Interview mit Michael Dell

"Wir sind nicht mehr abhängig vom Erfolg einer Kiste"

09.08.2011

Tablet oder Notebook? Anwender wollen beides

Kommen wir zum Old-school-Business: Der Windows-PC-Markt steckt in der Flaute, stattdessen fluten andere Devices, vor allem Tablets und Smartphones, den Markt. Wie verändert dieser Trend Ihr Geschäft auf Dauer?

Dell: Vor fünf oder zehn Jahren hätte uns dieser Veränderungsprozess härter getroffen als heute. Inzwischen ist unser Business vielseitig ausgerichtet. Den Großteil unserer Gewinne ziehen wir aus anderen Bereichen. Heute gibt es definitiv eine große Vielfalt an Endgeräten und das Nutzungsverhalten verändert sich. Es ist nicht mehr so, dass ein Gerät das andere zwangsläufig ablöst. Viele der neuen Geräte werden als Zweit- oder Drittgerät zusätzlich angeschafft. Wer beispielsweise ein Smartphone kauft, wird deswegen nicht den PC abschaffen. Und wenn Sie ein Tablet anschaffen, werfen Sie deshalb nicht ihr Smartphone weg.

Auf welche Verhaltensmuster bei den Endkunden stellen Sie sich bei Dell grundsätzlich ein?

Dell: Gehen wir einen kleinen Schritt zurück zum Netbook: Was ist ein Netbook und was ein Notebook? Mag sein, es gibt einen Hohen Priester, der definiert, was was ist. Ich glaube aber, dass die Grenzen zunehmend fließend sind. Ich könnte mit Blick auf ein Tablet sagen: Es wird gekauft, weil es leicht und dünn ist und sich schnell starten lässt. Man nimmt es in die Hand und greift schnell auf Informationen zu.

Jetzt kann man fragen: Warum haben Notebooks das nie geleistet? Können sie nicht so gebaut werden, dass sie diesen Anforderungen auch genügen? Unsere Antwort: Natürlich können wir das. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch Tablets bauen wollen. Wenn sich ARM-Prozessoren weiter durchsetzen und Notebooks mit Android, Windows 8, etc. herauskommen, werden die Grenzen zwischen Notebooks und Tablets weiter verschwimmen.

Glauben Sie, dass es einen Unterschied zwischen Enterprise- und Consumer-Tablets geben muss? Cisco, Avaya und RIM adressieren eine andere Zielgruppe als die Anbieter von Consumer-Geräten.

Dell: Ich denke schon, dass es besondere Enterprise-Anforderungen gibt. Das betrifft Software und Services, vor allem aber die Sicherheit. Der Markt ist groß, ein Gerät für alle Anforderungen ist nicht in Aussicht. Es wird Firmen geben, die ihren Mitarbeitern sagen: Bringt Eure Privatgeräte mit, wir sichern sie ab, bauen einen Zaun drum herum, und Ihr könnt sie nutzen. Andere werden sagen: Auf keinen Fall, Ihr müsst das Unternehmensequipment nutzen. Es wird also verschiedene Szenarien geben.

Zurzeit finden in den IT-Märkten gewaltige Umwälzungen statt. Die Zeiten sind aufregender denn je. Welche technischen Innovationen beeindrucken Sie am meisten?

Dell: Es stimmt, momentan passiert wirklich eine Menge. Ich bin besonders interessiert an den Veränderungen, die sich in den Data Centers vollziehen. Man muss sich nur vor Augen führen, wie Virtualisierung den gesamten Server- und Speichernetz-Bereich verändert. Bisher gab es eine Anwendung und einen Server mit einem Port, der zu einem Switch führte, und dann gab es noch all die anderen Dinge, um das Netzwerk zu schützen.

Heute ist der Server viel größer und leistungsstärker, er beherbergt 50 virtuelle Maschinen, in denen Netzwerk-Boxen laufen, so dass das Switching virtualisiert im Server läuft. Man hat Top-of-Rack-Systeme und Speichervirtualisierung. Die Fähigkeit, solche hochflexiblen Data Centers einzurichten und als Grundlage für eine sichere Cloud zu verwenden - das ist großartig!