Zertifikat - was nun? (Teil 3)

Wieso scheitern IT-Projekte trotz Prince2 & Co.?

25.03.2010
Von  und Bernd Raff
Managing Partner bei Dewey & Partner in München

Fall 1: Mangelnde Transparenz in einem großen Änderungsprojekt

In vielen Unternehmen werden Änderungsanträge unter Umständen als Projekte umgesetzt: ab einer gewissen Größenordnung, einer hohen Bedeutung für das Business oder abhängig vom Risikopotenzial. In diesen Fällen wird ein Projektträger eröffnet, und das Projektprozess-Management-System ist anzuwenden.

In einem konkreten Fall stellte sich die Situation jedoch ziemlich unklar dar:

  • Die Teilprojektleiter wurden von den eigenen Plänen überrascht. Denn niemand wusste so recht, was in der Projektplanung stand und wo das Projekt in Bezug zum Plan stand.

  • Die häufigste Fortschrittsmeldung war: "80 Prozent fertig" oder "Fast fertig".

  • Überraschend wurde für Teilprojekte "rot" gemeldet.

  • Projektberichte waren bloße Aktivitätsbeschreibungen ohne analytischen Soll-Ist-Vergleich zwischen Plan und aktueller Performance.

  • Die Projektkennzahlen erlaubten keine vorwärtsgerichteten Aussagen, sondern beruhten auf subjektiver Bewertung.

Die Ursachen ließen sich auf zwei wesentliche Felder eingrenzen: Zum einen war die Methode unvollständig. Die Planung wies eine weitmaschigere Granularität auf als die Berichte (bezüglich Detaillierung und Frequenz). Dadurch wurden Kennzahlen öfter geschätzt als gemessen.

Zum anderen mangelte es am Grad der Umsetzung - und zwar in vielen Punkten. Die Projektleiter führten quasi freihändig, sie setzten sich nicht regelmäßig mit ihrem Plan auseinander. Die Risikoplanung wurde nicht aktualisiert, die Fertigstellungskriterien waren unscharf. Das führte in der Summe dazu, dass "Fast-fertig"-Meldungen ausgegeben wurden, obwohl noch großer Aufwand erforderlich war. Zudem wurden Projektpläne willkürlich geändert, ohne die Basisplanung anzupassen.

Folgende Maßnahmen wurden ergriffen:

  • Das Team überarbeitete die Projektpläne entlang klarer Planungsregeln.

  • Es etablierte eine rollierende Detailplanung in überschaubaren Planungsfenstern.

  • "Fertig"-Meldungen wurden anhand harter Kriterien objektiviert.

  • Die Qualität der Ergebnisse musste sich überprüfen lassen.

  • Eine Projekt-Scorecard mit geeigneten Kennzahlen zur Fortschrittskontrolle (Ergebniskennzahlen) und Prognose (Frühindikatoren) wurde eingeführt.