Wie "offen" ist DB2

15.05.1992

Der IBM-Prototyp "System/ R" hat zwei erwachsene Söhne: Oracle und DB2. Den älteren Sohn Oracle gibt es auf heterogenen Plattformen fast aller Hersteller, den jüngeren DB2 auf genau einer P1attform von einem Hersteller.

Obwohl Oracle fast überall verfügbar ist, bietet es Schnittstellen zu IMS, VSAM, RMS und anderen Dateiverwaltungen. DB2 hat Nachkommen auf den Plattformen der IBM-Familie: SQL/DS auf VM, SQL/400, OS2/Data Manager; ein IBM eigenes System für AIX ist angekündigt. IBMs Data Extract (DXT) zieht Datenkopien aus DL/1, SAM oder VSAM, die man der DB2 Load Utility zuführen kann. Es gibt keinen Nachkommen von DB2 auf MS-DOS.

Grob gesprochen, IBMs DB2 ist nur "offen" innerhalb der IBM-Systeme. Genauer gesagt, eine DB2-Applikation läuft nur auf MVS, aber nicht einmal auf irgendeinem anderen IBM-System. Der ältere Bruder Oracle ist da vielseitiger: Eine Oracle-Applikation läuft auf jedem IBM-System und auf fast allen anderen, eingeschlossen PC unter MS/DOS. Oracle koexistiert auch mit DB2 auf dem gleichen System.

"Offenheit" wird also unterschiedlich interpretiert. Tatsache ist, es gibt kein API (Application Program Interface) von IBM zu irgendeinem anderen heterogenen, relationalen Datenbanksystem.

Kein "Outer Join" im DB2

Relationale DBMS haben kraftvolle Operatoren, für die Verbindungen von Tabellen: die "Joins".

Ein sehr wichtiger Operator ist der "Outer Join", der Tabellen auch dann lückenlos verknüpfen kann, wenn für gewisse Attribute keine Werte vorhanden sind. Der "Outer Join" arbeitet also auch mit imperfekten Daten, was insbesondere im Finanzwesen von beträchtlicher Bedeutung ist.

Das "Flaggschiff" der IBM im Datenbankbereich hat auch nach sieben Jahren immer noch keinen "Outer Join". Insider wollen wissen daß auch die neue DB2-Version 3 über keinen "Outer Join"-Operator verfügen wird.

Was kommt aus San Jose?

Die Experten im Santa Teresa Lab der IBM in San Jose arbeiten bekanntlich an zahlreichen DB2-Verbesserungen.

Es gibt Gerüchte über "OO DB2" ebenso wie über DB2-Experimente mit massiv parallelen Rechnern.

Man darf erwarten, daß gewisse DB2-Funktionen in Hardware überführt werden. DB2 soll künftig auch neue Hardware für Multimedia unterstützen.

Das effiziente Suchen in Bäumen und schlingenfreien Netzen mit Connect By, Start With, Prior bleibt ein Wunschtraum der DB2-Benutzer ebenso wie der "Outer Join".