Gründerszene

Wie ein Berliner Startup die Energiewende ankurbelt

19.02.2014
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Sie sind Unternehmensberater, IT-erfahren und Profis im Energiemarkt - gute Voraussetzungen für drei Gründer, die aktuellen Marktchancen zu nutzen.

Florian Tetzlaff und Philipp Pausder waren gerade mit zwei Beratungsteams ihrer gemeinsam gegründeten M&A-Firma Clean Venture in Dubai und Manila unterwegs, als 163 Kilometer vor Japans Nordostküste der Meeresboden bebte. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima war die Folge. In Manila, nur zwei Flugstunden von Fukushima entfernt, konnte Tetzlaff auf CNN mitverfolgen, wie sich die Atomwolke ausbreitete. Wenige Wochen später rief Angela Merkel die Energiewende aus. Die beiden Energieexperten wussten sofort: Diese Herkulesaufgabe kann nur gelingen, wenn die dezentrale Energieerzeugung stärker in den Mittelpunkt rückt.

Die Reaktorkatastrophe von Fukushima brachte Philipp Pausder (links) und Florian Tetzlaff auf die Idee der Firmengründung.
Die Reaktorkatastrophe von Fukushima brachte Philipp Pausder (links) und Florian Tetzlaff auf die Idee der Firmengründung.
Foto: Futurewatt

Online-Heizungsplaner errechnet alle Kosten

Die beiden Freunde beschlossen, ein Unternehmen im Bereich der dezentralen Energieerzeugung ins Leben zu rufen, und setzten dies schließlich im Mai 2012 mit der Gründung der Futurewatt GmbH um. Als Dritter im Bunde komplettierte Kristofer Fichtner als CTO das Gründungsteam. Futurewatt firmierte im Oktober 2013 zur Thermondo GmbH um. Ihr Angebot: ein Online-Heizungsplaner, der die Heizsysteme vieler deutscher Hersteller kennt und anbietet. Damit können sich Hausbesitzer ein Angebot für den Austausch ihrer alten Heizungsanlage erstellen lassen und ihre Heizkosten sowie den CO2-Ausstoß nach Angaben der drei Gründer um im Durchschnitt 40 Prozent senken. Das Angebot richtet sich gezielt an die Besitzer der 15 Millionen veralteten Heizungen in Deutschland, von denen knapp die Hälfte seit 15 Jahren oder länger in Betrieb ist. Thermondo arbeitet deutschlandweit mit 40 Meisterbetrieben zusammen, die den Ausbau der alten sowie die Montage einer neuen Heizung übernehmen. Angebote werden über den Online-Heizungsplaner anhand einiger Daten zur Beschaffenheit des Hauses und der vorhandenen Heizung erstellt. Interessenten können die anfallenden Kosten ermitteln und sich eine sogenannte Bestpreis-Garantie geben lassen.

Die Gründer kennen die Energiewirtschaft

Die drei Gründer sind Insider, die gemeinsam über die Erfahrung von vier Firmengründungen sowie fast 20 Jahren in den Bereichen Energiewirtschaft und Unternehmensberatung verfügen. Philipp Pausder, der seine Karriere bei Adidas im Marketing begann und anschließend für eine schwedische Strategieberatung als Projekt-Manager arbeitete, gründete 2010 zusammen mit Florian Tetzlaff ein M&A-Unternehmen mit Schwerpunkt in den Bereichen Technologie und Energie. Er ist zudem Träger des Preises "Global Champion of Sustainable Innovation 2007" (Thunderbird University, USA), verliehen für seine Arbeit in der Geschäftsmodell-Entwicklung für Schwellenländer.

Sein Kollege Tetzlaff, mit dem er schon im Alter von 16 gemeinsam Europa im Interrail-Zug erkundete, war 1999 mit der Website stromkostensenken.de in den Markt eingestiegen. Er ist Experte für Biomasse, Biogas und alternative Brennstoffe und hat früher Mittelständler und Konzerne der Entsorgungs- und Energieindustrie beraten. Kristofer Fichtner hat über Jahre hinweg Energiekonzerne als Management-Berater unterstützt und danach zwei Startups im Mobile-Bereich aufgebaut. Mit seiner Leidenschaft für Technologie, Energiewirtschaft und Nachhaltigkeit ist er bei Thermondo für die Prozesse und Technologie zuständig.

Mit Eigenkapital und EU-Geld

In den ersten Phasen der Gründung finanzierten Pausder, Tetzlaff und Fichtner ihr Startup nur mit eigenem Kapital. Im Juli 2013 stiegen Beteiligungsgesellschaften ein und ermöglichten weiteres Wachstum. Dank seines umweltschonenden Geschäftsmodells wurde Thermondo (damals noch als Futurewatt) 2012 zudem als erstes Startup in Deutschland vom European Institute of Innovation and Technology (EIT) im Rahmen von dessen Klima-Netzwerk "climate-KIC" in die höchste Förderstufe aufgenommen und wird aus EU-Fördermitteln unterstützt.

Schon wenige Monate nach dem operativen Start erneuerte Thermondo pro Monat erheblich mehr Heizungen als ein durchschnittlicher Handwerksbetrieb in einem Jahr. Das Unternehmen verfügt mit seinen Partnerbetrieben über eine Kapazität für rund 200 Heizungswechsel monatlich. In Kürze will Thermondo eine Lösung für Stadtwerke auf den Markt bringen; die ersten zwei Pilotprojekte stehen kurz vor der Unterschrift. Auf diese Weise wird auch den Stadtwerken, die unter den niedrigen Margen im Bereich der Energieerzeugung leiden, ein Zugang zu diesem Geschäftsmodell eröffnet. (hk)