Klaus Höffgen, Delvag

Wie man aus zwei IT-Bereichen einen macht

10.12.2012
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Die Aufgabe, zwei getrennt arbeitende IT-Bereiche zu integrieren, hat Klaus Höffgen gelöst. Jetzt will der CIO der Delvag Luftfahrtversicherungs AG, den IT-Beitrag zum Unternehmenswert verbessern.
Klaus Höffgen, CIO der Delvag Luftfahrtversicherungs AG
Klaus Höffgen, CIO der Delvag Luftfahrtversicherungs AG
Foto: Klaus Höffgen, Delvag Luftfahrtsversicherungs AG

Dünne Bretter können andere bohren. Dank seiner Erfahrung als Vice President bei Gartner Consulting (2000 bis 2006) und Global Head of IT für die weltweite Vermögensverwaltung der West LB (1994 bis 2000) traute sich Klaus Höffgen zu, auch schwierige Situationen zu meistern. Dazu gehörte die IT-Restrukturierung der Delvag Gruppe. Dass und wie ihm das gelungen ist, katapultierte den promovierten Informatiker unter die zehn besten CIOs des deutschsprachigen Mittelstands.

2006 gab der neu angetretene Delvag-Vorstand die Zusammenführung der beiden IT-Organisationen in der Gruppe als strategisches Ziel aus. Bis dahin hatten die Delvag Luftfahrtversicherung und ihre Tochter Delvag Rück auf der einen sowie der Versicherungsmakler Albatros auf der anderen Seite separate, nicht immer stabile, dafür aber teure IT-Landschaften betrieben. Für die Konsolidierung suchte die Versicherungsgruppe einen neuen CIO - und fand Höffgen. "In dieser Situation ist es besser, jemanden von außen zu holen", sagt der Delvag-CIO rückblickend: "Ich kam ohne jeden Stallgeruch, und mir wurde eine gewisse Objektivität zugestanden."

Das Projekt in Einzelschritten

Der erste Schritt zu einer integrierten Umgebung war die Entwicklung einer für die gesamte Gruppe geltenden IT-Strategie, die seither jährlich weiterentwickelt wird. Parallel dazu restrukturierte Höffgen mit seinem Team die IT-Governance, die er 2009 noch einmal einer Revision unterzogen hat.

Ende 2006 implementierten die IT-Mitarbeiter der Delvag Gruppe einen prozessbasierenden Servicedesk mit Ticket-System. Auf der Produktseite entschied sich das Team für das Open-Source-Produkt OTRS. Ein anderes IT-Team konsolidierte gleichzeitig die Speichertechnik.

Von Juli bis Dezember 2007 lag das Programm auf Eis, weil die Unternehmenszentrale in ein neues Gebäude umzog. In der ersten Hälfte des folgenden Jahres stand dann die Restrukturierung der Release-Prozesse in der Anwendungsentwicklung an. Es folgte die Vereinheitlichung der Drucker.

Einen wichtigen Schritt tat die 20-köpfige IT-Mannschaft, zu der auch zwei Frauen zählen, von Juli 2009 bis August 2010: Sie konsolidierte die Server-Landschaft, um sie anschließend mit "vSphere" von VMware zu virtualisieren. Folgerichtig vereinheitlichte sie auch das Client-Management - mit "Enteo" von Front Range - und führte eine zentrale Softwareverteilung ein. Diese Arbeiten waren im Januar 2011 abgeschlossen. Ansonsten stand die zweite Hälfte des Jahres 2010 ganz im Zeichen des neuen Ausweichrechenzentrums.
Hunger nach Daten

Nachdem die Infrastruktur konsolidiert war, konnten sich Höffgen und sein Team endlich der Aufgabe zuwenden, die ein moderner IT-Bereich vorrangig erfüllen soll: dem Beitrag zum Unternehmenswert. Ein erstes Projekt ist bereits abgeschlossen. Das betraf die Einführung eines Web-Portals für Belegschaftsmakler, also für die Spezialisten der Delvag Gruppe, die sich um Versicherungen für die Mitarbeiter der Lufthansa und andere Firmenbelegschaften kümmern; sie können nun das Internet als zusätzlichen Vertriebskanal nutzen.

Hunger nach Daten

Derzeit macht sich Höffgen vor allem Gedanken, wie er den Datenhunger seiner Versicherungs- und Rückversicherungspartner stillen kann: "Die Versicherungsbranche ist im Umbruch", konstatiert er, "Themen wie Big Data und (Realtime) Analytics bestimmen die Diskussionen. Wir generieren immer mehr Daten, aber unsere Partner erwarten auch immer mehr Daten von uns." Mit der neuen IT-Landschaft haben die IT-Spezialisten der Delvag das Fundament gelegt, auf dem neue Analyseanwendungen umgesetzt werden können.

"Bislang halten sich technische Innovationen bei uns noch in Grenzen", räumt Höffgen ein, "aber wir sind quasi an einem Wendepunkt. In den nächsten Jahren werden wir uns in dieser Hinsicht kräftig weiterentwickeln." Beispielsweise arbeite die Versicherungsbranche in vielen Bereichen noch papierbasiert. Deshalb stehe die Digitalisierung von Prozessen ganz oben auf der To-do-Liste. Darüber hinaus sei es eine Überlegung wert, ob sich das Belegschaftsmakler-Portal nicht auch in anderen Versicherungsbereichen nutzen lasse.

ITler entdecken das Wir-Gefühl

Solo spielt Klaus Höffgen nur auf dem Cello.
Solo spielt Klaus Höffgen nur auf dem Cello.
Foto: Klaus Höffgen, Delvag Luftfahrtsversicherungs AG

Zu einem funktionierenden IT-Bereich gehören aber nicht nur eine integrierte Struktur und die richtige Projektauswahl, sondern auch das, was gemeinhin Kultur heißt. "Man muss die Leute im Change-Prozess mitnehmen", lautet Höffgens Credo. In diesem Fall habe es gegolten, die beiden IT-Bereiche erst einmal kompatibel zu machen, damit die Mitarbeiter "ein Wir-Gefühl entwickeln konnten". Keine leichte Aufgabe angesichts der oftmals eher introvierten IT-Spezialisten.

Beim Teambildungs-Workshop, den Höffgen nach Ablauf von etwa anderthalb Jahren anberaumte, wurde deshalb von den üblichen Rollenspielen abgesehen. Stattdessen verdeutlichte eine Schauspielertruppe in Form eines Sketches und anhand eines konkreten Beispiels, was innerhalb des IT-Bereichs und in der Kommunikation mit den internen Kunden schieflaufen kann.

Diese Taktik ist offenbar aufgegangen. Heute freut sich Höffgen über ein engagiertes und gut eingespieltes Team. Dem gebühre, da ist er sicher, ein Gutteil der Auszeichnung zum "CIO des Jahres", denn: "Der Trainer kann so gut sein wie er will; es wird ihm nichts nützen, wenn die Mannschaft nichts taugt."

Wenn Sie sich für den Wettbewerb interessieren, schicken Sie uns schon jetzt Ihre Kontaktdaten - an cio@computerwoche.de. Wir senden Ihnen im Frühjahr 2013 unseren Fragebogen zu. Der Bewerbungsschluss ist der 15. Mai 2013. (mhr)