Best-Practice-Beispiele

Wie die IT grün wird

11.11.2010
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Green IT interessiert die politische Prominenz

Gutes tun und darüber sprechen lohnt sich auch im Marketing. Bei der Einweihungsfeier ihres Öko-Gebäudes im September 2008 begrüßte die Heinrich-Böll-Stiftung nicht weniger als 700 Gäste und Mitarbeiter. Auch der damalige Bundespräsident Horst Köhler gab sich die Ehre. Es zeigt sich also, dass Green-IT-Projekte sehr wohl die Aufmerksamkeit der politischen Prominenz gewinnen, weil sie als gesellschaftsrelevant angesehen werden.

Die Stiftung ist noch aus einem anderen Grund einer Erwähnung wert: Entgegen oft geäußerten Kommentaren, wonach ein Rechenzentrum stark heruntergekühlt werden sollte, läuft ihr Data Center bei angenehmen 23 bis 27 Grad. Für ein eher warmes Raumklima im RZ wirbt auch der RZ-Dienstleister Strato AG. Die dortigen IT-Verantwortlichen sagen, moderne Systeme ließen sich problemlos bei 25 bis 30 Grad Celsius betreiben. Auch die Daimler AG hat festgestellt, dass man ein Data Center durchaus bei höheren Temperaturen betreiben kann. Ähnliche Ansichten vertreten mittlerweile eine ganze Reihe von IT-Managern.

Freie Kühlung

Die Strato AG hat zudem mit ihrem Projekt bewiesen, wie wirkungsvoll über eine direkte freie Kühlung Wärme aus einem RZ abgeführt und kühle Luft von außen zur Temperierung des Data Centers angesaugt werden kann. Dies geschieht ohne oder nur mit geringem Energieeinsatz von Rückkühlanlagen. Für die Realisierung solch eines Konzepts entstehen laut Strato lediglich geringe Kosten. Schon nach weniger als zwei Jahren habe sich das Projekt rentiert. Die angewandte Methode ist zudem alles andere als Raketentechnik. Von großem Vorteil ist darüber hinaus, dass freie Kühlung einfach gewartet werden kann. Schließlich lässt sich bei diesem Verfahren mit Fug und Recht behaupten, dass mit Ressourcen schonend umgegangen wird.

Strato nennt für freie Kühlung allerdings eine wesentliche Voraussetzung: Die genutzten Geräte müssen in solch einem gekühlten RZ eine erhöhte Wärme- und Feuchtetoleranz aufweisen. Ist diese Voraussetzung gegeben, was in der Regel nur für neue Systeme und Komponenten gilt, könne man aber mit enormen Energieeinsparungen rechnen. Die Strato-Verantwortlichen verschweigen nicht, dass Überzeugungsarbeit nötig war, um das Konzept der freien Kühlung zu realisieren. Immerhin lässt man damit im Data Center Temperaturschwankungen und ein - wie es Kühlungsexperten nennen - größeres Feuchteband zu.

Wer die fast schon religiös anmutenden Dispute um die "richtige" Temperatur in einem Rechenzentrum kennt, weiß, welche Überzeugungsarbeit manchmal vonnöten ist, um ein ökologisch sinnvolles Kühlungskonzept durchzusetzen. Letztlich aber belegen auch die wesentlich niedrigeren Stromkosten bei freier Kühlung die Richtigkeit des Ansatzes. Allerdings hat Strato bei seinem Freiluftprojekt einige Erfahrungen machen müssen, die für andere Unternehmen sehr lehrreich sein dürften.