Wie sich Freiberuflerinnen in der IT-Branche durchboxen

18.11.2004

Doris Seidel, die heute bei T-Mobile als Freiberuflerin ein Softwareprojekt betreut, ist diesen Weg gegangen. Die Diplomingenieurin besuchte ein naturwissenschaftliches Gymnasium und studierte an der Technischen Universität: "Mich hat die Softwarewelt und hier speziell der Mobilfunk sehr interessiert." Nach 23jähriger Festanstellung wagte Seidel vor sieben Jahren den Sprung in die Selbständigkeit. Sie wollte sich in ihrem Job mehr verwirklichen. Ihre kommunikativen Fähigkeiten helfen ihr heute in der Zusammenarbeit mit festangestellten Kollegen wie auch in der Akquise neuer Aufträge.

Frauen, die sich selbständig machen wollen, rät Seidel: "Zuerst braucht man ein fachliches Ziel, an dem man konsequent arbeitet. Außerdem muss einem klar sein, dass die 40-Stunden-Woche meist überschritten wird und auch Sonntagsarbeit zum Job gehören kann." Zwischen weiblichen und männlichen Freiberuflern sieht sie keinen großen Unterschied: "In meinem Beruf musste ich mich von Anfang an in einer Männerwelt durchboxen - daran habe ich mich schon längst gewöhnt."

Die Berlinerin Martina Weber war wie ihre Kollegin lange Jahre fest angestellt, unter anderem als SAP-Entwicklerin für die BASF. Seit fünf Jahren schreibt sie als IT-Beraterin ihre eigenen Rechnungen, nachdem sie gemerkt hatte, dass die Karriereperspektiven begrenzt sind. So stieß Weber damals eher auf Erstaunen denn auf Zustimmung, als einst ihr Interesse an einer Führungsposition bekundete. Um an Projekte heranzukommen, wandte sich die Ingenieurin an professionelle Vermittler, ließ sich in Datenbanken für Freiberufler eintragen und hörte sich bei Bekannten um. Kontakte zu Personalvermittlern brachten ihr Aufträge.

"Man darf nicht glauben, dass sich der Erfolg automatisch einstellt. Im Gespräch zu bleiben ist das Wichtigste", sagt Weber. Die Beraterin profitiert unter anderem davon, sich im Laufe der Zeit viele Kontakte zu anderen Selbständigen aufgebaut zu haben. Wohl mit ein Grund, dass sie im vergangenen Jahr ausgelastet war. Wichtige Voraussetzungen für den Erfolg sind überdies eine hohe Mobilität und Flexibilität - Webers Auftraggeber sitzen in mehreren Städten Deutschlands, aber auch in Schweden und in den USA. Einsteigern empfiehlt sie ein gesundes Selbstbewusstsein und ein noch besseres finanzielles Polster, wenn es mit der Akquise nicht gleich klappt.

Familie und Beruf kaum vereinbar

Für Cornelia Kiel, die seit 1990 freiberuflich tätig ist, war die Lust an Neuem ein wichtiger Beweggrund: "Ich liebe es, neue Projekte anzustoßen. Wenn sich später Routine einschleicht, wird es irgendwann langweilig." Die Projekt-Managerin räumt allerdings ein, dass ihr die Entscheidung für die Freiberuflichkeit durch ihre Ehe mit einem Mann in Festanstellung erleichtert wurde. Dass weibliche IT-Profis so selten in der IT-Branche zu finden sind, liegt ihrer Ansicht nach auch an einem Vorurteil, das sich hartnäckig in vielen Köpfen hält: Frauen können nicht logisch denken. Je technischer das Projekt - desto größer das Vorurteil. Dazu Kiel: "Wenn selbst im Trainingsbereich eine gewisse Männerdominanz überwiegt, kann man sich vorstellen, dass weibliche Computerfachleute in der Programmierung sozusagen Exoten sind."