Interview mit Cisco-Manager Rowan Trollope

Wie Cisco das Collaboration-Geschäft wiederbelebte

23.09.2016
Von John Dix und


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.

"Die Frage ist: Was würde Apple mit Ciscos Collaboration-Geschäft anstellen?"

Network World: Das bedeutet, Sie fingen bei Video an und widmeten dann Ihre Aufmerksamkeit den anderen Teilen aus Ciscos Collaboration-Portfolio?

Trollope: Video war der Bereich, wo ich die unmittelbarste Chance sah, doch dann wandten wir unsere Aufmerksamkeit dem Voice-Bereich zu. Wenn Sie Ciscos Collaboration-Business betrachten, dann ist da Voice mit rund zwei Milliarden Dollar, dann gibt es Web-Conferencing mit einer Milliarde und Videoconferencing mit ebenfalls einer Milliarde.

Und wirklich: Die am Beispiel Videokonferenzen beschriebene Strategie funktioniert in allen Bereichen: Mehr Ressourcen für weniger Produkte, sie verbessern, auf die Benutzerfreundlichkeit achten und den Preis senken. Als wir sie im Bereich Video anwendeten, hob das Geschäft ab. Im ersten Jahr nach dem Release der neuen Produkte wuchs es um 67 Prozent.

Es ging aber auch darum, die Teams davon zu begeistern, was möglich ist. Ich bin in keinem dieser Punkte ein Experte. Aber ich weiß, dass jedes Büro mit Technik ausgestattet wird und jede Person diese modernen Werkzeuge erwartet, wann immer ein Gespräch geführt wird. Daher handelt es sich hier eigentlich um ein wirklich großes Business und nicht um etwas, was wir nur am Rande zu managen versuchen.

Beim Voice-Geschäft etwa müssen wir aufhören darüber nachzudenken, wie wir in diesem Jahr eine weitere Milliarde Dollar an Telefonen verkaufen. Wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass das Mobiltelefon das Tischtelefon ersetzen könnte.

Ich verbrachte im ersten Jahr Wochen damit, meinen Managern die Frage zu stellen: 'Was ist die Zukunft des Tischtelefons?' Ich sagte: 'Wenn Sie das Führungsteam bei Apple nähmen und hier reinsetzten, damit sie das Collaboration-Geschäft von Cisco betreiben, was würden sie tun?' Sie würden sagen: 'Gut, wir haben gerade erst die persönliche Kommunikation großartig gemacht. Jetzt werden wir das Gleiche für das Business machen.'

Was bedeutet das? Wenn Mobiltelefone offensichtlich die Zukunft sind, warum bauen wir immer noch Tischtelefone? Vielleicht sollten wir hier etwas anderes tun. Das war eigentlich die treibende Kraft hinter der Partnerschaft mit Apple.

Wir gingen also zu Apple und sagten: 'Hey, wir wollen aus dem iPhone ein unglaubliches Tischtelefon machen, was es heute noch nicht ist. Es kann nicht alles, was Ihr Bürotelefon kann. Es gibt Dinge, die wir es besser für Unternehmen machen könnten, und es gibt Dinge, die Unternehmen daran hindern, ihre Mobiltelefone zu nutzen und das aus einer ganzen Reihe an Gründen.'

So, Bang, wir starteten den Prozess, der zu einer Vielzahl von Integrationen in iOS 10 führte. Wir entwickelten iOS 10 gemeinsam mit Apple, damit es in der Lage ist, ein nativer Client für die Business-Kommunikation zu sein. Das war eine Möglichkeit, anders über dieses Geschäft zu denken.

Network World: Haben Sie einen Teil dieses Design-Aufwands auch auf traditionelle VoIP-Telefone angewandt?

Trollope: Auf der Telefon-Seite machten wir das Gleiche: Wir reduzierten die Anzahl der Produkte drastisch und gestalteten sie neu. Ich brachte sie zu den besten Designern, die wir in Skandinavien haben und ließ sie die Hardware neu gestalten. Und wir machten das Betriebssystem nativ für die Cloud. Die Geräte aktualisieren ihr Betriebssystem genauso wie es iOS macht.

Ich betrachtete das Bürotelefon genauso wie ein Mobiltelefon. Warum ist es unterschiedlich? Warum kann man keine Apps darauf laufen lassen? Warum kann es nicht einfach nahtlos Teil Ihrer Benutzererfahrung sein?

Dieses VoIP-Telefon auf meinem Schreibtisch zuhause ist beispielsweise via WLAN angeschlossen und über die Cloud mit meinem Kalender verbunden. Es wusste, dass ich dieses Meeting habe und wie die Nummer lautete und auch, wie die Verbindung zur Telco geht. Ich drückte einen Knopf und zack war ich mit der Telco verbunden. Für die meisten Menschen bedeutet eine Telefonkonferenz, dass man eine zehnstellige Nummer plus einen achtstelligen PIN plus ein Passwort eingibt und dann vier Mal das Falsche tippt, etc.

Menschen hassen die Teilnahme an Meetings wegen all diesem Gedöns. Wir befassten uns intensiv mit diesem Punkt und sagten: 'Was, wenn wir die Mühen, sich in ein Meeting einzuloggen, aus der Welt schaffen? Was, wenn wir ein Produkt entwickeln, der diesen Vorgang komplett verändert? Das ist, was wir getan haben.

Network World: Ich vermutete immer, die Notwendigkeit für diese Erfahrung würde dieses Business in Richtung Microsoft tragen - angesichts der Tatsache, dass die Menschen in ihren Büroanwendungen leben.

Trollope: Das ist tatsächlich auch, was mir viele Menschen am Anfang sagten. Aber vor drei Jahren war ich der Ansicht, dass die E-Mail verschwindet und weitgehend durch Messaging abgelöst wird. Messaging eignet sich viel besser für Team-basierte, für schnelle, kurze, informelle Kommunikation eignet. E-Mail dagegen nervt.

Cisco hatte natürlich Jabber. Als ich mir Jabber ansah, sagte ich:'Das ist wie der AOL Instant Messenger von vor 20 Jahren. Das ist nicht die Zukunft. Die Zukunft werden mobile Kurznachrichten sein, das ist wie SMS auf Steroiden.' Das ist, was wir mit Cisco Spark aufgebaut haben. Sie können es heute aus dem App Store downloaden - eine Messaging-Anwendung für das Business.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich gezeigt, dass das tatsächlich die Richtung für Business-Kommunikation ist. Wir haben nun eine der weltweit führenden Messaging-Apps für das Business. Und vermutlich die sicherste Messaging-App für das Business.

Network World: Ich wollte selbst wegen Slack nachfragen. Was glauben Sie, warum es so eingeschlagen hat?

Trollope: Zunächst einmal verstanden sie wirklich die Bedeutung eines Teams. Man muss zu einem Team eingeladen werden. Wenn man das macht, gibt es keinen Spam, weil es eine Invite-Only-Sache ist. Will man nichts mehr mit dem Team zu tun hat, verlässt man es und bekommt keine einzige Nachricht mehr. Das hat niemand zuvor so gelöst und damit fällt eine Menge Traffic weg. Das ist Punkt Eins.

Punkt Zwei: Sie bauten von Anfang an eine offene Plattform und kamen so zu einer ganze Menge an Integrationen, so dass sie geschäftskritische Systeme damit verknüpfen konnten. Der dritte Punkt ist, dass sie einen Brückenkopf in der Entwickler-Gemeinde in Silicon Valley gefunden haben. Ich denke, mit diesen drei Punkten, verknüpft mit dem Gespür für Design, das Steward Butterfield mit einbrachte, haben sie eine Menge Dinge richtig gemacht.

Wir haben die gleiche Idee mit Teams. In der Tat, wenn Sie sich Cisco Spark ansehen, werden Sie erkennen, dass wir auch Team-basierte Kommunikation haben. Aber wir sehen längerfristig, dass Messaging zu Voice und Video führt, was unsere wirkliche Differenzierung ist. Wir sind eine Netzwerk-Company und der Grund, warum für uns Sprache und Video an erster Stelle kommen, ist, dass diese ein wirklich ein großartiges Netzwerk benötigen. Während es recht einfach ist, mit moderner Technik etwa ein Salesforce.com zu bauen, ist es sehr schwer, ein Netz für Kommunikation in Echtzeit aufzubauen, das unglaublich schnell reagiert und eine großartige Qualität aufweist.

Unsere Strategie ist: Wir wollen eine unglaubliche Plattform für Echtzeit-Kommunikation aufbauen, mit einer erstaunlichen Messaging-Anwendung an der Spitze, weil diese Hand in Hand gehen. Denn man startet mit Messaging, aber ziemlich schnell heißt es dann: 'Können wir ein kurzes Gespräch führen?' Unsere Vision ist es, dass man dann nur auf einen Knopf drücken muss, wenn man Echtzeit-Kommunikation möchte und es geht los. Das ist, was wir mit Spark gebaut haben. Niemand hatte das zuvor.

Für den Weg dorthin haben wir eine große Messaging-Anwendung gebaut. Tatsächlich hat sie Cisco verwandelt. Wir haben 50.000 Menschen bei Cisco, die sie täglich anstelle von E-Mails nutzen. Mein Posteingang ist von rund 500 auf etwa 20 E-Mails pro Tag gesunken.

Wir lagen richtig, was das Messaging im Business betrifft und haben inzwischen mehr als eine Million zahlender Kunden für unsere Messaging-Anwendung. Wir beginnen die Kommunikation wirklich zu transformieren und wir können das außerhalb des Microsoft-Bereichs machen. Microsoft hat keine vergleichbare Messaging-Anwendung. Überhaupt gibt es weltweit sehr wenige. Da gibt es Slack und HipChat. Der Rest von ihnen sind Start-ups. Keiner der großen Jungs mit Ausnahme von Cisco hat eine so außerordentliche Business-orientierte Messaging-Plattform.