Wie IT-Profis einen neuen Job finden

05.02.2003
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Viele Wege führen zum neuen Arbeitsplatz. Die Bewerber brauchen Eigeninitiative, ein gutes Selbst-Marketing und vor allem Ausdauer, wie die Beispiele von sechs IT-Spezialisten zeigen, die trotz Branchenkrise alle einen Job fanden.

Georg Unbehaun war Geschäftsführer einer Internet-Serviceagentur mit zeitweise 75 Mitarbeitern, bis die Dotcom-Krise auch seine Firma erfasste und er Mitte 2001 Insolvenz anmelden musste. Während einer zweimonatigen Auszeit in Italien wurde ihm bewusst, dass er angesichts der Arbeitsmarktsituation einen richtigen Vertriebsplan brauchte, um sich selbst zu vermarkten und eine neue Stelle in einer IT-Beratung zu finden.

In der Bewerbungsphase zog er alle Register: Er suchte in Jobbörsen und auf den Web-Seiten der Beratungsfirmen nach Vakanzen, besuchte die Firmen auf Messen und Karriereveranstaltungen, einen kleinen Flyer über die eigene Person immer dabei. Darüber hinaus versorgte er 150 Headhunter mit seinem Profil und informierte sich ausgiebig über die Firmen, bevor er sich bei ihnen bewarb. „Für mich war Bewerbung ein Ganztagsjob. Ich bin das Ganze wie ein Projekt angegangen“, schildert Unbehaun.

Georg Unbehaun: Bewerbung ist ein Ganztagsjob
Georg Unbehaun: Bewerbung ist ein Ganztagsjob

Während seiner Jobsuche erfuhr der 40-Jährige, dass die Insolvenz nicht wie ein Makel an ihm haftete. Im Gegenteil, er vermittelte in den Vorstellungsgesprächen glaubhaft, dass man auch von schlechten Erfahrungen profitieren kann: „Ob es die fehlende Scheu vor harten Entscheidungen, die Konsequenz in Denken und Handeln oder die hohe Belastbarkeit ist, alle diese Eigenschaften habe ich als Geschäftsführer gebraucht und kann ich auch jetzt als Leiter Communications bei Unilog einbringen.“

Unbehaun entschied sich bewusst für eine europäische Beratung, da er sich auf die Hire-und-Fire-Politik amerikanischer Unternehmen je nach Quartalsergebnis nicht einlassen wollte. Allerdings musste der ehemalige Geschäftsführer auch Abstriche in Kauf nehmen: „Ich bin kein General Manager mehr, muss mich in ein Team einfügen und einen Schritt zurücktreten.“

Projekterfahrung durch Fluthilfe

Ralf Lippold hatte als DV-Koordinator für die Dresdner Verkehrsbetriebe AG gearbeitet, bis sein Arbeitsplatz der internen Umstrukturierung zum Opfer fiel. „Ostern 2002 stand ich auf der Straße. Auf meine Bewerbungen gab es zunächst wenig Rücklauf. Als endlich im Sommer die ersten Einladungen zum Vorstellungsgespräch eintrafen, kam auch die Flut.“ Der studierte Betriebswirt zögerte nicht lange und meldete sich einige Tage später für die Initiative „Hilfe für Dresden“, der sich bald 150 ehrenamtliche Helfer anschlossen. In der eingerichteten Telefonzentrale gingen 1400 Anrufe am Tag ein, gearbeitet wurde rund um die Uhr. Da die meisten freiwilligen Helfer nach vier Wochen wieder zurück in ihren Beruf gehen mussten, wurde ein ABM-Projekt genehmigt.

Ralf Lippold: Profitierte von seinem Einsatz bei der Fluthilfe
Ralf Lippold: Profitierte von seinem Einsatz bei der Fluthilfe

Lippold zählte zu den wenigen Arbeitslosen, die logistische Erfahrungen mitbrachte - früher hatte er bei einem europäischen Dienstleister für den kombinierten Verkehr als Projektkoordinator für ein neues Programm zur Sendungsverfolgung gearbeitet. Darum übertrug man ihm die Leitung des ABM-Projekts mit 15 Mitarbeitern. Gestärkt durch die Projektverantwortung, verfolgte der 37-Jährige seine Bewerbungen weiter und ging in die Gespräche mit einer entspannteren Haltung. „Ich habe gesagt, was ich will und wo meine Stärken und Schwächen liegen. Ich organisiere lieber im Hintergrund, als dass ich vor vielen Leute präsentiere.“

Die Ehrlichkeit hat sich zusammen mit seiner beruflichen Erfahrung schließlich ausgezahlt: In wenigen Monaten tritt er seine neue Stelle bei einem Autokonzern im Bereich Transportlogistik/IT an. Sein Fazit: „Es bringt einen nicht weiter, nur zu Hause herumzusitzen. Arbeitssuchende sollen nicht lange diskutieren, sondern neue Wege einfach ausprobieren.“

Neue Chance durch alte Kontakte

Als der Dienstleister Popnet Ende 2001 Insolvenz anmeldete, hat es auch Ralf Papenberg in der Münchner Niederlassung erwischt. Zwar kaufte die große Werbeagentur BBDO die Reste der Internet-Firma auf, übernahm jedoch nur die Mitarbeiter, die Profit brachten. Der Systemadministrator Papenberg gehörte nicht dazu. Große Sorgen machte sich der 35-Jährige nicht: Schließlich hatte er im Gegensatz zu vielen Quereinsteigern ein abgeschlossenes Informatikstudium vorzuweisen und auch zehn Jahre einschlägige Berufserfahrung. „Ich dachte, ich bekomme ganz schnell wieder einen Job. Aber da hatte ich mich geirrt.“ Seine sehr guten Zeugnisse und die Tatsache, dass er ein sehr umgänglicher Typ ist, halfen in der Krise wenig.

Obwohl er sich meist online auf ausgeschriebene Stellen bewarb, musste er mitunter Wochen warten, bis er eine Eingangsbestätigung bekam. Oft hatte er 200 oder mehr Mitkonkurrenten um eine Stelle, eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch war da schon ein Erfolg, wenn auch ein seltener. Manchmal war der neue Arbeitsplatz zum Greifen nah, dann wurde die Stelle doch intern besetzt. Auch vom Arbeitsamt konnte Papenberg keinerlei Hilfe erhoffen: „Die haben keine Stellen und lassen einen in Ruhe.“