Data Center der Zukunft

Wie Pioniere das RZ kühlen

09.01.2012
Von 
Ariane Rüdiger ist freie Autorin und lebt in München.

Freie Kühlung mit Luft

Das im Bau befindliche Marilyn-Rechenzentrum in Paris verwendet natürliche Luftströmungen und ein Vertikaldesign für die optimierte Kühlung des Gebäudes
Das im Bau befindliche Marilyn-Rechenzentrum in Paris verwendet natürliche Luftströmungen und ein Vertikaldesign für die optimierte Kühlung des Gebäudes
Foto: Celeste

In ganz Nord- und Mitteleuropa ist nach den 2008 überarbeiteten ASHRAE-Regeln die freie Kühlung mit Luft eine Alternative. Das neue RZ Marilyn des französischen Betreibers Celeste in Paris beispielsweise löst zwei Probleme auf einmal: das der knappen Flächenkapazitäten und gleichzeitig das der Kühlung respektive Wärmerückgewinnung. Ziel war ein Rechenzentrum mit minimalem PUE, 5 kW Stromverbrauch pro Rack beim Einsatz von Standard-Servern und ein Preis von höchstens 10000 Euro pro Quadratmeter RZ-Fläche.

Heraus kam ein mehrstöckiges Gebäude mit patentierter Architektur, in dem die Kalt- und Warmgänge jedes Stockwerks direkt übereinander liegen. Zwischen Kalt- und Warmgang stehen die Rechner. Die Kaltluft – bis unter 23 Grad Celsius Außentemperatur gefilterte Umgebungsluft - wird von außen angesaugt und mit leichtem Überdruck durch metallische Lochböden die Kaltgänge hinaufgepumpt, von wo aus sie in die Rechner fließt und sie erwärmt auf der anderen Seite verlässt. Nur bei Temperaturen über 35 Grad oder sehr geringer Luftfeuchtigkeit wird die Innenluft immer wieder rezykliert und konditioniert, was aber nur zu 5 Prozent der Laufzeit vorkommt. In anderen abweichenden Fällen – etwa 15 Prozent der Zeit - wird Außenluft konditioniert und die erwärmte Innenluft zieht nach oben ab. Im Winter heizt sie das benachbarte Bürohaus des RZ-Betreibers.

Doppelböden und technische Decken sind bei diesem Design unnötig, die Kabel werden unmittelbar oberhalb der Rechner entlang geführt. Jedes Geschoss fasst zwei Rechnerreihen mit jeweils fünf Racks, das macht auf den fünf Stockwerken mit 600 qm insgesamt 200 Racks. Auch außerhalb der Rechnerräume gibt es keine Batterien und damit keine Kühlung. Als USV dient ein Schwungrad. Der auf diese Weise angestrebte PUE des RZ, das im September in Betrieb geht, beträgt laut CEO Nicolas Aube 1,3.

Einen anderen Weg geht Thor Datacenter in Island, wo hinsichtlich der Lufttemperatur ganzjährig nahezu Idealbedingungen herrschen. Zusammen mit AST Modular wurde ein auf angesogener Außenluft basierendes Kühlsystem entwickelt, das modular direkt über den halbhohen Server-Racks angebracht ist und sie von oben kühlt. Dass Kaltluft von selbst von oben nach unten fließt, verringert den Ventilationsaufwand. Die Warmluft fließt ab in einen Heißgang und steigt nach oben. Der resultierende PUE: 1,07.