SOA in der Automobilindustrie

Wie Daimler den PKW-Vertrieb beschleunigt

27.11.2008
Von Gunter Maag  und Dirk Gernhardt

Kunden konfigurieren PKWs online

Konfiguriert ein Kunde sein Fahrzeug zu Hause in liebevoller Kleinarbeit vor dem Rechner und erhält dann beim Händler die Antwort, dass die gewünschte Fahrzeugkonfiguration leider nicht baubar ist, dann ist Frust auf Kundenseite vorprogrammiert. Um geweckte Erwartungen gar nicht erst enttäuschen zu müssen, hat das Projektteam eine Baubarkeitsprüfung und einen Konfigurationsservice entwickelt. Damit lassen sich Fahrzeugkonfigurationen auf die technische Baubarkeit hin prüfen und nötigenfalls Optionen anzeigen, wie die Baubarkeit erlangt werden kann. Diese Services werden heute schon beim Ordering eingesetzt und sollen in Zukunft auch vom Internetkonfigurator genauso genutzt werden wie vom Verkäuferportal. Für das einwandfreie Funktionieren müssen die Daten konsistent und aktuell sein, die komplexe Prüflogik sollte nur einmal implementiert und die Produktdaten und -regeln nur einmal gepflegt werden müssen.

Der klassische Rat aus der SOA-Literatur, die Domänen und Komponenten nach fachlicher Verantwortung zu trennen und den richtigen Schnitt zwischen geschäftsprozess- und geschäftsobjektorientierten Domänen zu finden, hilft hier weiter. Es reicht nicht aus, Produktdaten an einer Stelle im System zu pflegen und dann zu verteilen. Vielmehr verwaltet die geschäftsobjektorientierte Domäne "Produkt" die Produktdaten und bietet zusätzlich Baubarkeitsprüfungen und Konfigurationsdienste für alle Nutzer an. Der Konfigurationsdienst darf so zum Beispiel nicht allein für den Internetkonfigurator in einem entsprechenden Projekt entwickelt werden, sondern ist kontextfrei mit dem Produktstammdatensystem zu entwickeln und kann dadurch von vielen unterschiedlichen Nutzern eingesetzt werden.

Seit dem Jahr 2005 prüft Daimler Fahrzeugkonfigurationen mit Hilfe der neuen Baubarkeitsprüfung. Der Konfigurationsdienst ist seit April 2008 produktiv. Darüber hinaus wird derzeit ein Verkäuferportal, das sowohl den Konfigurations- als auch den Ordering-Dienst nutzt, spezifiziert und in den nächsten Jahren eingeführt. So arbeiten alle Nutzer mit den gleichen und damit konsistenten Daten und vermeiden Verwechselungen oder Verzögerungen. Auch in puncto Geschwindigkeit sieht sich Daimler vorne: Die Zeitspanne, die benötigt wird, um eine Produktdatenänderung oder neue Produktdaten vom Zentralvertrieb an die lokalen Marktsysteme zu geben, reduziert sich mit dieser Anwendung von sechs Wochen auf einen einzigen Tag.