Wie sich IT-Profis elektronisch präsentieren sollten

11.04.2007
Von Jörg  Osarek
Wenn sich selbständige IT-Profis gut vermarkten, sind sie gegenüber ihren Mitstreitern, die sich nur auf das fachliche Wissen verlassen, im Vorteil. Ein wichtiger Punkt ist die elektronische Selbstpräsentation.

Wenn heute ein Kunde auf einem Projektportal wie gulp.de nach einem Freiberufler sucht, der eine Java-Applikation erweitern kann, die auf einer Oracle-Datenbank läuft, erhält er eine große Auswahl: Unter dem Stichwort Oracle-Profis haben sich 17.000 Freiberufler eingetragen, unter Java-Programmierer erhält er 22.000 Treffer. Zudem gibt es eine Vielzahl von Spezialisten-Rollen, angefangen von Entwickler über IT-Architekten, Projekt- und Qualitäts-Manager bis hin zu fachlichen Beratern. Oft sind die Kunden mit der Artenvielfalt und Anzahl von IT-Profis schlicht überfordert. Eine präzise Selbstvermarktung des Freiberuflers hilft beiden Seiten: dem Kunden, sich richtig zu entscheiden und dem IT-Profi, die richtigen Kunden zu finden. Die Selbstvermarkter haben die Nase gegenüber den rein fachlichen Spezialisten vorn.

Selbstvermarktung geht im Projekt weiter

Erfolgreiche Selbstvermarktung findet in verschiedenen Zeithorizonten statt:

  1. Die Grundlagen der erfolgreichen Selbstvermarktung kommen permanent zum Tragen. Hier geht es viel um die Einstellung des IT Profis, seinen Willen zur Selbstvermarktung, seine Bereitschaft mit Vertriebs-Profis in Win-Win-Situationen zu gehen.

  2. Die eigene Präsentation: Hier geht es um Auftreten, Erscheinungsbild und die elektronische Präsentation, also all das, was ein Kunde von Ihnen sehen muss, damit Sie ein Projektengagement gewinnen. Ebenso gehört dazu das optimale Verhalten im Vorstellungsgespräch.

  3. Im Projekt: Mittelfristig wirksame Verhaltensweisen sorgen dafür, dass ein Kunde zum Stammkunden oder Empfehler wird. Daher läuft die Selbstvermarktung auch im Projekt weiter.

  4. Die eigene Entwicklung: Langfristig geht es darum, sich als Selbständiger oder auch in einem Unternehmen einen Namen aufzubauen, der Spezialist für ein Thema zu sein, den man immer gern bucht und weiterempfiehlt.

Drei Säulen der Selbstpräsentation

Zunächst muss ein Freiberufler sich jedoch elektronisch als IT-Profi präsentieren und damit den Kunden überzeugen. Bekannt machen kann er sich über sein Profil seine Internet-Seite und die Eigenpräsentation auf einer Networking-Plattform.

Workshop zur Selbstvermarktung

Für Freiberufler, die das Thema vertiefen wollen, bietet Jörg Osarek den eintägigen Workshop "Erfolgreiche Selbstvermarktung für IT Professionals" an. Der Workshop findet am 21. April und am 18. Mai 2007 statt. Osarek ist seit 15 Jahren als IT-Berater tätig und arbeitet heute als geschäftsführender Gesellschafter der its-people Hochtaunus GmbH, die Kunden und IT-Freiberufler zusammenbringt. Mehr Informationen zum Workshop gibt es unter www.beraterexzellenz.de/themen/workshop_selbstvermarktung.html.

Säule 1: Das Profil

Das Profil oder CV (curriculum vitae) ist in der Regel das erste, was der Kunde von einem IT Profi sieht. Ist es schlecht, wird es auch das letzte sein, was sich der Kunde ansieht. Daher ist das Profil eines der zentralen Instrumente für eine erfolgreiche Selbstvermarktung. Üblicherweise wird das Profil heute elektronisch zur Verfügung gestellt – am besten als PDF, das wirkt professioneller als ein Word-Dokument, bei dem der Empfänger noch sehen kann, ob Sie sauber mit Tabellen gearbeitet haben oder mit einer Mischung aus Tabs und Spaces. Häufig wünscht der Empfänger jedoch ein Word-Format, damit er das Profil mit seinem Layout versehen und an einen Endkunden weiterleiten kann.

Jörg Osarek, its people: Im elektronischen Profil sollte man sich auf wenige Kernkompetenzen beschränken und keinen Bauchladen präsentieren.
Jörg Osarek, its people: Im elektronischen Profil sollte man sich auf wenige Kernkompetenzen beschränken und keinen Bauchladen präsentieren.
Foto: Jörg Osarek

Wenn Sie in einem Unternehmen oder einem Verbund arbeiten, haben Sie möglicherweise keinen Einfluss auf die Formatierung, eventuell geben Sie die Daten auch in ein System ein, aber auf folgende Punkte sollten Sie achten:

  • angemessener Detaillierungsgrad und individuell auf den Kunden und das Projekt angepasst:

  • der Text sollte fehlerfrei sein

  • sinnvolle Dramaturgie: mit Basisdaten, Kernkompetenzen, Fähigkeiten (mit Niveau), Projekte / Jobs

  • ein professionelles Foto

Angemessener Detaillierungsgrad

Wenn Sie die Möglichkeit haben, fragen Sie nach, wer den CV erhalten wird und passen Sie den Detaillierungsgrad entsprechend an. Geht es eher um eine koordinierende Tätigkeit, können die Details zur technologischen Umgebung weniger ausgeprägt sein, als wenn es um Programmierung für eine bestimmte Umgebung geht, auf der Sie bereits Erfahrungen gesammelt haben. Eventuell müssen Sie für drei verschiedene Kunden drei CVs recht unterschiedlich gestalten. Aber die Arbeit lohnt sich. Denn so zeigen Sie, dass Sie für das Projekt genau die richtige Peson sind.

Fehlerfreier Text

Ein Tippfehler schleicht sich schon einmal ein. Aber da das Profil das erste ist, was der Kunde von einem sieht, ist die Zeit für die Fehlerkorrektur gut investiert. Fatal fallen Fehler in Produktnamen auf. Ich habe schon Profile mit Know-how in "Orakel" statt "Oracle" oder mit "Business Objekts" statt "Business Objects" in Händen gehalten. Dann fragt sich der Kunde, ob Sie nicht nur orthographisch sondern auch inhaltlich mit Ihrem Wissen übertreiben.

Sinnvolle Dramaturgie

Mit dem Profil soll sich der Kunde einen schnellen Überblick verschaffen und Antworten auf tiefergehende Fragen finden können. Die Dramaturgie in einem CV könnte so aussehen:

  1. Basisdaten mit Kontaktdaten oder den Daten Ihres Unternehmens.

  2. Kernkompetenzen in maximal zwei bis drei Sätzen oder bis zu fünf Schlagworten. Achten Sie darauf, dass Ihre Kernkompetenz in Einklang mit der Projektanfrage ist. Seien Sie präzise in dem, was Sie für den Kunden tun können und wollen. Ist Ihre Kernkompetenz nicht in Übereinstimmung mit der Anfrage zu bringen, fragen Sie sich, ob Sie sich und Ihren guten Ruf für dieses Projekt wirklich anbieten sollten.

  3. Ihre Fähigkeiten. In letzter Zeit wünschen Kunden immer öfters, hier zu lesen, auf welchem Niveau wie viele Jahre und wann zum letzten Mal Sie eine Fähigkeit eingesetzt haben. Beispiel: SQL, Profi, zehn Jahre Erfahrung, zuletzt verwendet: 04/2007. Das erspart Ihnen und Ihrem Kunden Zeit und Geld, weil Sie die Messbarkeit in Ihrem Skill-Bereich deutlich erhöhen.

  4. Ihre Projekte / Jobs, die Ihre Berufserfahrung im relevanten Umfeld wiedergeben - und hier bitte im angemessenen Detaillierungsgrad.

Professionelles Foto

Ergänzen Sie Ihren CV auf der ersten Seite durch ein professionelles Foto, aufgenommen von einem Fotografen genau für diesen Zweck, oder ein Pressefoto von sich. Ist das Foto gut, erhöhen Sie dadurch ihre Chancen, denn ein Gesicht weckt Vertrauen.

Säule 2: Die Internet-Seite

Hier gelten ähnliche Kriterien wie beim Profil. Wenn Ihr Profil einen Link auf Ihre Webseite enthält, sollte dies die positive Fortsetzung des soeben Gelesenen sein. Checkliste für die Webseite:

? professionell, klar und strukturiert - eher einfach, aber inhaltlich gehaltvoll. Bitte keine Aneinanderreihung von Bullet-Listen, sondern vermitteln Sie auf intelligente Art Ihre Kernkompetenzen.

? Keine technischen Spielereien oder Animationen, die den Kunden Zeit und Nerven kosten. Wer kennt nicht die wackelnden Briefkästen, die blinkenden Überschriften oder die rotierenden Klammeraffen? Vor zehn Jahren konnten Sie damit vielleicht jemanden beeindrucken, wie gut Sie Webseiten bauen können. Heute gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie sind Webdesigner - dann katapultieren Sie sich mit einem solchen Auftritt ins Museum. Oder Ihre Kernkompetenz liegt woanders. Dann will Ihr Kunde wissen, wie gut Sie sich in Ihrem Kernkompetenzbereich auskennen, um sein Problem zu lösen und nicht, ob Sie bunte blinkende animierte Webseiten bauen können. Das schreckt ab!

? Fokussiert. Vermitteln Sie genau, was Sie können, was Ihre größten Stärken sind. Erliegen Sie nicht der Versuchung, auf Ihre Webseite zu schreiben: "Wir selbst können mit Hilfe unsere Kooperationspartner anbieten:" und dann eine Liste mit Allem aufzustellen. Das tun alle anderen auch! Es gibt zigtausende Bauchläden im Internet, die alles anbieten, weil ihre Betreiber Angst haben, sie könnten ja potenzielle Kunden verlieren. In Wirklichkeit sprechen sie gar keine Kunden an, weil die Kunden nicht wissen, hinter welchem Bauchladen ihr Problemlöser steht. Fassen Sie den Mut und weisen Sie ganz klar auf Ihre drei bis fünf Kernkompetenzen hin und darauf, welche Kunden bei Ihnen richtig sind.

? Link auf Ihr Profil: Bieten Sie Ihr Profil mit Kontaktdaten zum Herunterladen auf Ihrer Webseite an, damit man Sie leicht kontaktieren kann.

? Nehmen Sie eine Liste Ihrer Publikationen auf. Wenn Sie noch nichts publiziert haben, beginnen Sie damit. Veröffentlichungen sind ein überzeugendes Argument Ihrer Kompetenz.

? alle juristisch erforderlichen Inhalte müssen enthalten sein. Achten Sie darauf, dass Angaben wie Impressum oder Systemkomponenten bei Online Handelsplattformen immer enthalten und aktuell sind, damit Sie nicht kostenpflichtig abgemahnt werden. Kostenlose Checklisten etwa für den Online-Handel können Sie beispielsweise herunterladen bei www.wettbewerbszentrale.de/ .

Säule 3: Eigenpräsentation auf einer Networking-Plattform

Eine sehr interessante Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen sind Networking-Plattformen wie Xing.com (ehemals openBC). Dort können Sie Kontakte zu potenziellen Kunden und Lieferanten knüpfen, etwas über Unternehmen erfahren, die Sie interessieren und Ihre Kompetenz vielen Menschen bekannt machen, indem Sie in Online-Foren an Diskussionen teilnehmen und wertvolle Beiträge liefern.

Ich selbst war äußerst angenehm überrascht, wie schnell man auf eingestellte (für die Leser wertvolle!) Artikel Reaktionen erhält und mit Menschen in Dialog treten kann. So existieren sicher auch für Ihren Themenbereich Expertenforen, in denen Kollegen oder Kunden nach Lösungen fragen und Sie Kontakte zu diesen Menschen herstellen können. Denn am Schluss kaufen Menschen von Menschen. Falls ein solches Forum noch nicht existiert, eröffnen und managen Sie eines - das bringt Ihnen noch einmal einen Kompetenzbonus ein. Nutzen Sie diesen zusätzlichen Kommunikationskanal zu Ihren Kunden unter Beachtung einiger Regeln:

  • verwenden Sie ein professionelles Foto

  • fokussieren Sie sich klar auf Ihr Kernthema

  • verweisen Sie per Link auf eigene Webseite und Profil

  • Fachbeiträge in Foren machen aufmerksam!

  • setzen Sie öffentliche Termine an und laden Sie eigene Kontakte ein. Lernen Sie die Menschen persönlich kennen, denen Sie elektronisch begegnen.

Grundregeln der Kommunikation

Bei allen Kanälen, die Sie für die Kommunikation verwenden, seien dies nun elektronische oder direkte Kanäle wie Ihr Auftreten, Ihr Erscheinungsbild oder Ihr Verhalten im Projekt, gelten zwei Grundregeln:

  1. Der Wurm muss dem Fisch gefallen, nicht dem Angler. Beantworten Sie vor jeder Kommunikation die Frage: "Was will mein potenzieller Kunde von mir wissen, um mir einen Auftrag zu erteilen?"

  2. Über alle Kanäle muss Ihr Gesprächspartner das gleiche erfahren können. Rotkäppchen fällt auf, dass etwas nicht stimmt, daher fragt Sie: "Großmutter, warum hast Du so große Hände..." Das tut sie, weil über unterschiedliche Kanäle unterschiedliche Signale empfängt. Jemand im Bett ihrer Großmutter mit den Kleidungsstücken ihrer Großmutter, aber anderen Händen und anderem Mund. Achten Sie darauf, dass Sie über alle Kommunikationskanäle die gleiche Botschaft authentisch versenden, damit Sie authentisch wirken. Das funktioniert nur, wenn Sie wirklich so sind, wie Sie sich elektronisch oder persönlich präsentieren. Das ist das eigentliche Meisterstück. Oder wie meine Oma zu mir sagte: "Benimm Dich zu hause wie beim König, dann kannst Du Dich beim König benehmen, wie zu hause".