Gates und Barrett prophezeien auf der CES die "Extended-PC"-Ära

Wintel-Duo sucht nach Perspektiven für den PC

12.01.2001
MÜNCHEN (CW) - Die PC-Industrie - im Jahr 2000 zuletzt arg gebeutelt - fahndet nach neuen Absatzmärkten. Das große Auftreten von Microsoft, Intel und Co. auf der weltgrößten Messe für Konsumelektronik, der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, deutet darauf hin, dass die Hersteller zunehmend auf den Sektor der Unterhaltungselektronik setzen.

Wurde die CES in der Vergangenheit traditionell von den großen Unterhaltungselektronik-Anbietern dominiert, sorgte in diesem Jahr die IT-Industrie für die Schlagzeilen. In den Reden von Intel-Chef Craig Barrett und Microsoft-Gründer Bill Gates ging es aber auch darum, Bedenken ob der Zukunftsfähigkeit des PC zu zerstreuen. Anlässlich der ersten öffentlichen Vorführung des Windows-2000/9x-Nachfolgers "Whistler" lieferte Gates in seiner Keynote-Ansprache gleich eine Definition für die neue Rolle des PC, der künftig als Server für eine Vielzahl von verschiedenen IT-Geräten in den Haushalten und Büros fungieren soll: "Es wird ein Gerät sein, das 24 Stunden am Tag läuft, eine Maschine, die als Server für digitale Bilderrahmen, Musikgeräte und die verschiedensten elektronischen Devices im Haus dienen kann. An Stelle von Datenkopien auf jedem Gerät reicht zukünftig eine im zentralen PC aus."

Wie nicht anders zu erwarten, sieht auch Intel für den PC weiterhin eine blühende Zukunft. CEO Craig Barrett, der die Eröffnungsrede der CES hielt, nannte den PC das Zentrum des digitalen Universums. Seiner Ansicht nach werden mobile Geräte für den Internet-Zugang den PC nicht verdrängen, sondern ihn in der "Extended-PC-Ära" ergänzen. Der Chiphersteller will zukünftig neben seinem Hauptgeschäft auch Unterhaltungsgeräte wie Audio-Player oder PC-Kameras anbieten.

Neben solchen strategischen Statements stand die Messe ganz im Zeichen von Produktneuheiten und Prototypen der Hersteller. Am meisten Aufsehen erregte dabei Gates mit der seit längerem erwarteten Präsentation von Microsofts neuer Spielekonsole "Xbox". Mit der auf einem Pentium-III-Prozessor basierenden Konsole will der Softwaregigant nun in dem von Sony, Nintendo und Sega beherrschten Milliardenmarkt Fuß fassen. Die Xbox soll die Geräte der Konkurrenten bei einem vergleichbaren Preis in der Ausstattung deutlich übertreffen, außerdem soll bei Erscheinen im Herbst auch eine große Zahl von Spieleherstellern fertige Titel parat haben.

Gates zeigte ebenso eine Vorabversion der kommenden Pocket-PC-Version, die auf den Namen "Pocket PC Plus" hören soll. Auf einem PDA-Prototypen "Ipaq" von Compaq führte Microsofts Chief Software Architect ein leistungsfähiges Spracherkennungssystem vor, das beispielsweise das Diktieren von E-Mails oder das Eintragen von Terminen in den Kalender ermöglicht. Bisher erschwerten vor allem fehlende Prozessorleistung und Speicher die Umsetzung eines derartigen Systems auf die Mini-Computer. Zudem führte Gates Videos und Musik vor, die über eine drahtlose LAN-Verbindung auf den PDA übertragen wurden.

Kritische Äußerungen zum PC und zum Pocket PC kamen von Palm-CEO Carl Yankowski. Computer sind seiner Ansicht nach zu kompliziert und funktionsüberladen. Bezüglich der den Palms technisch überlegenen Pocket PCs stellte er die Frage, ob schnellere Prozessoren und ausufernde Features das Leben der Anwender wirklich erleichtern. Als Neuheit kündigte Yankowski für Ende 2001 ein elektronisches Bezahlsystem für Palms an. Es soll den Anwendern ermöglichen, über den PDA mit Kreditkarte zu bezahlen.

Sony stellte auf der Messe die Internet-Appliance "Evilla" vor, die auf dem Betriebssystem "Be IA" basiert. Das Gerät ist unter anderem mit dem Opera-Browser ausgestattet und verfügt über Anschlüsse für USB, LAN sowie Sonys Memory-Stick. In den USA soll es im Frühjahr für 500 Dollar in Verbindung mit einem Provider-Vertrag vertrieben werden.

Der Konsumelektronikriese Philips wartete auf der CES ebenfalls mit Neuigkeiten auf dem Computersektor auf. Für den OEM-Markt bietet der Hersteller demnächst "Net Display Modules" an. Diese Module basieren auf einem LC-Display und einer Recheneinheit mit dem stromsparenden Transmeta-Chip Crusoe 3400 und sollen in Web-Tablets und Terminals wahlweise mit Windows CE oder Linux Verwendung finden. Neu ist auch die Stereo-Radio-CD-Kombination "FW-i1000", die über einen Breitbandanschluss verfügt und damit direkt auf über 1000 Internet-Radiostationen zugreifen kann. Das Gerät soll im Juni erscheinen.

Ein interessanter Multifunktionschip wurde von Amiga-Veteranen vorgestellt. Das Unternehmen Embedded Wireless Devices (EWD), das von den einstigen Machern der Computerlegende Amiga gegründet wurde, bietet mit "Valhalla E8000" einen Chip an, der mehrere drahtlose Kommunikationsprotokolle wie Bluetooth, 802.11 (Wireless LAN) oder Home RF gleichzeitig übertragen kann. Panasonic wird den Chip in künftigen Produkten einsetzen.