Die Geschichte von Adobe

Wie sich Adobe zum Cloud-Konzern wandelt

13.08.2015
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Stefan von Gagern ist diplomierter Medientechniker (FH) und war als Redakteur und Ressortleiter bei den Fachtiteln "Screen Busines Online" und "Page" tätig. Später lehrte er als Dozent für Medienkonzeption im Master-Studiengang "Multimedia Production" an der Fachhochschule Kiel. Heute schreibt er als freier Fachjournalist und Autor über Themen wie Publishing, Internet, Social Media und Digital Lifestyle. Parallel berät er Unternehmen bei der Konzeption und Umsetzung von Social-Media-Auftritten.

Ausbau zur Kreativ-Komplettlösung

In den 1990ern ruhte sich Adobe nicht auf seinen Publishing-Lorbeeren aus, sondern stieß in weitere Bereiche vor - unter anderem in Richtung Bewegtbild mit dem Videoschnittprogramm Premiere (später in Premiere Pro umbenannt). Neben Eigenentwicklungen erweiterten Zukäufe das Portfolio: Aldus brachte das Layoutprogramm PageMaker mit, das später durch Adobe InDesign ersetzt werden sollte, das dem damaligen Platzhirsch Quark XPress nach und nach den Rang ablief.

Auch in Deutschland ging Adobe einkaufen: Der Softwareentwickler GoLive Systems aus Hamburg brachte einen visuellen Webeditor Cyberstudio heraus. Nach der Übernahme hieß er Adobe GoLive. Obwohl es den Webeditor nicht mehr gibt, werden heute noch am Standort Hamburg unter anderem wichtige Teile der Creative Cloud entwickelt. 2005 kaufte man mit Macromedia den Hauptkonkurrenten im Kreativmarkt. Die Akquisition brachte Produkte wie Adobe Flash, Acrobat Connect (zuvor Macromedia Breeze) und Adobe Dreamweaver in die Palette. 2009 wurde mit dem Kauf des Internet-Analysespezialisten Omniture die Grundlage das spätere Standbein Marketing-Software gelegt.

Da sich Kreative immer mehr zu Multimedia-Produzenten wurden, bündelte Adobe seine Einzelprogramme 2003 zur Komplettlösung Creative Suite. Creative Suite enthielt nicht nur Programme, die Inhalte gestalten konnte, sondern auch Zusatzprogramme wie Bridge, die sich um den Austausch der Daten kümmerten. Kreative konnten zwischen verschiedenen Programmsammlungen, etwa für Design, Web, Video ("Production Premium") oder der Komplettlösung ("Master Collection") wählen.

Auch intern gab es Veränderungen. Gründer Warnock und Geschke zogen sich ab 2000 in Richtung Ruhestand zurück, blieben aber im Vorstand. Bis 2008 wurde Adobe von CEO Bruce Chizen geführt. Chizen war für einen weiteren, wichtigen Vorstoß verantwortlich: Adobe sollte nicht nur Desktop-Software anbieten, sondern die Fähigkeiten von Acrobat & Co. mit Server-basierter Software zu kombinieren und so Anbieter für Unternehmenslösungen werden. Zudem verteidigte Chizen Adobe erfolgreich gegen Übernahmeversuche vom Konkurrenten Quark. Nachfolger Shantanu Narayen, der bis heute Adobe als CEO lenkt, leitete den nächsten radikalen Schritt Richtung Innovation ein: Adobes Vorstoß in die Cloud.

Dreimal in die Cloud

Mit den Kreativwerkzeugen folgte zuerst die nächste wichtige Transformation, die ein Vorbote für die Marschrichtung in die Zukunft sein sollte. 2011 kündigte Adobe auf der Hausmesse MAX in Los Angeles die Creative Cloud an und stellte nach und nach auf das neue Modell um. Das Cloud-Modell macht wesentlich kürzere Versions- und Innovationszyklen möglich als das alte Creative-Suite-Modell, das üblicherweise im Jahresrhythmus neue Features servierte.

Zudem stellt Creative Cloud die Abrechnung vom Kauf- auf ein Software-Mietmodell um. Dadurch können neue Programme und Features sofort ausgerollt werden und sind mit dem Abo-Preis schon bezahlt. Die Kreativen erhalten zum Monatspreis alle Adobe-Programme, die durch Online-Dienste und Community-Netzwerke, wie zum Beispiel Behance für Online-Portfolios und später mobile Apps ergänzt werden. "Die Creative Suite konnte das interdisziplinäre Arbeiten unterstützen, aber nicht die Agilität bieten und nicht den Community-Gedanken unterstützen", erklärt Mala Sharma, Adobes Vice President Creative Cloud Business Strategy. Die neue Plattform, von Sharma zu einem wesentlichen Teil mitgestalt, sollte agiler und innovationstreibender werden. Adobe ging den radikalen Schritt sehr konsequent und machte sich damit nicht nur Freunde: Kritiker scheuten teils den Umstieg auf Mietsoftware und beklagten fehlende Alternativen.

Seit 2011 sattelte Adobe auf das Software-as-a-Service Modell Creative Cloud um. So kann der Hersteller schneller auf Trends wie hier 2013 auf die aufstrebenden Social Networks reagieren.
Seit 2011 sattelte Adobe auf das Software-as-a-Service Modell Creative Cloud um. So kann der Hersteller schneller auf Trends wie hier 2013 auf die aufstrebenden Social Networks reagieren.
Foto: Adobe

Creative Cloud ist inzwischen nur eines von drei Cloud-Angeboten, den Eckpfeilern der künftigen Adobe-Strategie. Die Marketing Cloud bündelt alles, was der Profi zum Arbeiten braucht. Es geht hier aber nicht um Mediengestaltung - wie in der Creative Cloud -, sondern um die Bereitstellung von Daten, Software und Services für Marketing-Kampagnen. Unternehmen können ihre Nutzer damit personalisiert über alle Kanäle ansprechen, den Erfolg analysieren und Kampagnen steuern. Die Marketing Cloud ist mit der Creative Cloud verknüpft, was den Austausch von Assets erleichtert. Die Marketing Cloud ist laut Adobe schon bei zwei Dritteln der "Fortune 50"-Unternehmen im Einsatz.

Die dritte Cloud kam erst kürzlich hinzu: Mit der Adobe Document Cloud sollen Nutzer alle ihre PDF-Dokumente an einem Ort sammeln. Mit Acrobat DC können die Dokumente dann geräteübergreifend aus dem Büro, von zuhause und unterwegs abgerufen werden. Das integrierte E-Signing macht elektronische Unterschriften möglich. Formulare für Behörden oder Workflows in Unternehmen sollen damit künftig völlig umgekrempelt und viel einfacher werden. Denn mit einer touchfähigen Oberfläche und mobilen Apps lassen sich PDFs künftig von überall abzeichnen und verschicken. Wie auch die Marketing Cloud ist auch die Document Cloud eng mit der Creative Cloud verzahnt.