Ein Blick in die Zukunft

Willkommen bei der Google-Bank!

17.10.2013
Von Christof Kerkmann und Sebastian Ertinger

April 2016: Kredit von der Google Bank

Google wird zur Internetbank: Der Konzern erweitert seine Palette an Finanzprodukten bietet nun auch Girokonten, Kreditkarten und Sparangebote sowie Konsumentenkredite aus eigener Hand an. Für Android-Smartphones gibt es eine schicke App. "Die Bank haben Sie jetzt immer dabei", kündigt Google im Firmenblog an. Der Suchmaschinen-Gigant tritt damit in Konkurrenz zu Direktbanken wie ING Diba, Comdirect oder DAB Direkt.

Der Konzern aus Kalifornien baut bei seinem Engagement in der Finanzwelt auf seine massive Vertriebsmacht - Abermillionen von Nutzern, die tagtäglich die Google-Seiten besuchen, Millionen davon mit einem Nutzerkonto bei Google. Neben den Suchergebnissen listet der Konzern nun auch passende Finanzprodukte aus dem eigenen Hause auf. Gibt ein Nutzer etwa den Begriff "Sparen" ein, sind Sparkonten und Festgeldangebote der Google-Bank an prominenter Stelle zu sehen. Bei Begriffen rund um den Autokauf wiederum zeigt Google, ganz praktisch, Kreditangebote zur Finanzierung an.

Erste Erfahrungen mit dem Kreditgeschäft sammelte der Konzern bereits 2013 mit der Übernahme der amerikanischen Kreditbörse Lending Club, die zwischen Nutzern kleine Darlehen vermittelt. Die Programmierer in Mountain View entwickelten daraufhin eine Funktion, die vollautomatisch die Bonität des Kreditsuchers berechnet und die Konditionen empfiehlt - schnell und unschlagbar günstig. Für die Kalkulation des Ausfallrisikos zieht der Dienst Daten aus dem Internet heran, vor allem aus Sozialen Netzwerken.

Seit einem Jahr bietet das Unternehmen selbst Kredite an, wenn Nutzer Produkte des Hauses kaufen, etwa von der Tochterfirma Motorola. So erhalten Kunden günstige Ratenkredite für Smartphones oder Tablet-Computer. Auch Partner bieten mit der Hilfe des Internetkonzerns Darlehen an. Diese Erfahrungen mit dem Kreditgeschäft nutzt Google nun bei seinem neuen Angebot. Zudem stützt sich der Konzern auf Kooperationspartner wie den US-Finanzdienstleister Capital One oder den Zahlungsabwickler Global Payments.

Nach außen hin geben sich die Finanzdienstleister gelassen, doch hinter vorgehaltener Hand wettern sie. "Die meinen wohl, alles besser machen zu können. Am Ende verkaufen die noch Badelatschen", so ein Banker, der nicht öffentlich genannt werden möchte. Das Schlimme sei, dass der Internetgigant mit seinen enormen Mitteln Wissen, Fachpersonal und Infrastruktur einfach zusammenkaufen und mit seiner Marktmacht die etablierten Anbieter verdrängen könne. In den Banktürmen breitet sich Nervosität aus.

Das Szenario im Realitätscheck

Lending Club
Seit Mai 2013 ist Google an der amerikanischen Kreditbörse Lending Club beteiligt. Das Unternehmen nutze das Internet, um das Finanzsystem umzukrempeln, kommentiert Google-Manager David Lawee das Engagement vollmundig. Die Plattform vermittelt Kredite zwischen Nutzern - im Fachjargon ist von "peer to peer" (P2P) die Rede. Lending Club vermittelt zwischen beiden Seiten und stuft das Ausfallrisiko ein, an dem sich der Zins orientiert.

Kreditkarte für Firmenkunden
Anzeigenkunden können eine Google-Kreditkarte bekommen - bislang allerdings nur in Großbritannien. Diese dient zur Bezahlung von Anzeigen im Werbeprogramm Adwords. "Diese Strategie von Google steht im Einklang mit den Plänen, die andere Unternehmen wie Amazon verfolgen", erläutert Deutsche Bank-Analyst Thomas Dapp. "Ihr Ziel ist es, die Wertschöpfungskette zu verlängern und die Bindung ihrer Zulieferer an das Unternehmen zu erhöhen." Bei Amazon können sich Händler, die über die Plattform Produkte anbieten, bei dem Internetriesen Geld leihen.

Autobanken als Vorbild?
Den Weg vom Spezialisten zum Generalisten haben auch viele Autobanken beschritten. Zunächst boten BMW- oder Volkswagen-Bank lediglich die Finanzierung des Autokaufs an. Dann erweiterten sie ihr Angebot um Tages- und Festgeldangebote, Girokonten, Kreditkarten, Hypotheken oder Versicherungen.

Experten-Meinung
"Eine Art Google-Bank ist durchaus vorstellbar", sagt Thomas Dapp von der volkswirtschaftlichen Analyse der Deutschen Bank. "Google sammelt eine Menge wertvoller Daten über uns. Weitaus mehr Daten als jede Bank über ihre Kunden zur Verfügung hat.“ Allerdings schüre dies auch Misstrauen unter potenziellen Kunden. Vertrauen sei ein elementarer Aspekt bei Finanzgeschäften. "Es bleibt spannend, ob Google das Vertrauen der Nutzer auf Dauer gewinnen kann." Von Seiten der Finanzaufsicht stehen keine unüberwindbaren Hindernisse im Weg. "Google verfügt bereits über eine europaweit gültige E-Money-Lizenz, kann also Zahlungsverkehr im Internet abwickeln", erläutert Dapp. "Die Hürde zu einer Vollbanklizenz ist nicht mehr so hoch."

Das meint die Branche
Einer Umfrage der Unternehmensberatung AT Kearney und der Universität Augsburg zufolge erwarten 88 Prozent der führenden Bank-Manager, dass Google, Amazon und Facebook zusammen mit spezialisierten Web-Finanzdienstleistern eine größere Rolle im Bankgeschäft spielen werden. Die Internetriesen könnten zu großen Anbietern von Bankdienstleistungen für Privatkunden werden.

Fazit
Völlig abwegig ist es nicht, dass Google standardisierte Finanzprodukte wie Girokonten, Sparbriefe oder Kreditkarten anbietet. Dafür dürfte sich der Konzern aber wohl Partner aus der Finanzbranche suchen und das Engagement nicht aus dem eigenen Haus heraus organisieren.