Wie Netze leistungsstark werden

08.10.2007
Von Heide Jeuken-Dahmen
Anpassungsfähige Wide Area Networks überzeugen durch eine offene und hochgradig skalierbare Infrastruktur.

Verändern sich operative Abläufe und geschäftskritische Prozesse, müssen Unternehmen schnell reagieren können. Ähnlich ergeht es Behörden, Ämtern und Verwaltungseinrichtungen, die sich im strukturellen Wandel befinden und die Neugestaltung ihrer Arbeitsabläufe zu bewältigen haben. Ob privatwirtschaftlich oder öffentliche Hand, eines gilt für alle Organisationsformen gleichermaßen: Der Erfolg derartiger Umstrukturierungen hängt maßgeblich von der Performance und Verfügbarkeit der IT- und TK-Anwendungen ab. Da inzwischen jedoch zahlreiche Unternehmen und Einrichtungen über ihr eigenes Wide Area Network verfügen, muss insbesondere die Netzstruktur den veränderten Anforderungen gerecht werden können – und das noch vor allen anderen Komponenten der IT-Landschaft. Denn ist der Traffic eines SOA-gestützten Weitverkehrsnetzes aufgrund von Technologien wie Web-Services, Networked Remote Storage (NRS) und Grid Computing kaum noch in den Griff zu kriegen, nützen auch die ausgereiftesten Anwendungskonzepte nur wenig.

Service-orientierte Architektur

Der Vorteil der Service-orientierten Architektur für WANs liegt auf der Hand: Dank Web-Services können Unternehmen sowie Einrichtungen des öffentlichen Sektors über verteilte Standorte hinweg an den gleichen Anwendungsprozessen teilnehmen. Als eigenständige kleine Softwaremodule steuern Web-Services die Kommunikation zwischen den einzelnen Systemen. Durch ihre Vernetzung lassen sich schnell flexible Anwendungsarchitekturen in Organisationen schaffen und ausbauen. Die dadurch gewonnene Flexibilität kommt den Mitarbeitern vor allem dann zugute, wenn strukturelle Änderungen schnell und effizient umgesetzt werden sollen. Entwickler können darüber hinaus bestehende Web-Services immer wieder verwenden und sich auf die Programmierung neuer benötigter Funktionen konzentrieren. Bei allen Vorteilen einer SOA stellen Web-Services jedoch auch hohe Anforderungen an die Netzarchitektur eines Unternehmens. Da sie von verteilten Standorten aus mittels standardisierter XML-Schnittstellen (Extensible Markup Language) kommunizieren, kommen Datenpakete aus den verschiedensten Standorten des Netzwerks zusammen. Dadurch erhöht sich nicht nur das Aufkommen an zu übermittelnden Paketen, sondern auch das Datenvolumen, denn XML benötigt eine beträchtliche Menge Platz: Experten schätzen, dass XML zwei bis 100 Mal so viele Bits für die Übertragung benötigen kann wie nicht XML-basierende Codes.

Networked Remote Storage

Was für die Anwendungsebene von Bedeutung ist, gilt auch für das Storage-Management: Die Prozesse einer Organisation hängen zunehmend vom Zugriff auf geografisch getrennte gespeicherte Daten ab – sei es nun bei Fusionen und Übernahmen anderer Unternehmen, zur Sicherstellung laufender Geschäftsprozesse oder auch zur Disaster Recovery. Inzwischen hat sich die Ad-hoc-Verfügbarkeit von weit verteilten Daten zu einem echten Wettbewerbskriterium entwickelt. Ein Grund mehr, warum leistungsstarke Wide Area Networks immer wichtiger werden und Unternehmen ihr Storage-Management neu strukturieren. Doch auch hier müssen zwischen den Teilnehmern eines Netzes enorme Datenmengen hin und her bewegt werden, deren Versand zudem zeitkritisch ist und keine Verzögerungen oder Ausfälle duldet. In SANs (Storage Area Networks) galt es seit jeher, ein höchstmögliches Datenvolumen in kürzester Zeit auf niedrigstmöglichem Übertragungs-Layer zu übermitteln – und das jederzeit transparent für den Anwender. In klassischen Transportnetzen basiert Storage-Traffic auf "handshaking protocols", also Quittierungsprotokollen, die ursprünglich für Operationen innerhalb eines einzelnen Rechenzentrums konzipiert wurden. Sobald jedoch Storage-Systeme remote angesteuert werden, benötigen ihre Transportprotokolle "channel extension"-Technologien, um die Input- und Output-Geschwindigkeit der Datenpakete so hoch und Latenzzeiten so gering wie möglich zu halten.

Grid Computing

Die wohl aktuellste Erscheinung, deren Auswirkungen sich in Wide Area Networks bemerkbar machen, ist das Grid Computing. Ein Grid steuert und koordiniert Ressourcen, die keiner zentralen Instanz untergeordnet sind. Angetrieben durch die Notwendigkeit, zwischen heterogenen Rechen- und Speichereinheiten zu interoperieren, soll Grid Computing Redundanzen in der Datenvorhaltung innerhalb der Einzelsysteme eines WAN auf ein Minimum reduzieren und Rechenkapazitäten erweitern. Die daraus entstehenden Einsparpotenziale - sowohl an Speicherplatz und Rechenkraft als auch aus finanzieller Sicht - eröffnen einigen Experten zufolge einen 20 Milliarden Dollar schweren Markt. Doch dieses Konzept hat ebenfalls seine Schwachstellen: Grid Computing ermöglicht zwar enorme Rechenoperationen auch über weite Distanzen, arbeitet aber alles andere als zeitkritisch. Wer heute Grid Computing nutzen will, um standortübergreifend zeitkritische Anwendungen zu fahren, der muss einfach viel zu viel Code überarbeiten. Damit Applikationen Grid-fähig werden, müssen sie zuerst neu übersetzt und getestet werden. Das verlangsamt die Einführung von Echtzeit-fähigen Grid-Computing-Strukturen.

Adaptive WANs

Anpassbare Wide Area Networks (WAN) oder Adaptive WANs bieten eine offene und hochgradig skalierbare Infrastruktur, die auch den aus SOA, Network Storage Management und Grid-Computing entstehenden Herausforderungen gerecht wird. Sie übernehmen die Methoden und Technologien der Remote Storage Connectivity für die Datenübertragung in Datenverkehrsnetzen. Bei der Nutzung eines flexiblen WAN wird der Inhalt der Datenpakete anders als bei anderen Verfahren wie zum Beispiel bei Enhanced Messaging Handling nicht eingesehen. Das spart Zeit. Das System kann sich also voll auf den unmittelbaren Transport des Datenvolumens konzentrieren und nutzt dabei die effizienten ISO-Layer 1 und 2. Ein Verfahren, das sich also hervorragend für eine Service-orientierte Architektur eignet.

Während Anwendungen wie Intranet, E-Mail und File-Sharing, die in puncto Datenvolumen und Übertragungszeit nicht sehr anspruchsvoll sind, in WAN-Architekturen zwischen räumlich weit voneinander entfernten Standorten gut laufen, sieht das bei Web-Service-Anwendungen schon anders aus. Da XML das Datenvolumen deutlich nach oben treibt, erhöht sich auch die benötigte Bandbreite. Moderne Plattformen sind aber in der Lage, Daten so effizient zu komprimieren und zu übertragen, dass sie in sehr kleinen Paketen übermittelt werden können. Auf diese Weise erreicht die Performance von Stadt- oder Weitverkehrsnetzen nahezu die von lokalen Netzen. Eine solche Plattform kann alle gängigen Protokolle auf einem einzigen Kanal bündeln und über ein Sonet/SDH-Netz übertragen. Solche Netze bieten ein großes Maß an Performance, Sicherheit und Verlässlichkeit und sind für eine Datenübertragung von 155 Mbit/s bis 2,5 Gbit/s verfügbar.

Eine derartige Leistungsspanne lässt genügend Spielraum für den Ausbau geografisch verteilter Netzwerke – unabhängig davon, ob sie Web-Services, Network Remote Storage oder Grid Computing nutzen. (mb)