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Wikileaks für Informanten immer attraktiver

03.08.2010
Die Enthüllungsplattform Wikileaks ist nach Expertenansicht für die Tippgeber zunehmend attraktiver als die klassischen Medien.

"Sie bietet Informanten ein hohes Maß an Sicherheit", sagte der Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger von der Universität Münster der Nachrichtenagentur dpa. Um den Informantenschutz sei es in Deutschland im klassischen Journalismus nicht immer gut bestellt, sagte Neuberger. "Man denke an die Durchsuchung der Redaktionsräume bei der Zeitschrift 'Cicero' oder die Diskussionen um den Redaktionsdatenschutz." Die Redaktion der Zeitschrift war 2005 wegen eines Artikels unter dem Verdacht des Geheimnisverrats durchsucht worden. Die Aktion war später vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt worden.

Wikileaks habe sich derweil zu einer Alternative entwickelt. "Informanten machen sich Gedanken, wie sie maximale Aufmerksamkeit erzielen, aber natürlich auch darüber, wie sie rechtliche Risiken minimieren können", schilderte der Wissenschaftler. Weil Wikileaks transnational arbeite, könne es sich dem Zugriff staatlicher Justiz einfacher entziehen.

Parallelen zog Neuberger zum Blog "Wir in NRW". Die Webseite hatte vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl mit Interna aus dem engsten Umkreis des damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers für Schlagzeilen gesorgt. "Es ist möglich, dass es künftig ähnliche, thematisch spezialisierte Angebote geben wird, etwa mit Insiderinformationen aus politischen Parteien und aus Wirtschaftsunternehmen." Sie könnten in Bereichen Transparenz schaffen, in die Journalisten nur schwer vordringen könnten.

Kooperationen mit klassischen Medien seien für Enthüllungsplattformen dennoch vorteilhaft. "Diese prüfen die Information, schätzen die Relevanz ein und bereiten sie vor allem publikumsgerecht auf." So sei auch Wikileaks auf die Zusammenarbeit mit angesehenen Medien angewiesen. "Erst wenn eine heiße Information von professionellen Redaktionen aufgegriffen wird, gewinnt sie an Durchschlagskraft." Durch ihre Reichweite könnten die Medien außerdem mehr Menschen ansprechen. Die Enthüllung zehntausender als geheim eingestufter US-Militärakten aus dem Afghanistan-Krieg durch Wikileaks ging in Kooperation mit mehreren Blätter um die ganze Welt. (dpa/tc)