unsere Schatzkiste und bieten eine Lösung – ohne dass der Anwender sieht, aus welchen Komponenten sie besteht. Und wir packen so viele Komponenten in diese Lösung wie APO, Logistic Execution und anderes, bis sie komplett ist.

CW: Welche Bedeutung haben diese Teillösungen?

KAGERMANN: Deren Erfolg ist uns sehr wichtig. Wir werden daher unser Berichtswesen umstellen, um diesen messen zu können. Nicht zuletzt wird es auch Kunden geben, die R/3 wollen – nicht als Sammlung von Modulen wie FI, CO, MM, sondern als eine Lösung, die sich am Markt durchgesetzt hat, um eine definierte Menge an geschäftlichen Transaktionen zu benennen. Das werden wir ebenfalls anbieten.

CW: Wird das weiter R/3 heißen?

KAGERMANN: Das ist noch nicht entschieden. Ich nehme an, dass wir es SAP R/3 nennen – vielleicht SAP R/3 Enterprise, um uns in die bestehende Nomenklatur einzupassen. Dieses Produkt wird nicht Mysap.com sein, aber es wird die betriebswirtschaftlichen Prozesse etlicher Firmen abbilden. Aber unsere R/3-Kunden müssen heute bereits die Technologie von Mysap.com erhalten – sonst kriegen wir die evolutionäre Entwicklung zu unserer neuen Softwaregeneration nicht hin. Dann steht den Anwendern aber ein natürlicher Entwicklungspfad offen, schrittweise in Themen wie Collaborative Business einzusteigen oder Lösungen wie Mysap CRM zu implementieren. Unsere Kunden müssen also künftig nicht mehr Gesamt-Mysap kaufen, sondern können sich die Teillösungen zusammenstellen, die sie benötigen.

CW: Welche Teillösungen sind denn im Rahmen der neuen Strategie geplant?

KAGERMANN: Die stehen schon fest: CRM , SCM, PLM, Financials, HR, E-Procurement und Business Intelligence. Die Preisliste ist schon im Feld, und bald werden wir damit offiziell starten. Diese Anwendungen werden auch in Branchenausprägungen angeboten.

CW: In der Vergangenheit haben Anwender von "R/3-Classic" im Rahmen der Wartung sehr weit reichende Neuerungen erhalten. Das wird künftig nicht mehr so sein.

KAGERMANN: Das ist richtig. Der Umfang von R/3 ist definiert. Die Lücken der

Anfangszeit haben wir geschlossen. Daher wird es bestimmte Funktionen in Mysap.com geben, die in R/3 nicht zur Verfügung stehen werden – gerade was Collaborative Business betrifft. Das ist aber nicht unerwartet und wird von unseren Kunden auch akzeptiert.

CW: Es wird aber ein R/3 nach Version 4.6 geben?

KAGERMANN: Es wird etwas geben – aber ich möchte das jetzt nicht 4.7 oder 5.0 nennen. Wir wollen R/3 ja technisch an Mysap.com annähern, und dort haben wir keine Releases mehr im traditionellen Sinne, sondern eine kontinuierliche Weiterentwicklung der einzelnen Komponenten. Das wollen wir auch in R/3 einführen. Allerdings müssen wir uns noch überlegen, welchen Namen wir wählen. Das ist auch der Grund, warum wir noch kein 4.7 oder 5.0 angekündigt haben.

CW: Wie lange wird R/3 noch weiterentwickelt?

KAGERMANN: Es gibt hierzu noch keine endgültige Aussage, weil wir darüber noch gar nicht nachgedacht haben. Ich gehe aber davon aus, dass wir R/3 mindestens fünf Jahre weiterentwickeln werden.

CW: Die von Ihnen aufgezeigte Strategie scheint sehr SAP-zentriert zu sein – obwohl Partner einige wichtige Bereiche abdecken, zum Beispiel Commerce One bei Marktplätzen. Welche Rolle spielen die bei Ihnen?

KAGERMANN: Sie werden in Zukunft noch mehr Partnerschaften sehen, bei denen Produkte von Drittanbietern in Mysap.com eingeklinkt, vielleicht sogar alternativ zu SAP-Komponenten angeboten werden. Es wird immer Teilbereiche geben, wo wir nicht alle Anforderungen abdecken, zum Beispiel in speziellen Branchen. Dort werden wir auch zulassen, dass Lösungen anderer Anbieter eingebunden werden können – und hier wird es Partnerschaften geben. Wenn nötig, werden wir solche Komponenten auch gemeinsam entwickeln. Das Problem ist immer die Garantiefrage, wenn wir eine Software verkaufen oder empfehlen, die von einem Drittanbieter kommt. Daher wird es verschiedene Stufen bei den Partnerschaften geben.

CW: Wie sieht es bei den Einkäufen aus? Es gibt ja Spekulationen um die Übernahme von Intershop.

KAGERMANN: Darauf bin ich schon mehrfach angesprochen worden. Es gibt zurzeit keine Verhandlungen oder Kontakte diesbezüglich – und auch keine Pläne.

CW: Würden denn die Produkte in Ihr Portfolio passen?

KAGERMANN: Das müsste man genauer analysieren. Beim E-Selling haben wir eigene Komponenten. Es gibt über 200 Live-Installationen unseres Shops Online-Store – was niemand registriert, weil unser Produktportfolio so groß ist, dass solche Anwendungen keine Aufmerksamkeit genießen. Das Intershop-Produkt ist also nicht komplett komplementär. Trotzdem würde uns das nicht davon abhalten, uns im Markt nach Produkten umzusehen, die sehr viel besser als unser eigenes sind, um dann gegebenenfalls unsere Strategie zu ändern. Ansonsten werden wir in unserer Lösungsstrategie nicht erfolgreich sein.

CW: Würden Sie eher kaufen, à la Kiefer & Veittinger, oder kooperieren, à la Commerce One?

KAGERMANN: Ich bevorzuge das Kooperationsmodell. Es hängt aber vom Einzelfall ab, zum Beispiel, ob man ein Produkt oder die Mitarbeiter akquirieren will. Aber die Commerce-One-artige Variante ist die meiner Ansicht nach sinnvollste.

CW: Mysap.com adressiert bislang vor allem Großunternehmen. Welche Rolle spielt für Sie denn der Mittelstand?

KAGERMANN: Das ist nach wie vor ein Kernthema für uns. Wir haben Mysap.com zunächst über den direkten Kanal verkauft, weil wir erst Erfahrungen gewinnen und das Vertriebsrisiko übernehmen wollten. Jetzt ist Mysap.com mit über 50 Prozent Hauptumsatzträger. Außerdem werden wir auf der CeBIT zeigen, dass man Mysap.com auf einer einzigen physischen Instanz, sogar einem Laptop, installieren kann. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dass auch die Partner groß einsteigen können. Wir werden in diesem Zuge auch verstärkt mit unseren Ready-to-Work-Partnern arbeiten, um diese Strategie in den Mittelstand hineinzutragen.

CW: Ein Wort noch zu Microsoft. Hat sich an Ihrem Verhältnis durch die Übernahme von Great Plains etwas geändert?

KAGERMANN: Weniger. Natürlich werden wir in Teilbereichen in eine Konkurrenzsituation kommen. SAP reicht mittlerweile relativ weit in den unteren Mittelstand, und Great Plains wird dort nicht bleiben, sondern sein Geschäft auf größere Unternehmen ausdehnen. Die Überschneidungen sind aber noch gering – vor allem vor dem Hintergrund des Umsatzes, den Microsoft in der SAP-Kundenbasis macht. Die Kooperation ist also das weit überwiegende Element.

CW: Microsoft war aber in der Vergangenheit nicht sehr zimperlich, wenn es in einen Markt gegangen ist, der zuvor ausschließlich durch Partner abgedeckt worden war.

KAGERMANN: Das stimmt. Man muss das beobachten. Aber solche Fragen sind schon vor Jahren gestellt worden. Die Antwort ist nach wie vor dieselbe: Wir vertrauen auf unsere eigene Stärke, wenn wir mit starken Partnern zusammenarbeiten. Wir dürfen uns nicht als Maus mit einer Katze in den Käfig sperren lassen, sondern wir müssen zumindest auch als Katze in den Käfig kommen.