Ein Blick in die Zukunft

Willkommen bei der Google-Bank!

17.10.2013
Von Christof Kerkmann und Sebastian Ertinger

Juni 2018: Investieren mit Google Markets

Erst recherchieren die Investoren, dann kaufen oder verkaufen sie: Börsentrends lassen sich anhand von populären Suchbegriffen vorhersagen. Dieses Wissen will Google vermarkten. Der Konzern wertet mit einem ausgefeilten Algorithmus aus, welche Unternehmen in Verbindung mit welchen Begriffen gesucht werden; außerdem berücksichtigt die Formel Kursbewegungen an den Märkten sowie aktuelle Analysteneinschätzungen. Welche Informationen genau einfließen, verrät Google nicht - das sei ebenso wie die Zusammenstellung der Suchergebnisse ein Geschäftsgeheimnis, insistiert Konzernchef Page bei der Präsentation.

Profi-Investoren können den Dienst Google Markets abonnieren, um sich selbst ein Bild zu machen. Oder sie lassen in einem System des Internetriesen Aktien, Anleihen oder Zertifikate automatisch und in Sekundenbruchteilen handeln. Im Firmenblog schreibt Google: "Wir wissen als erste, was die Märkte bewegt."

Für Kleinanleger gab es bereits im Sozialen Netzwerk Google+ Anlagetipps - nach dem Kauf der Social-Trading-Plattform SmartExchange hatte der Konzern dort eine Seite eingerichtet, auf der Privatleute die Deals von Profi-Investoren verfolgen können. Nun haben die Entwickler aus dem Silicon Valley auch Google Markets für private Investoren angepasst und um ein Beratungstool erweitert, das Finanzprodukte passend zur Börsenlage empfiehlt. Das Unternehmen baut damit seine Finanzsparte erheblich aus.

Der Verband der Vermögensberater sieht das neue Google-Angebot kritisch. "Ein Computer-Programm, das sich an kurzfristigen Markttrends orientiert, kann keinesfalls eine persönliche, am langfristigen Vermögenszuwachs ausgerichtete Beratung ersetzen", sagt ein Verbandsvertreter. "Geldanlage ist und bleibt Vertrauenssache. Da geht es um eine Beziehung zwischen Menschen, nicht zwischen Mensch und Maschine."

Das Szenario im Realitätscheck

Suchanfragen als Grippe-Indikator
Suchmaschinendaten spiegeln wider, womit sich die Nutzer beschäftigen - damit eignen sie sich auch für Prognosen. Wenn sich zum Beispiel Anfragen zu bestimmten Krankheitssymptomen häufen, kann Google schon heute das Heranrollen einer Grippewelle zuverlässig vorhersagen, zu finden auf der Website Flu Trends.

Grundlage für Börsenspekulationen
Mit der Auswertung von Suchanfragen könnten Anleger an der Börse beträchtliche Gewinne einstreichen. Das zeigt eine Studie mehrerer Forscher von der Warwick Business School in England. Wenn die Nutzer häufiger oder seltener nach einem Unternehmen suchten, bewegte sich bald darauf dessen Aktienkurs. Das Such-Volumen sei ein Frühindikator, schreiben die Wissenschaftler. Ein Beispiel: Offenbar suchten Investoren zunächst mehr Informationen über den Markt, bevor sie bereit seien, zu niedrigeren Preisen zu verkaufen. Umgekehrt lasse ein nachlassendes Interesse auf steigende Kurse schließen, weil dann der Tiefpunkt erreicht sei.

Lernen vom Profihändler
Social Trading ist keine Erfindung: Firmen wie Ayondo und Wikifolio ermöglichen Profihändlern, ihre Deals im Netz öffentlich zu machen. Privatanleger können sich die Strategien anschauen und - sofern sie überzeugt sind - nachahmen.

Nichts geht ohne Algo-Trader
Ein beträchtlicher Teil des Börsenhandels wird heute mit Computersystemen abgewickelt, sogenannten Algo-Tradern. Ausgefeilte Algorithmen zur Auswertung von Informationen versprechen, besser als die Konkurrenz abschneiden. Ein Gebiet, in dem die Informatiker von Google einige Expertise haben.

Fazit
Als Suchmaschine könnte Google sicherlich Trends ablesen, die Börsenkurse bewegen. Der Weg von einer Such- und Werbemaschine zum Anlageberater ist allerdings sehr weit - nicht zuletzt weil einige regulatorische Hürden im Weg stehen könnten.