Holger Bill, Geschäftsführer von Accenture, nimmt Stellung

"Wir sind im Zeit- und Budgetrahmen geblieben"

05.03.2004
Das Beratungsunternehmen Accenture ist durch die Kostenexplosion des IT-Projekts "Virtueller Arbeitsmarkt" bei der Bundesagentur für Arbeit in die Schlagzeilen geraten. Holger Bill, zuständiger Geschäftsführer, erklärt im Interview mit CW-Redakteur Peter Gruber, warum das Projekt die Nürnberger Behörde teurer kommt als geplant.

CW: Derzeit geistern viele Zahlen um das Projekt "Virtueller Arbeitsmarkt" durch den Raum. Wie sind die wirklichen Ursprungskosten?

Bill: Die Kosten für den Ursprungsauftrag, so wie er von der damaligen Bundesanstalt für Arbeit kontrahiert wurde, beliefen sich auf 65,5 Millionen Euro.

CW: Welche Leistungen sind darin enthalten?

Bill: Der Auftrag beinhaltet zum einen die Implementierung der Stufe eins, das heißt die Jobbörse, die wir am 1. Dezember 2003 live geschaltet haben. Der Rest bezieht sich auf die Entwicklung der internen Systeme für die Bundesagentur.

CW: Welche Kosten sind für die Jobbörse, also die erste Projektstufe, angefallen?

Bill: Dafür sind Kosten zwischen zwölf und 15 Millionen Euro entstanden. Die Differenz von drei Millionen Euro heißt nicht, dass wir die Kosten nicht im Griff hatten, sondern dass es bei einem mehrstufigen Implementierungsprojekt schwierig ist, genau zu trennen. Das war exakt der Betrag, den wir von Beginn an mit der Bundesagentur verabredet hatten. Von daher ist Accenture sowohl im Zeit- als auch im Budgetrahmen geblieben.

CW: Was bedeuten dann die 100 Millionen Euro, die jetzt als Projektkosten angegeben werden?

Bill: Die Differenz zwischen den 65,5 Millionen Euro und den Anfang des Jahres genannten 100 Millionen Euro erklärt sich dadurch, dass während der Entwicklung der internen Anwendung zusätzliche Anforderungen entstanden sind. Zum einen in der Diskussion mit den Anwendern der Bundesagentur, zum anderen dadurch, dass die mehrmals geänderten Hartz-Gesetze in den IT-Verfahren abgebildet werden müssen. Das sind eine Reihe von Fachanwendungen, die aus der Arbeitsvermittlung und der Neuorganisation der Kundenzentren auf das Projekt eingewirkt haben und einen zusätzlichen Implementierungsaufwand erfordern.

CW: Muss das Projekt nicht neu ausgeschrieben werden, wenn die Kosten so explodieren?

Bill: Die Kostenexplosion ist das eine, es wäre aber auch fair zu sagen, dass der Leistungsumfang gestiegen ist. Die Bundesagentur wusste zum Zeitpunkt der Ausschreibung nicht genau, was in Form von Hartz II, III und IV auf sie zukommen würde. Deshalb wurde das Konstrukt eines Rahmenvertrags gewählt, wie ihn sowohl deutsches als auch EU-Vergaberecht vorsieht. Darin wird ein Teil der Leistung genau spezifiziert und ein übergeordnetes Ziel definiert, das mit der ausgeschriebenen Leistung erreicht werden soll. Die Erweiterungen sind alle fachlich und inhaltlich unter diesem übergeordneten Ziel zu subsumieren und deshalb völlig legal.

CW: Es gibt Stimmen, die sagen, Accenture habe sich an diesem Projekt verhoben.

Bill: Diese Aussage wird doch schon dadurch widerlegt, dass Accenture die Stufe eins pünkt- lich geliefert hat. Viele Beobachter haben uns attestiert, dass der Zeitrahmen bis 1. Dezember 2003 äußerst sportlich und ambitioniert war. Trotzdem haben wir es hinbekommen.