Open Innovation bei der MMI

Wie die Messe München ihr Geschäftsmodell erweitert

02.04.2015
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Die Aussteller der Sportartikelmesse ISPO können jetzt 365 Tage im Jahr Kontakt zu ihren Kunden halten. Dazu stellt ihnen die Messe München International (MMI) eine Plattform für "Open Innovation" zur Verfügung.

Alljährlich ist dieISPO für Münchendas, was man einen Mega-Event nennt: Alte Bekannte fragen an, ob sie einen mal wieder besuchen dürfen, Personal Trainer haben plötzlich keinen Termin mehr frei, weil sie sich als Messemodells gutes Geld nebenher verdienen, und alle anderen versuchen, eine Eintrittskarte für die Fachmesse zu ergattern. Dort geben sich vier Tage lang Sportartikelhersteller aus aller Welt ein Stelldichein und bieten den Händlern an, wovon sie glauben, dass der Endkunde es haben will.

Plattform für kollaborative Entwicklung

Aus Sicht von Nina Schniering, Leiterin Unternehmensentwicklung bei der Messe München, ist das traditionelle Format einer Fachmesse hier durchaus noch zeitgemäß: "Der persönliche Kontakt ist nicht zu ersetzen. Aber wir müssen mehr tun." Und was wäre das? "Wir müssen unser Geschäftsmodell erweitern - von vier Tagen im Jahr auf 365 und von der Vermittlung über die Händler zum direkten Austausch zwischen Hersteller und Endkunde. Sonst sind wir in den 360 Tagen zwischen den Messen angreifbar."

Deshalb hat die Messe München schon 2010 begonnen, eine neue Strategie auszuarbeiten. "Wir managen Geschäftsbeziehungen", so Schnierings Einleitung ins Thema, "und das können wir offline wie online." Selbstverständlich haben die unterschiedlichen Messen in München längst ihre eigenen Online-Auftritte. Aber da geht noch mehr.

Nina Schniering, Leiterin Unternehmensentwicklung bei der Messe München: "Der persönliche Kontakt ist nicht zu ersetzen"
Nina Schniering, Leiterin Unternehmensentwicklung bei der Messe München: "Der persönliche Kontakt ist nicht zu ersetzen"

Das neue Projekt nennt sich Open Innovation. Es besteht im Kern aus einer sozialen Web-Plattform, auf der die potenziellen Aussteller ihre Zielgruppe direkt am Design und der Entwicklung ihrer künftigen Produkte beteiligen können. "Wir verbinden die Hersteller mit den Endkunden, indem wir eine Umgebung für kollaborative Produkt- oder Serviceentwicklung und deren Tests bereitstellen", sagt Schniering. Seit Dezember 2013 offeriert die MMI diese Plattform den Ausstellern der ISPO. Sukzessive soll sie auch für die Teilnehmer anderer Veranstaltungen angepasst und geöffnet werden.

Zugunsten der ISPO als Pilotmesse habe man sich vor allem aus zwei Gründen entschieden, so Schniering: Zum einen habe die Sportartikelmesse eine junge, online-affine Zielgruppe, zum anderen sei der Zeitraum zwischen den Messen mit zwölf Monaten relativ kurz - im Vergleich zu den großen Investitionsgütermessen, die nur alle paar Jahre stattfinden.

Maßgeschneidert aus der Cloud

Für die Umsetzung ließ sich die Messe mit dem MünchnerCrowdsourcing-Experten Innosabi ein. Er stellt die technische Plattform aus der Cloud heraus zur Verfügung und steht auch für die Beratung der Kunden zur Verfügung.

Es handelt sich dabei jedoch keineswegs um eine Standardsoftware, wie Schniering beteuert. Vielmehr wurde das System für die Messe München maßgeschneidert - ständige Weiterentwicklungen eingeschlossen. Und es läuft auch unter der Marke der MMI.

Im Projektteam arbeiten neben den Innosabi-Experten auch vier Mitarbeiter der Messe München. Die interne IT-Abteilung hingegen war bei diesem Projekt nicht direkt involviert. "Ich hätte gern eine eigenentwickelte Lösung gehabt", sagt Schniering. "Aber unsere IT hätte gar keine Kapazität dafür gehabt." Da es sich um ein Business-Projekt handelte, wurde es auch nicht über das IT-Budget finanziert. Vielmehr griff man in den Topf, der den "Neuentwicklungen" vorbehalten ist.

Dass sich die Messe München für Innosabi entschieden hat, hängt nicht nur mit der räumlichen Nähe zusammen - obwohl es für Schniering nach eigenen Angaben schon ein "pragmatisches" Argument war, dass man sich häufig und ohne großen Aufwand sehen könne. Entscheidend seien die Kriterien Technologie und Kosten gewesen - vor allem aber die Möglichkeit, das System flexibel an die eigenen Anforderungen anzupassen.