Interview

"Wir investieren mehr als jeder andere Anbieter"

10.11.1998
Mit Michael Ruettgers, President und CEO der EMC Corp., sprach CW-Redakteur Wolfgang Herrmann

CW: Im Jahr 2000 soll EMC einen Umsatz von zehn Milliarden Dollar erwirtschaften. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, wenn man bedenkt, daß Sie im Geschäftsjahr 1997 knapp drei Milliarden Dollar eingenommen haben.

Ruettgers: Der Markt, den wir letztes Jahr adressieren konnten, hatte ein Volumen von etwa zehn Milliarden Dollar. Im Jahr 2001 werden wir einen Markt mit einem Wert von 35 Milliarden Dollar bedienen.

CW: Wie kommen Sie auf diese Zahl?

Ruettgers: Der Medium- und Large-Systems-Markt ist 14 Milliarden Dollar schwer. Es gibt eine Menge Konsolidierungsprojekte, die weitere sieben bis zwölf Milliarden Dollar wert sind. Dabei geht es meist um Daten, die vorher auf dem Desktop oder in NT-Umgebungen vorgehalten wurden. Diese Bestände werden nun wieder in die Rechenzentren zurückgeführt.

CW: Aber gerade im Open-Systems-Markt erwächst Ihnen doch starke Konkurrenz. Analysten gehen davon aus, daß die Preise im nächsten Jahr erheblich unter Druck geraten werden. Das dürfte auch EMCs Margen schmälern.

Ruettgers: Es gibt eine Reihe von Faktoren, die gegen diesen Trend sprechen. EMC bietet viele wertsteigernde Zusatzfunktionen, beispielsweise Software, und wird bis Ende nächsten Jahres wesentlich größere Systeme verkaufen als gegenwärtig. Konkurrenten wie IBM sprechen seit Jahren über solche Produkte. Bisher konnten sie allerdings nichts liefern.

CW: IBM wird nächstes Jahr mit Remote Copy oder Snapshot für seinen "Versatile Storage Server" ähnliche Softwarefunktionen anbieten können wie EMC für seine Symmetrix-Systeme.

Ruettgers: Das ist noch nicht ausgemacht. IBM redet seit Jahren über diese Features. Interessant dabei ist folgendes: 1994 haben die drei größten Player im Mainframe-Speichermarkt - IBM, Hitachi und EMC - unterschiedliche Richtungen eingeschlagen. IBM hatte soviel Marktanteile im Speichergeschäft verloren, daß das Management entschied, sich künftig auf Festplatten zu konzentrieren.

CW: Das hat sich geändert. IBM investiert eigenen Angaben zufolge massiv in seine Seascape-Strategie.

Ruettgers: Ich glaube nicht, daß IBM in diesen Bereich wesentlich mehr Geld steckt als zur damaligen Zeit. Hitachi dagegen richtet sich seit 1994 stärker an EMC aus und konnte Anteile hinzugewinnen. EMC hat es sich zum Ziel gesetzt, von einem Mainframe-Speicherhersteller zu einem Anbieter von Enterprise-Storage-Systemen zu werden. Und wir investieren mehr in diese Produkte als jeder andere Anbieter auf dem Markt.

CW: Ein vielzitiertes Schlagwort in der Speicherbranche heißt Storage Area Network (SAN). EMC definiert mit Enterprise Storage Network ein ähnliches Konzept. Welche Komponenten für Speichernetze können Sie liefern?

Ruettgers: Unsere Kunden berichten, daß sie zwischen 30 und 50 Prozent ihrer Mainframe-MIPS ausschließlich dazu verwenden, Daten von einem Punkt zum anderen zu transportieren. Wir steuern das alles mit der Prozessorleistung in unseren Symmetrix-Speicher-Servern.

CW: Um große Datenmengen transportieren zu können, brauchen Sie aber auch leistungsfähige Switches, Hubs und die entsprechende Management-Software.

Ruettgers: Für Hubs und Switches greifen wir auf unser Tochterunternehmen McData zurück. Das heißt, wir stellen alle Mosaiksteine für den Aufbau von Speichernetzen zur Verfügung.

CW: Großanwender wie Banken und Versicherungen müßten für die Einführung von SANs ihre Datenhaltung neu organisieren. Das kann eine sehr komplexe Aufgabe sein...

Ruettgers: Wir stellen die dafür erforderliche Software zur Verfügung. Wenn so ein Großanwender 6 TB zusätzlich an Speicherkapazität braucht, kann er einfach ein weiteres Symmetrix-Subsystem in das Netz hängen.

CW: Können Sie mir eine SAN-Installation nennen, die schon in Betrieb ist?

Ruettgers: Unsere diesbezüglichen Produkte sind noch nicht angekündigt worden. Im nächsten Jahr wird es einige Installationen geben.

CW: Wie lange wird es dauern, bis SANs sich in den Unternehmen durchsetzen?

Ruettgers: Ich denke, es wird drei bis fünf Jahre dauern, bis alle großen Unternehmen solche Infrastrukturen aufgebaut haben.