Management-Berater Kruse

„Wir müssen Führung neu definieren“

24.09.2013
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Führung kämpft mit „Komplexität, Kernschmelze und Machtverschiebung“ lautete die Botschaft von Professor Peter Kruse auf der Messe Zukunft Personal in Köln.

Ich spüre eine starke Erschütterung der Macht", sagte Kruse, Geschäftsführender Gesellschafter des Beratungshauses Nextpractice, mit Bezug auf ein Star-Wars-Zitat, um die Dynamik aktueller Veränderungen zu verdeutlichen. Der Bremer Professor nannte mehrere Entwicklungen, die ein neues Verständnis von Führung zur Folge hätten. Zum einen die steigende Komplexität und die damit verbundene Abnahme von Planbarkeit: Führungskräfte könnten ihre Entscheidungen nicht mehr auf Analysen stützen, sondern müssten eher auf Intuition und vor allem auf kollektive Intelligenz setzen.

Peter Kruse: "Chefs müssen Komplexität reduzieren."
Peter Kruse: "Chefs müssen Komplexität reduzieren."
Foto: Pfluegl

Damit einher gehe eine Verschiebung der Entscheidungsinstanzen. Die Vernetzung erhöhe die Aktivität und die Beteiligung Einzelner. Eine Folge daraus sei, dass sich Menschen mehr über ihre Netzwerke als über ihr Unternehmen definierten – eine Entwicklung, die Kruse als „Kernschmelze" bezeichnet.

Argumente statt Status

Führung sei vor diesem Hintergrund nicht mehr selbstverständlich. Aufgabe der Chefs müsse es sein, Komplexität zu reduzieren und den Mitarbeitern zu erläutern, warum etwas getan werde müsse: „Ich wünsche mir ein bisschen mehr Bescheidenheit im Tun und mehr Stärke im Verstehen." Aktuelle Ergebnisse einer Befragung von Nextpractice und der Gothaer Versicherung zeigten, dass sich selbst die als Entwicklungstreiber eingestuften Digital Natives in zwei Lager spalteten: 50 Prozent von ihnen wollen demnach Führung, Stabilität und Sicherheit nach altem Muster, die anderen 50 Prozent wünschten sich Autonomie und Sinnstiftung.

Google scheint als Arbeitgeber beides vermitteln zu können. „Führung entsteht bei uns durch Reputation", gab Personalchef Frank Kohl-Boas Einblick in die Praxis von Google Deutschland. Durch eine partnerschaftliche Führung, die auf die Macht des Arguments setze, verdiene sich das Unternehmen die Loyalität seiner Mitarbeiter. Der Umgang mit Veränderungen sei beim Suchmaschinenbetreiber das täglich Brot.

„Wir leben im Beta-Modus, müssen uns alle halbe Jahre an ein verändertes Umfeld anpassen", erklärte Kohl-Boas. Für Innovationen sei jeder im Unternehmen verantwortlich, nicht nur die Abteilung für Forschung und Entwicklung. Aufgabe der Führungskräfte sei es, Entscheidungen zu treffen, die auch schmerzlich sind. Sie sollten deshalb gut erklärt werden, um Mitarbeiter, die erst einmal enttäuscht sind, für nachfolgende Projekte nicht zu verlieren.