Generation Y

Wie die Chefs von morgen ticken

09.09.2013
Von  und Lin Freitag
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

"Vertrauen herstellen und Perspektiven aufzeigen"

Gut, aber das alleine ist ja noch kein großer Unterschied zu früher. Was zählt denn zusätzlich zu den von Ihnen genannten Faktoren?

Marius Möller: Relevanz. Die Leute wollen vor allem sinnvolle Dinge tun. Und da können Sie so viel Geld auf einen Haufen schmeißen, so viel Team-Spaß versprechen, wie Sie wollen - wenn ihre Firma gesellschaftlich problematische Dinge tut, dann kommen die Talente nicht. Keiner will sagen, dass er für ein problematisches Unternehmen arbeitet.

Sophia von Rundstedt: Wichtig ist auch, Vertrauen herzustellen und Perspektiven aufzuzeigen. Ich muss als Arbeitgeber nicht nur wissen, in welcher Lebensphase sich mein Mitarbeiter befindet, sondern auch adäquat darauf reagieren. Mir erzählte neulich eine Frau, dass sie ihrem Chef gesagt hatte, dass sie schwanger sei. Der reagierte total geschockt und erklärte lang und breit, warum das unmöglich sei in ihrer Position. Als der Chef endlich fertig war, sagte sie nur: Es ist übrigens mein zweites Kind.

Jutta Rump: Die Generation Y fordert Aufmerksamkeit, Fürsorge und Wertschätzung von ihren Kollegen und vor allem von ihren Chefs. Sie sind meist sehr behütet aufgewachsen, haben als Kind hohe Aufmerksamkeit und viel Fürsorge erfahren und kommen gar nicht auf die Idee, dass das im Beruf anders sein könnte. Doch diese Erwartungshaltung ist oft nicht kompatibel mit dem Führungsverständnis in vielen Unternehmen. Vor allem, wenn es sich dabei um hartgesottene Vertreter der Nachkriegsgeneration handelt, die gehen damit ganz anders um. Für Ältere ist das permanente Feedback sogar eher bedrohlich, weil sie es gewohnt sind, nur bei besonders guten Leistungen eine Rückmeldung zu bekommen. Getreu dem Motto: Nicht geschimpft ist schon gelobt.

Dafür gibt es unter anderem Mitarbeitergespräche ...

Jutta Rump: Die in den meisten Unternehmen nur als lästige Pflichtaufgabe verstanden werden. Unternehmen müssen sich über das Potenzial ihres Nachwuchses schon früh ein regelmäßiges Bild machen und den Besten aus dem eigenen Nachwuchs das Gefühl geben, dass man auf sie setzt, sonst sind sie bald weg. Und wenn die Führungskräfte nicht mit ins Boot genommen werden, dann kann man auch nur bedingt Talente entdecken.

Jan Rinnert: Wir haben seit vier Jahren eine Art Marktplatz, auf dem die individuellen Beurteilungen der einzelnen Mitarbeiter zusammengeführt werden. Da sprechen Management und Personalentwicklung über alle Mitarbeiter ab einer gewissen Führungsebene sowie unsere Talente und ihre Leistung, ihr Potenzial wird eingeordnet. Dann wird für jeden Mitarbeiter festgelegt, welche Schritte folgen sollen. So verstärken wir die Transparenz im Unternehmen und machen Personalentwicklung zur Gesamtunternehmensaufgabe. Dieser Prozess ist sehr zeitintensiv, dauert ungefähr anderthalb Tage für die jeweiligen Funktionen und Bereiche, aber so bekommen wir einen guten Überblick.

Jutta Rump: Führungskräfte müssen eine klare Vorstellung davon haben, welche Talente sie in welche Richtung entwickeln. Sie müssen Perspektiven aufzeigen. Wer das nur halbherzig oder gar nicht macht, sollte auf der nächsthöheren Führungsetage antanzen und Rede und Antwort stehen müssen. Schließlich verbaut er so nicht nur motivierten Talenten die Zukunft, sondern auch seinem Unternehmen.

Roundtable mit Sophia von Rundstedt, Geschäftsführerin der Personalberatung von Rundstedt & Partner,
Jan Rinnert, stellvertretender Vorsitzender des Technologiekonzerns Heraeus,
Marius Möller, Personalvorstand der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC und
Jutta Rump, Professorin für Personalmanagement an der FH Ludwigshafen, im Gespräch mit WirtschaftsWoche.

(Quelle: Wirtschaftswoche)