Web

Enthüllungs-Wikipedia durch Gerichtsbeschluss verboten

Wikileaks: Cyber-Mobbing mit moralischen Zielen

25.02.2008
Von pte pte
Ähnlich wie beim Online-Lexikon Wikipedia sind auch bei Wikileaks die User aufgefordert, selbst Inhalte beizusteuern.

In diesem Fall sollen jedoch Insider-Informationen online publiziert werden, die für die Öffentlichkeit von Interesse und für die Betroffenen rufschädigend sein könnten. So finden sich auf der Seite beispielsweise Dokumente, die CEOs, Konzerne, Staatschefs und Behörden denunzieren. Die User sind aufgefordert, die Echtheit der angeführten "Beweise" zu diskutieren. Die Gründer der Seite hatten Pressefreiheit und Enthüllungsjournalismus im Sinn, die Veröffentlichungen bewegen sich jedoch oft hart an der Grenze zum Mobbing. Vergangene Woche wurde die US-Website nach einem Gerichtsbeschluss vom Netz genommen, berichtet die Schweizer "Sonntagszeitung".

Abrufbar ist Wikileaks noch immer, wenn auch nun mit dem Länderkürzel der winzigen Weihnachtsinseln. Zum Verbot von "Wikileaks.org" kam es durch die Klage der Bank Julius Bär. Mehrere hundert Dokumente wurden Wikileaks zugestellt, die einige prominente Kunden der Geldwäscherei oder des Steuerbetrugs überführen könnten. Veröffentlicht wurde auf Wikileaks bisher nur ein Bruchteil dieser Informationen. Auch geheime Dokumente des US-Militärs finden sich auf der Seite. Für Aufsehen sorgte unter anderem das veröffentlichte Handbuch für US-Wachen im Gefangenenlager Guantánamo. Das unter "Camp Delta Standard Operating Procedure" bekannte Dokument beschreibt unter anderem, wie den Gefangenen systematisch der Kontakt zum Roten Kreuz verwehrt wird. Auch Anleitung zur Folter mittels Isolationshaft und Schlafentzug findet sich darin.

Gegründet wurde die Seite von 22 chinesischen Dissidenten, Mathematikern und Technologen junger Unternehmen aus den USA, Asien, Europa, Australien und Südafrika. Ihr Ziel ist "ethisch-moralisches Leaking", also das bewusste Durchsickern von Informationen mit guten Absichten. "Wikileaks ist ein Ventil für jeden Regierungsbeamten, jeden Bürokraten, jeden Angestellten, der über beschämende Informationen stolpert, von der die Öffentlichkeit Kenntnis haben sollte", so die Betreiber. (pte)