Claim-Management

Wie CIOs IT-Services einfordern

18.09.2012
Von Thomas Gebhardt
IT-Outsourcing birgt Risiken, die durch Claim-Management kalkulierbarer werden. Wie Anwender Forderungen beim Provider durchsetzen, lesen Sie hier.
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Bevor Unternehmen IT-Services auslagern, betreiben sie oft einen hohen Aufwand: Sie beschreiben die zu erbringenden Leistungen im Detail, setzen passende Service Levels fest und formulieren diese abschließend in juristisch mehr oder weniger wasserdichten Verträgen. Doch dann kommt die Umsetzung in die Realität und damit nicht selten auch der Schock: Der IT-Partner liefert nicht, was er versprochen hat. Qualität, Mengengerüst, Verfügbarkeit - nichts ist so, wie vereinbart. Statt jedoch frustriert zu sein, tun IT-Manager besser daran, ihre Ansprüche (Claims) von Anfang an sauber darzustellen.

Schadenersatzansprüche geltend machen

Claim-Management - auch Nachforderungs-Management genannt - wird gerne in der Baubranche und im Anlagenbau angewendet. Es ist dort Usus, schon im Vorfeld die eigene Position klar zu definieren, für den Fall, dass Nachverhandlungen erforderlich werden sollten, weil vertragliche Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. In einer IT-Sourcing-Partnerschaft ist diese Vorgehensweise ebenso sinnvoll, um die eigenen Forderungen im Fall des Falles besser durchsetzen zu können. Primär sollte Claim-Management aber als Chance gesehen und genutzt werden, um die Erbringung regelmäßig wiederkehrender Leistungen in einer optimalen und reibungslosen Form zu gewährleisten. Claim-Management kann man also als die Summe aller Maßnahmen definieren, um folgende zwei Ziele zu erreichen:

  • Ein vertragsgemäßes Verhalten des Dienstleisters.

  • Die erfolgreiche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber nicht vertragskonformen Leistungen.

Vertragsstrafen erhöhen die Aufmerksamkeit

Operative Grundlage für ein erfolgreiches Claim-Management ist - neben "wasserdichten" Sourcing-Verträgen - die exakte Definition der zu erbringenden Leistungen sowie die genaue Dokumentation aller daraus resultierenden vertraglichen Pflichten. Ein Claim-Management-Prozess legt fest, wer wann was zu tun hat und welche Ansprüche er stellt. Die Leistungen werden ihrer Priorität nach in Kategorien zusammengefasst. Zur Definition gehören die Beschreibung möglicher Situationen und Ereignisse und die Festlegung der Grenzen für Abweichungen nebst den dazugehörigen Maßnahmen und Ressourcen. Abweichungen von vertraglichen Leistungen, die für den Kunden kritisch sind, werden mit höheren Strafen belegt. Dadurch erhalten sie zwangsläufig eine gesteigerte Aufmerksamkeit, - gerade auch auf Management-Ebene. Insgesamt aber sollte die Dokumentation so knapp wie möglich gehalten sein, damit sie überschaubar bleibt und von allen beteiligten Mitarbeitern als eine Art Kochrezept verwendet werden kann.

Leistungen analysieren und Beweise sichern

Ist der Regelbetrieb angelaufen, müssen erbrachte Leistungen kontinuierlich beobachtet und analysiert werden. Nichteinhaltungen gilt es aufzubereiten und sorgfältig zu dokumentieren, Beweise wie Screenshots, Fotos oder Log-Files zu sichern. Dokumentiert werden dabei das Datum des eingetretenen Ereignisses, die Beschreibung und Begründung des Anspruchs, die Bedeutung und Auswirkung sowie die Bewertung des entstandenen Schadens. Anschließend macht der Kunde seine Ansprüche geltend - und zwar konsequent. Dazu gehört, dass der Dienstleister umgehend informiert und gebeten wird, Abhilfe zu schaffen, beziehungsweise seine Vorgehensweise zu verbessern. Zu welchem Zeitpunkt der Kunde den entstandenen Schaden oder die vereinbarte Strafe eingefordert, wurde im Vorfeld bereits klar geregelt. Je nach der Qualität der Geschäftsbeziehung besteht auch die Option, ein Guthabenkonto beim Provider aufzubauen und mit späteren zusätzlichen Leistungen zu verrechnen. So kann eine für beide Seiten zufriedenstellende Einigung herbeigeführt werden.

Vorteile des Claim-Managements

Unternehmen, die im Zuge ihrer Sourcing-Strategie auch ein hieb- und stichfestes Claim-Management umsetzen, können daraus folgende Vorteile ziehen:

  • Das Verhältnis zwischen Dienstleister und Kunde bleibt immer auf einem objektiv zu beurteilenden Niveau.

  • Subjektiv gefühlte Abweichungen werden objektiv belegt oder widerlegt und sind so leichter verhandelbar.

  • Die regelmäßige Überprüfung und Anmahnung nicht eingehaltener vertraglicher Vereinbarungen bietet dem Dienstleister die Chance, eine bessere Leistung zu erbringen. Dem Kunden sichert sie den optimalen Bezug dieser Leistungen.

  • Kommt es hart auf hart sind alle Punkte dokumentiert und die Beweise gesichert - der Kunde kann seine Forderungen juristisch durchsetzen.

  • Der regelmäßige Austausch der erfassten Daten bezüglich des Grades der Einhaltung und Nichteinhaltung schafft eine hohe Transparenz.

  • Eventuelle Grauzonen und im Vorfeld nicht erkennbare und vertraglich erfasste Ereignisse werden aufgedeckt und können im gegenseitigen Einverständnis benannt und geregelt werden.

Wer sich von Anfang an korrekt verhält, hat nicht nur sehr gute Chancen, seine Ansprüche geltend zu machen. Er signalisiert vor allem auch seinem Dienstleister, dass er sich aktiv mit der Sache befasst. Neben einer hohen Transparenz haben beide Parteien die Chance, sofort auf Abweichungen zu reagieren. Und wenn doch einmal alles schief gehen sollte? Dann sind sämtliche Vereinbarungen sauber dokumentiert - was im Nachhinein meist gar nicht mehr möglich ist -, und der Kunde kann seine Forderungen juristisch durchsetzen. (pg)