Wie dumm darf ein Terminal sein?

11.11.1977

"In kaum einer anderen Branche vollzieht sich gegenwärtig eine vergleichbar stürmische Hinwendung zu arbeitsplatzorientiertem EDV-Einsatz wie im Kreditgewerbe", erklärte Wolfgang Dernbach, Diebold Deutschland GmbH, in seinem Referat "Neue Hardware für die Kommunikation am Arbeitsplatz", anläßlich der Systems-Seminarreihe "Kreditwirtschaft" in München. Weniger als in anderen Branchen stelle sich dem Anwender indes die Frage, ob dieser Arbeitsplatz "intelligent" oder "dumm" sein müsse, vielmehr stünden hier die "nichtquantifizierbaren Vorteile" der Dialogverarbeitung im Vordergrund. Auch höhere Hardware-Kosten würden - so Dernbach - oft in Kauf genommen, wenn der "Arbeitsplatz" stimme. Eine Umfrage bei 30 deutschen Kreditinstituten, die Dieter Kreuzer, Allda-Service, München, bei seinem Vortrag zur Diskussion stellte, ergab, daß reine Druckterminals und intelligente Datenstationen nur relativ selten eingesetzt werden. "Renner" sind "dumme" Bildschirme, Kassenterminals und in zunehmendem Maße COM-Geräte. CW befragte vier Systems-Referenten zum Schlagwort "Intelligenz - ja oder nein?"

Alfred Richter, Sprecher des Vorstands, Verbraucherbank AG, Hamburg

Das Organisationskonzept eines Online-Verarbeitungssystems wird von der zu verarbeitenden Quantität, aber auch von der Qualität der Leistungsdarstellung weitgehend bestimmt. Bei einschneidenden organisatorischen Umstellungen sind nach dem gegenwärtigen Stand der Erfahrungen dabei im Kreditwesen Universal-Terminals zweckmäßig, die durch Online-Verbindungen vielfältig genutzt, die gesamte Leistungsdarstellung bis an den Point of Sales bringen sollten. Ausschlaggebend ist hierfür auch weitgehend die vom Verkauf der Bankprodukte bestimmte Unternehmensphilosophie. Soweit sie Selbstbedienung mit Hilfe von Schalterterminals im Kreditwesen anstrebt, sind dem Umfang der Intelligenz des Schalterterminals, da es für den Endbenutzer benutzbar bleiben muß, Grenzen gesetzt.

Die Frage der Leitungskonzeption scheint mir jedoch weitgehend eine Frage der quantitativen Probleme zu sein. Die SNA-Technik hat sich hierbei für weitergehende Lösungen im Kreditwesen nicht immer als die flexibelste Methode gezeigt.

Es wird meines Erachtens in den nächsten fünf Jahren sehr stark davon abhängen, ob die Kreditinstitute innovationsfreudig genug sind, um unkonventionelle Lösungen über Universal-Terminals mit vertretbar hoher Intelligenz ihren Kunden zuzumuten. Nach den Erfahrungen unseres Instituts kann die Schwelle der Zumutung an die Kundschaft höher gesetzt werden, als im Kreditgewerbe gemeinhin zur Zeit vermutet wird. Eine zu große Spezialisierung und damit auch Beschränkung der Intelligenz von Schalterterminals ist meiner Meinung nach nachteilig für jeden Weg in diese Richtung. Selbstbedienung im Bankgeschäft wird aber kommen müssen, weil anders die "Produktionskosten" des Mengengeschäftes der Bank schon in absehbarer Zeit gar nicht mehr durch akzeptable Preise darstellbar sein werden.

Hinzu tritt die Problematik der Leistungsbereitschaft außerhalb der Schalteröffnungszeiten.

Manfred Czerwenka, Abteilungsleiter, Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, München

Speziell im Bankenbereich wird man künftig ohne "Intelligenz vor Ort" nicht mehr auskommen. Unser Konzept für die nächsten Jahre geht dahin, in allen Außenstellen programmierbare Terminalsysteme einzusetzen, die in etwa der Größenklasse der früheren IBM 360/20 entsprechen. Die Systeme müssen mit der Zentraleinheit kommunizieren, also Auskünfte erteilen können und den Schalterbeamten weitestgehend von seiner Schreibarbeit entlasten. Der Sachbearbeiter muß künftig in der Lage sein, Überweisungen direkt in das System eingeben zu können und Überträge innerhalb einer Bank umgehend durchführen, der bis dato übliche Papierkrieg muß bis auf ein Minimum reduziert werden. Bezieht man in die Beantwortung der Frage noch die Systeme ein, die in nicht allzu weiter Zukunft als selbständige KassenschaIter eingesetzt werden, wird sich auch der Kunde mit dieser Intelligenz auseinandersetzen müssen. Wir versprechen uns aber doch einige Vorteile von diesen Lösungen.

Von derartigen Systemen verlangen wir, daß sie den Kunden einwandfrei identifizieren, er muß seine Wünsche über eine Tastatur eingeben können und auf Abruf Kontoauszüge ausgedruckt bekommen. Damit wir auf diese Weise den Kontakt zu unserer Kundschaft nicht gefährden, müssen diese Schalterautomaten auch in der Lage sein, Nachrichten an den Kunden zu speichern und bei entsprechender Betätigung abzugeben.

Wolfgang Dernbach, Mitglied der Geschäftsleitung für organisatorische und technische Planung komplexer Organisationsvorhaben, Diebold Deutschland GmbH, Frankfurt

In kaum einer anderen Branche vollzieht sich gegenwärtig eine vergleichbar stürmische Hinwendung zu arbeitsplatzorientiertem EDV-Einsatz wie im Kreditgewerbe. Dies gilt nicht für Groß- oder mittlere Unternehmen mit weitem Zweigstellennetz, auch Institute mit niedriger Bilanzsumme stellen ihre Arbeitsabläufe auf diese Technik ein. Diese Entwicklung wird, von einer Reihe organisatorischer und wirtschaftlicher Änderungen gefördert:

- die zunehmende Orientierung der Kreditinstitute am Markt - sie stellt neue Anforderungen an die Ablauforganisation, - die Steigerung der Personalkosten - sie zwingt

zur Rationalisierung.

Die technischen Voraussetzungen für diese Kommunikation am Arbeitsplatz liegen seit Jahren vor. Versucht man jedoch, sich einen Überblick über den Markt zu verschaffen, so muß man zuerst das Dickicht an absatzpolitischen Schlagworten der Hersteller beiseite räumen und den Zweck des Hardware-Einsatzes in Erinnerung rufen: Maßgebend für die Auswahl der Geräte sind die Funktionen, die am Arbeitsplatz verlangt werden. Das technische Konzept letztlich, ob ein "intelligentes" oder "unintelligentes" Terminal eingesetzt wird, ist zweitrangig, solange die Sicherheitsanforderungen und die Ansprüche an die Kommunikationsfähigkeit durch die vorhandenen Systeme erfüllt sind.

Die Variabilität und Anpassungsfähigkeit der Lösungen stellen beträchtliche Anforderungen an den Anwender, wenn er bestrebt ist, die am besten geeigneten Lösungen auszuwählen. Wichtig ist, zuerst die Anforderungen zu definieren:

- die Funktionen, die an den Arbeitsplätzen verlangt werden - die Betriebsanforderungen durch vorhandene Installationen.

Ohne diese Vorarbeit besteht die Gefahr, daß die Hardware - auch "dumme" oder "intelligente" Terminals - nicht nach den Arbeitsplatzanforderungen ausgewählt wird, sondern nach den derzeit aktuellen "Schlagworten".