Die Nase hilft, wenn's gefährlich wird

Wir riechen mehr, als wir wissen

19.02.2009
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.

Geruch als Angstaulöser

Pause: Im Prinzip ja. Alle Menschen, deren Geruchssinn nicht gestört ist, können die gleichen geruchlichen Warnsignale decodieren.

CW: Finden auch alle Menschen die gleichen Gerüche angenehm?

Pause: Nein, das ist hochvariabel. Hier spielen die Gene eine große Rolle. Geruchsvorlieben sind an vielen verschiedenen Genorten codiert, und zwar bei jedem Menschen anders.

CW: Was ich gerne rieche, ist also angeboren?

Pause: Nicht alles. Manche Gerüche werden sozial gelernt. Zum Beispiel werden bestimmte Gewürze in verschiedenen Kulturen unterschiedlich geschätzt. Das beruht sozusagen auf Vereinbarung und Gewöhnung. Davon lebt eine ganze Industrie, die etwa Kunstledersofas so beduftet, dass sie riechen, wie es die Menschen in diesem Teil der Welt von einem Echtledersofa erwarten. Auch Neuwagen riechen nicht von selbst nach Neuwagen, sondern die entsprechende Konvention musste sich erst herausbilden und kann sich auch wieder ändern. Andere Geruchsvorlieben sind aber tatsächlich stärker genetisch determiniert.

CW: Spielen die Letzteren auch bei der Partnerwahl eine Rolle?

Pause: Bei Mäusen ganz sicher.

CW: Das ist doch deprimierend. Wenn ich mich verliebe, führe ich das auf die Intelligenz, die Persönlichkeit und den Körper der Frau zurück. Mache ich mir da was vor? Bin ich nasengesteuert?

Pause: Der Geruch ist nur ein Faktor von vielen. Eine Ausnahme gibt es davon allerdings. Biologisch wünschenswert ist, dass die Menschen insgesamt über eine große Vielfalt unterschiedlicher Immunsysteme verfügen. Wenn Sie nun einer Frau begegnen, deren Immunsystem dem Ihren zu sehr ähnelt, dann schreitet die Natur ein: Die Frau und Sie können sich buchstäblich nicht riechen. Dass es dann trotzdem zu einer Partnerschaft kommt, ist unwahrscheinlich. Statistisch sind solche Konstellationen aber selten. Darüber hinaus macht Ihre Nase Ihnen keine alternativlosen Vorschriften.