Interview zur Zukunft der Siemens TK-Sparte

"Wir halten am Namen Siemens fest"

08.02.2010
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Seit dem großen Kehraus bei Siemens fehlt vielen Anwendern das Vertrauen in die ITK-Strategie des Unternehmens. Mark Vayda, President Worldwide Sales bei Siemens Enterprise Communications (SEN), spricht im CW-Gespräch Klartext über die künftige Marschroute.

CW: Wie lange werden Sie Siemens noch im Namen tragen? In der jüngeren Vergangenheit war der Konzern ja nicht unbedingt ein Synonym für TK-Innovationen.

Mark Vayda, President Worldwide Sales Siemens Enterprise Communications Group (SEN)
Mark Vayda, President Worldwide Sales Siemens Enterprise Communications Group (SEN)
Foto: SEN

Vayda: Hierüber gibt es Verträge. Solange Siemens seine Beteiligung nicht unter 20 Prozent senkt, bleibt dieser Teil des Namens erhalten. Deshalb halte ich einen Namenswechsel in der nahen Zukunft für sehr unwahrscheinlich. Zudem zeigt das Unternehmen ein starkes Interesse an unserem Business, und der Name Siemens hat bei den Anwendern noch immer einen guten Klang. Dieses Image, gepaart mit einer aggressiven Investment-Firma im Hintergrund, sehe ich eher als Vorteil denn als Nachteil.

CW: Welche strategische Ausrichtung verfolgt die Siemens Enterprise Communications Group (SEN) heute?

Vayda: Wir wollen unseren Kunden die besten Voice- und Datenapplikationen sowie die zugehörigen Services liefern. Und dabei sind wir durchaus konkurrenzfähig, denn wir können Voice- und Applikations-Know-how wie Unified Communications, Presence oder Messaging mit Fachwissen in Sachen Networking und Security aus dem Enterasys-Bereich kombinieren. Der dritte strategische Vorteil ist unser Segment Managed und Professional Services mit rund 5000 Mitarbeitern weltweit. Letztlich wollen wir für unseren Kunden ein Full-Service-Provider sein, wenn es um Voice, Sprachanwendungen und Daten geht. Dabei setzen wir zudem stark auf eine Channel-Strategie, was uns von der klassischen Art, wie Siemens Geschäfte machte, stark unterscheidet.

CW: Demnach wäre SEN heute weder ein Systemintegrator oder Systemhaus noch ein Hardware-verkäufer, sondern ein Service-Provider?

Vayda: Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. Der Anwender hat in der Regel eine heterogene Umgebung mit Equipment von Herstellern wie Cisco, Avaya oder Nortel. Wir bieten ihm nun an, diese Landschaft zu integrieren, was für uns kein Problem darstellt, denn wir fahren einen Open-Systems-Ansatz. Ferner bieten wir auch Services für diese Fremdprodukte an. Dennoch bleiben aber Cisco oder Avaya für uns Konkurrenten, während IBM ein Partner ist. Das große Thema dabei ist die Integration der Voice-Anwendungen in die Business-Prozesse. Zudem wird uns speziell in Europa noch ein anderer Trend zugutekommen: Mehr und mehr Unternehmen wollen sich nicht mehr um ihre TK-Anlage und die damit verbundenen Anwendungen kümmern und diese selbst managen, sondern das ganze als Dienstleistung beziehen, für die sie auf Port-Basis bezahlen. Das ist eine Entwicklung, die ich weltweit sehe - unabhängig von der Unternehmensgröße.