Bundespräsident setzt sich weiter für die Informationsgesellschaft ein

"Wir brauchen eine Pädagogik des Informationszeitalters"

14.05.1999
Von Angelika Fritsche* Bundespräsident Roman Herzog hatte am 3. Mai zum zweiten Gipfelgespräch nach Berlin eingeladen: Die IuK-Branche präsentierte dort ihre Projekte, mit dem sie Deutschland beim Sprung ins Informationszeitalter auf die Sprünge helfen will.

"Deutschland ist fit fürs Informationszeitalter. Nun gilt es, das enorme Potential zu nutzen und im internationalen Wettbewerb umzusetzen. Wir stehen vor einer ganz entscheidenden Herausforderung: dem Aufbau einer sozialen Marktwirtschaft des Informationszeitalters." Dieses Fazit zog Bundespräsident Roman Herzog auf dem zweiten Gipfelgespräch zur Informationstechnologie im Debis-Haus in Berlin.

Diese Veranstaltung bildete den Höhepunkt der im vergangenen Jahr vom Bundespräsidenten gestarteten Initiative "Fit fürs Informationszeitalter", an der sich insgesamt elf Unternehmen der Informations- und Kommunikationsindustrie beteiligen. Damals hatte Herzog jeden, der Rang und Namen in der IT-Branche hat, ins Schloß Bellevue eingeladen, um eine Lanze für das Thema zu brechen und dadurch "unserem Land den Sprung in das Informationszeitalter zu erleichtern". Die Einladung kam zur rechten Zeit: "Wir wollen die Akzeptanz der Bevölkerung in Informationstechnologien stärken und das Vertrauen in unsere Branche fördern. Dazu benötigen wir Leitfiguren und Leitprojekte", machte Jörg Menno Harms, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hewlett-Packard GmbH, klar, daß sich das Anliegen des Präsidenten mit dem der Wirtschaft deckt.

Nun, fast ein Jahr danach, präsentierten die Unternehmen ihre Projekte (siehe Kasten) - und einen Empfehlungskatalog mit dem Titel "Die soziale Marktwirtschaft fürs Informationszeitalter bauen" . "Die wesentlichen Bausteine der sozialen Marktwirtschaft des Informationszeitalters sind eine Pädagogik des Informationszeitalters, ein flexibler Ordnungsrahmen, eine leistungsfähige Infrastruktur, geeignete Rahmenbedingungen für Existenzgründer und die Bereitschaft zu neuen Partnerschaften", faßte Klaus Mangold zusammen. Auch wenn der Debis-Chef stellvertretend für die beteiligten Firmen Deutschland die Fitneß für das Informationszeitalter bestätigte und auf die hervorragende Infrastruktur wie das international leistungsfähige Bildungssystem hinwies, besteht in seinen Augen dennoch dringender Handlungsbedarf: "Für einen Platz auf dem Siegerpodest im globalen Wettbewerb muß Deutschland das vorhandene Potential besser nutzen."

Auch diesmal wies Bundespräsident Herzog auf die zentrale Rolle von Aus- und Weiterbildung für das Informationszeitalter hin. "Niemand kann heute noch erwarten, daß in Zukunft das im ersten Lebensdrittel erworbene Wissen ein Leben lang trägt. Es geht um den Umbau unseres gesamten Bildungswesens zu einem flexiblen System lebenslangen Lernens. Unser Bildungssystem wird auf lange Sicht zum entscheidenden Faktor im Wettbewerb der Nationen." Herzog hob dabei die gemeinsame Verantwortung von Unternehmen, Staat und einzelnen hervor. Man könne die Verantwortung für die Informations- und Wissensgesellschaft nicht allein beim Staat abladen, ebenso wenig aber beim Einzelnen. Herzog wünscht sich darum eine neue "Partnerschaft für den Wandel", die Bürger, Staat und Unternehmen einschließt.

Mangold unterstrich die Rolle des Ordnungsrahmens für die Entfaltung der Potentiale des Informationszeitalters. "Dienstleistungen sind die Potentialträger der Informations- und Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Damit sie sich frei entfalten können, damit wir die Chancen des Informations- und Wissenszeitalters nutzen können, brauchen wir den Dreiklang von Investitionen, Innovationen und Flexibilität." Hubert Markl, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, betonte in seinem Referat besonders die Bedeutung der Bildung für die Zukunft Deutschlands in der Informationsgesellschaft.

Mitschwimmen in der Infogesellschaft reicht nicht

"Selbst wenn vor jedem Kinderbett und auf jedem Grundschulpult ein Computer stünde und 90 Prozent der Deutschen in jeder freien Minute auf Bildschirme starren - dann werden wir die Zukunft im Informationszeitalter dennoch nicht gewinnen, solange wir nicht die notwendigen Konsequenzen daraus ziehen, daß Freiheit und Selbstverantwortung in einer dynamischen, wissensgetriebenen Gesellschaft grundlegend wichtige Antriebskräfte sind, die den Lebenserfolg bestimmen." Das bloße Mitschwimmen in der Informationsflut reicht nach Ansicht des Wissenschaftlers nicht aus. Entscheidend sei das Urteilsvermögen, um entscheiden zu können, was wissenswert ist. Auch Herzog sieht in der Auswahl und Bewertung von Informationen das größte Problem der Wissensgesellschaft. Darum sei es eine der wichtigsten Aufgaben für die Schulen, den Umgang mit Information zu vermitteln.

*Angelika Fritsche ist freie Journalistin in Bonn.