Teure Geschenke von Bill Gates

Windows NT zum Nulltarif

31.10.1997

"Wir können jeden Preisnachlaß der Konkurrenten unterbieten. Manchmal verschenken wir Windows NT auch", räumt Microsoft-Marketier Rich Tong freimütig ein. Bei Großfirmen wird laut Tong folgendermaßen argumentiert: "Wir wollen Sie unbedingt als Kunden gewinnen. Sagen Sie uns nur, was wir dafür tun sollen."

Doch geschenkte Software und günstige Servicebedingungen sind keine Erfolgsgarantie. So berichtet die IDG-Schwesterpublikation "Computerworld" vom Scheitern eines umfangreichen Projekts in einem texanischen Unternehmen, bei dem Novells Netware durch NT ersetzt werden sollte. Der DV-Leiter hatte sich gegen den Rat seiner Fachleute auf kostenlose NT-Lizenzen für 10000 Anwender eingelassen. Nach knapp einem Jahr wurde er entlassen. Er hatte für die Umstellung über eine Million Dollar ausgegeben, ohne das Projekt zu Ende bringen zu können. Inzwischen ist das Unternehmen auf Novells "Intranetware 4.0" umgestiegen, zu weniger als einem Drittel der für NT ausgegebenen Summe.

In einem anderen Fall wurde die kostenlose Software abgelehnt, weil der DV-Leiter eines Pharma-Unternehmens mit 12000 Anwendern klug genug war, vorher eine Studie anfertigen zu lassen. Dabei stellte sich heraus, daß die Wartungskosten mit NT in die Höhe geschossen wären. "Wir hätten 500000 Dollar zusätzlich gebraucht und zudem unser Team von 15 Netzadministratoren verdoppeln müssen", berichtet Netzwerkanalyst Chris Bonanno.

"Nach unseren Erkenntnissen ist Windows NT bei Microsoft das Produkt, das die meisten Verluste einfährt", urteilt Robert Sakakeeny, ein Marktbeobachter der Aberdeen Group. Dennoch gelingt es der Gates-Company damit, die Konkurrenz zu bedrängen. Nach Angaben der International Data Corp. (IDC) werde Microsoft Ende dieses Jahres bei Netzbetriebssystemen auf einen Marktanteil von etwa 20 Prozent kommen. Novell, das früher überwältigende 75 Prozent dieses Geschäfts kontrollierte, muß sich jetzt mit 55 Prozent begnügen.