Wie Entwickler durch Podcasts lernen

25.08.2006
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Im Hochschulbereich zeigen die Initiativen in Augsburg und Osnabrück, was in Podcasting steckt. An der Universität Augsburg greifen Studenten der Medienpädagogik zum Mikrofon, produzieren ihre jeweiligen Podcasts als Referat und stellen sich anschließend der Diskussion, die auch virtuell auf der Lehrstuhl-Website geführt wird. An der Universität Osnabrück folgt man dem Vorbild der Stanford University, die ein eigenes Portal pflegt, unter dem sämtliche Vorlesungen als Audiodatei abonniert werden können. Tobias Thelen, Leiter E-Learning im Projekt "Virtuelle Lehre der Universität Osnabrück": "Während insbesondere Informatiker Lehrinhalte auf ihre Abspielgeräte laden, um diese zu vertiefen, wollen Medienpädagogen und Theaterwissenschaftler lieber eigene Podcasts produzieren." Schon seit Jahren stellen auch Politologen und Geografen multimediales Lernmaterial für die Studenten ins Netz.

Lernmaterial auf dem MP3-Player

Podcasting ist also nicht allein eine Spielwiese für verspielte Informatiker. Selbst als "technophob" apostrophierte Wissenschaftler erkennen das Potenzial fürs Lernen. Einer neueren Umfrage unter Osnabrücker Studenten zufolge besitzen 75 Prozent einen eigenen MP3-Player. Und 95 Prozent sind an Podcasts fürs Lernen sehr interessiert. Warum Podcasting für Hochschulen ernst zu nehmen ist, erläutert Nicolas Apostolopoulos, Leiter des Center für Digitale Systeme an der Freien Universität Berlin: "Studierende zu erreichen und Lernmaterial vielfältig bereitzustellen ist wichtig, vor allem weil unsere Hochschule keine traditionelle Campus-Universität, sondern örtlich verteilt ist."

Apostolopoulos zufolge bestand schon immer Bedarf, den Lehr- und Lernprozess ortsunabhängig zu gestalten, wo immer dies pädagogisch geeignet erscheine. "Mit Podcasting kommen wir diesem Wunsch deutlich näher." Freilich müsse es gute Gründe geben für den Einsatz der Technik: "Ein seriöser Hochschullehrer wird nicht den guten Ruf seiner Veranstaltung wegen unzulänglicher Technik aufs Spiel setzen." Die vornehmlich unter älteren Professoren verbreiteten Vorbehalte gegenüber digitalen Medien seien "zum Teil unbegründet", Technik und Support den Kinderschuhen längst entwachsen.

Kernelemente des Web 2.0

  • Barcamps: Der Begriff (exakt übersetzt: „Un-Konferenz“) bezeichnet Treffen, die Softwareentwickler meist ad hoc planen und organisieren. Barcamps folgen dem Bedürfnis, dass sich Menschen in einer offenen Umgebung austauschen und voneinander lernen können. Wer kommt, muss aktiv teilnehmen: etwa einen Vortrag halten oder Diskussionen moderieren. Alle Sprecher verpflichten sich, ihre Inhalte im Web zu veröffentlichen. Von 30. September bis 1. Oktober 2006 findet ein Barcamp in Berlin in den Räumen von Pixelpark statt.

  • Podcasting: Audiomaterial aus dem Netz wird sofort mit dem MP3-Player synchronisiert und so für den Anwender jederzeit verfügbar. Die seit vielen Jahren am schnellsten wachsende Anwendung im Netz, die per RSS-Feed automatisch geladen werden kann. Hat auch ihre Schattenseite (siehe Podfading).

  • Podfading: Weil ihre Urheber den Aufwand nicht richtig einschätzen oder zu ambitionierte Ansprüche verfolgen, verschwinden manche Podcasts schnell von der Bildfläche, was eine zuverlässige Zählung der existierenden Podcasts erschwert.

  • Weblogging: Mit „Tagebücher im Web verfassen“ nur unzureichend übersetzt. Ausdrucksmittel für Menschen, die sich im Internet zu einem oder mehreren Themen austauschen und vernetzen wollen.