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Wikileaks-Gründer Assange bleibt vorerst in Haft

07.12.2010
Der Wikileaks-Gründer Julian Assange bleibt bis auf weiteres in Haft.

Ein Richter in London entschied am Dienstag bei einer Anhörung kurz nach Assanges Festnahme, ihn nicht wie beantragt auf Kaution freizulassen. Es bestehe die Gefahr, dass er sich nicht selber stellen werde, hieß es zur Begründung. Assange soll am 14. Dezember erneut vor dem Gericht erscheinen. Wann genau über eine Auslieferung nach Schweden entschieden werden könnte, war zunächst nicht bekannt. Er werde dagegen wehren, kündigte Assange laut BBC an.

Der 39 Jahre alte Kopf der Enthüllungsplattform Wikileaks hatte sich am Morgen in London der Polizei gestellt und war festgenommen worden. Schweden hatte einen EU-weiten Haftbefehl gegen den Australier ausgeschrieben, weil Vorwürfe sexueller Vergehen gegen ihn vorliegen. Mehrere Prominente wie etwa die Millionärstochter Jemima Khan und Regisseur Ken Loach hatten angeboten, für Assange zu bürgen.

CCC stellt sich hinter Wikileaks

Der Chaos Computer Club (CCC) hat die Behinderung von Wikileaks durch Internet-Unternehmen und Banken kritisiert und die Aktivitäten der Enthüllungsplattform verteidigt. "Die Publikationen von Wikileaks entsprechen dem Grundsatz der Hackerethik nach freier Verfügbarkeit von staatlichen Informationen als Basis einer demokratischen Gesellschaft", heißt es in der Mitteilung des Vereins. Anders als Menschen hätten staatliche Stellen keine Privatsphäre, die es zu schützen gelte, sondern lediglich Geheimnisse.

"Die westlichen Regierungen treten für die Informationsfreiheit immer nur dann ein, wie es andere Länder betrifft, die weniger demokratische Traditionen haben", sagte CCC-Sprecher Andy Müller- Maguhn. "Sobald Daten publiziert werden, die ihre eigenen Heimlichkeiten und Hinterzimmerdeals betreffen, handeln sie offenbar genauso undemokratisch, wie die Staaten, die sie sonst öffentlich lauthals verurteilen." Der CCC-Sprecher bezog sich dabei auf eine Grundsatzrede von Hillary Clinton zur Freiheit im Internet vom 21. Januar 2010, in der sich die US-Außenministerin für einen freien Austausch von Informationen im Netz eingesetzt hatte.

Der Verein kritisierte, dass Regierungsstellen in den USA und in Frankreich ihre Exekutive angewiesen hätten, die Verbreitung der ungeliebten Inhalte im und vom eigenen Land aus zu verhindern. US- Dienstleister wie Amazon hätten "offenbar nach politischem Druck" ihre technische Unterstützung für Wikileaks eingestellt. Amazon selbst hatte einen Verstoß gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Wikileaks als Grund dafür genannt, dass der Dienst von den Servern verbannt wurde. Der Club-Sprecher begrüßte es, dass "einige deutsche Internet- Provider ihren Kunden keine Steine in den Weg legen, wenn sie eine Kopie der Wikileaks-Daten bereitstellen wollen".

Was enthält die "Versicherungs"-Datei von Wikileaks?

Wikileaks-Gründer Julian Assange hat angeblich eine "Lebensversicherung" besonderer Art abgeschlossen. Mehr als 100.000 seiner Unterstützer in aller Welt haben eine verschlüsselte Datei erhalten. Laut Medienberichten ist "insurance.aes256" 1,5 Gigabyte groß und enthält die kompletten rund 250.000 Dokumente des US- Außenministeriums, die Wikileaks in die Hände bekam.

Ihre Veröffentlichung würde noch viel größere Erschütterungen auslösen als die wenige bisherigen Enthüllungen mit zum Teil geschwärzten Namen und Orten. Dem Vernehmen nach enthält das Paket die Original-Unterlagen ohne Auslassungen, darunter noch unveröffentlichte Dokumente zum US-Gefängnis Guantanamo. Auch explosive Papiere der Bank of Amerika sollen dabei sein. Die Datei ist mit einem 256-Bit-Code verschlüsselt - auch militärische Hochleistungscomputer können einen solchen Schutz kaum knacken.

Assange warnte seine Gegner vergangene Woche, dass Wikileaks diese digitale Bombe notfalls hochgehen lässt. "Wenn uns etwas zustößt, werden die entscheidenden Teile (der US-Diplomaten-Akten) automatisch veröffentlicht", drohte der 39-Jährige in einem Online-Interview des "Guardian" vergangene Woche. Dafür müsste nur der Schlüssel zu dem Code ins Netz gestellt werden.

Die US-Regierung betrachtet die Veröffentlichung der geheimen Depeschen durch Wikileaks als illegal. Gegen einen Soldaten, der mutmaßlich die Quelle von Wikileaks war, läuft ein Militärverfahren. Dem Obergefreiten droht bei einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu 52 Jahren.