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Manipulationsvorwürfe

Wikipedia schließt Scientology-Autoren aus

29.05.2009
Von pte pte
Das Schiedsgericht der Wikipedia hat entschieden, Mitglieder der Glaubensgemeinschaft Scientology Church künftig von ihren Seiten zu verbannen.

Nach Ansicht der Kommission haben Autoren im Interesse der Sekte mehrfach Texte verändert, weshalb sie von einer aktiven Teilnahme an der Wissenscommunity gesperrt werden. Andernfalls sieht das Schiedsgericht die Neutralität der Plattform gefährdet. Scientology-Autoren dürften daher in Zukunft weder Artikel verfassen noch bearbeiten. Vonseiten der Plattform ist der Bann einer kompletten Nutzergruppe eine bislang einzigartige Entscheidung. Grundsätzlich definiert sich Wikipedia als offenes und freies Angebot zur kollektiven Wissenssammlung und -vermittlung.

"Die Entscheidung wurde vom Schiedsgericht der englischsprachigen Wikipedia getroffen´, und die Sperre betrifft auch die englischsprachige Wikipedia", erklärt Catrin Schoneville, Sprecherin von Wikipedia-Betreiberin Wikimedia Deutschland, auf Anfrage von pressetext. Ob künftig auch Scientology-Mitglieder von der deutschen Version der Seite verbannt werden sollen, stehe bis dato noch nicht fest.

Mit dem Schritt ziehe das Portal die Konsequenz aus wiederholten Manipulationen "im Auftrag der Glaubensgemeinschaft". Aufgrund der Möglichkeit, Artikel zu färben, waren die Betreiber der Online-Enzyklopädie schon mehrfach in Kritik geraten. Zwar wurden einzelnen Autoren bereits Schreibrechte entzogen. Selbst umstrittene Textbeiträge mussten zur Überarbeitung vorübergehend gesperrt werden. Zu einer Sperre für ganze Nutzergruppen hatten die Vorfälle bislang jedoch nicht geführt. "In der Wikipedia arbeiten Autoren mit unterschiedlichstem politischem, religiösem und weltanschaulichem Hintergrund mit, als offene Enzyklopädie schließt sie niemanden wegen seiner Anschauungen aus", heißt es in den Grundsätzen des Portals. Die Entscheidung, die Autoren der Scientology-Sekte zu sperren, wurde nach einem mehrmonatigen Streit zwischen der Glaubensgemeinschaft und Wikipedia hingegen einstimmig beschlossen.

"Bei den Mitgliedern des Schiedsgerichts handelt es sich um freiwillige Autoren der Wikipedia. Sie sind stimmberechtigte Nutzer, die tatsächlich der Community entstammen", betont Schoneville gegenüber pressetext. Alle zehn Kommissionsmitglieder haben für die Nutzersperre gegen Scientology-Mitglieder gestimmt. Einem Bericht des Nachrichtenportals "The Register" zufolge werden jene IP-Adressen, die der Sekte zuzuordnen sind, in Zukunft von einem Zugang zur Wikipedia-Seite blockiert. Angesichts der einfachen Änderung oder Verschleierung von IP-Adressen wird die Maßnahme als nicht besonders effektiv erachtet. Während das Schiedsgericht anfangs erwog, die Sperre nur auf Artikel in direktem Zusammenhang mit Scientology zu beschränken, wurde diese Methode schließlich als nicht umsetzbar erachtet. Gleichzeitig sei eine Gruppe von Gegnern der Sekte davon ausgeschlossen worden, Artikel über die Glaubensgemeinschaft zu bearbeiten. (pte)