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Windows XP: Pannen und offene Geheimnisse

17.07.2001
Eine Milliarde Dollar will Microsoft für die PR-Kampagnen des kommenden Betriebssystems Windows XP ausgeben. Wahrscheinlich würde ein Bruchteil davon reichen, denn die Medien überschlagen sich bereits drei Monate vor dem Start mit News, Kuriositäten und Pannen im Vorfeld des Produktstarts.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Eine Milliarde Dollar will Microsoft für die PR-Kampagnen des kommenden Betriebssystems Windows XP ausgeben. Wahrscheinlich würde ein Bruchteil dafür reichen, denn die Medien überschlagen sich bereits drei Monate vor dem Start mit News, Kuriositäten und Pannen im Vorfeld des Produktstarts. Verkaufspreise und ein Hack des umstrittenen Aktivierungscodes sind bereits durchgesickert.

Das neue Windows XP, das am 25. Oktober erscheinen wird, soll die beiden Produktschienen Windows 9x/ME und Windows 2000 ablösen. Seit gut zwei Wochen ist die aktuelle Testversion verfügbar - als "Release Candidate 1" (RC 1) unterscheidet es sich nach alter Gepflogenheit der Gates-Company kaum mehr vom endgültigen Serienprodukt. Bereits die Veröffentlichung des RC 1 sorgte allerdings für Wirbel. Entwickler und Kunden, die zehn Dollar für das Recht auf einen Download des Betriebssystems bezahlt hatten, warteten vergeblich auf eine E-Mail mit der notwendigen Benutzer-ID und dem Passwort für den Download.

Andererseits bescherte eine Schludrigkeit bei Microsofts Hosting-Vertragspartner Conxion unautorisierten Surfern für zwei Tage freien Zugang zu den Download-Dateien. Im Usenet hatte sich der Download-Trick schnell herumgesprochen, und so machten entsprechend viele Interessenten Gebrauch von diesem unfreiwilligen Gratisangebot. Kunden hingegen, die für 20 Dollar eine RC-1-CD geordert hatten, wurden vertröstet. Erst Ende Juli werden Sie die Testversion per Post erhalten - etwa zu dem Zeitpunkt, an dem die Redmonder mit dem RC 2 die letzte Testphase einläuten.

Die (US-)Preise sind schon bekannt

Auch die vermutlichen Einzelhandelspreise des neuen Systems sind durchgesickert. Obwohl der Preis von Windows XP offiziell noch ein Geheimnis ist, hatte Amazon.com die Pakete schon zum Vorbestellen angeboten. Mit 100 Dollar für das Upgrade auf die Consumer-Version von Windows XP und 200 Dollar für die Vollversion ist das Paket rund zehn Prozent teuer als die aktuelle Version von Windows ME. Microsoft wollte die Preise aber nicht bestätigen. Sie sollen erst in den kommenden Monaten - rechtzeitig vor der Freigabe - bekannt gegeben werden, erklärte ein Konzernsprecher. Amazon bestätigte die Preise zwar als Microsoft-Angaben, nahm die entsprechende Seite jedoch kurze Zeit später nach einer Intervention der Redmonder wieder aus dem Web.

Neuigkeiten gibt es auch um die umstrittene Produktaktivierung, die mit Office XP eingeführt wurde und auch Windows XP gegen Raubkopien sicher machen soll. Dieser Mechanismus bildet aus Seriennummern von verschiedenen, nicht näher spezifizierten Hardware-Komponenten und der CD-Seriennummer eine Produkt-ID, die an Microsoft gesendet wird. Damit ist die Software an den Rechner gebunden und kann auf keinem anderen PC mehr installiert werden. Zunächst trat die Berliner Firma Fully Licensed GmbH mit der Nachricht an die Öffentlichkeit, sie habe die Aktivierungsprozedur, die über eine Internet-Verbindung abgewickelt wird, teilweise entschlüsselt und dabei herausgefunden, wie die Identifizierung der Hardware funktioniere. Das von der Firma zum Download angebotene Tool gibt dem Anwender Auskunft über die möglichen Harware-Veränderungen, die vom Betriebssystem toleriert werden.

Produktaktivierung entschlüsselt

Dass die Zwangsaktivierung auch völlig ausgehebelt werden kann, hat unterdessen die CW-Schwesterpublikation TecChannel herausgefunden. Demnach reichen die Manipulation einer DLL-Datei und ein paar kleinere Tricks, um eine Kopie von Windows XP auf mehreren Rechnern installieren zu können.

Unerwartet hat die Gates-Company auch weit reichende Konzessionen an PC-Hersteller und OEMs gemacht, was die Modifikation von vorinstallierten XP-Systemen betrifft. Offenbar, um einer neuerlichen Konfrontation mit den Kartellbehörden aus dem Weg zu gehen, erlaubt das Unternehmen den Anbietern nun sogar, den oftmals als Herzstück des Systems bezeichneten "Internet Explorer" zu entfernen. Auch Multimedia-Features wie MP3-Encoder und -Decoder sowie einen DVD-Abspieler will Microsoft entgegen ursprünglicher Ankündigungen unterstützen. Allerdings werden diese Funktionen als kostenpflichtige Extras zum Download angeboten werden.