Marketing Analytics

Wie Big Data und BI Marketing messbar machen

03.12.2015
Von 
Stefan Müller kommentiert Themen und Trends zu Datenintegration, Datenmanagement und Analytics. Er leitet den Bereich Big Data Analytics bei it-novum und betreut Datenprojekte bei Bundesbehörden und Unternehmen. Daneben ist er ein gefragter Autor und Referent auf Fachveranstaltungen und Workshops.
Im Kundenmanagement sind Unternehmen auf die präzise Steuerung ihrer Marketingaktivitäten angewiesen. Business-Intelligence-Systeme und Big Data Analytics veredeln Kunden- und Verkaufsdaten zu wertvollen Informationen.

Der weltweite Datenbestand ist in den letzten Jahren massiv angewachsen. Die gleiche Menge an Daten, die seit Beginn der Menschheit bis 2002 geschaffen wurde, ist laut Hochrechnungen 2014 in zehn Minuten entstanden. Daten sind das neue Öl. Sie helfen Unternehmen , im Markt erfolgreich zu sein. Als Nutzer verschiedener IT-Anwendungen erzeugen wir permanent Daten: Jeder Einkauf in einem Online-Shop, jeder Klick in einem Online-Game, jede Aktivität in sozialen Netzwerken erzeugt neue Daten. Man spricht hier von Big Data: Die traditionellen IT-Systeme geraten an ihre Grenzen und haben Schwierigkeiten, die stark wachsenden Datenberge zu speichern und zu verarbeiten.

Wie unterscheiden sich Big Data-Technologien von Business Intelligence-Systemen? Die Tabelle zeigt die generellen Vor- und Nachteile beider Ansätze.

Abbildung 1: Business Intelligence vs. Big Data
Abbildung 1: Business Intelligence vs. Big Data
Foto: eigene Darstellung

Bedeutung von Big Data für das Marketing

Mehr Informationen über Kunden resultieren in einer besseren, maßgeschneiderten Kundenansprache sowie in effizienten und effektiven Marketingmaßnahmen. Durch die Analyse der verfügbaren, marketingbezogenen Daten ist es beispielweise möglich, die Zielgruppen von Kampagnen leichter zu identifizieren. Ein wesentlicher Vorteil von Big Data-Technologien für Marketingentscheider ist die hohe Verfügbarkeit auswertbarer Daten: Onlinehops, Websites, soziale Medien und natürlich CRM-Systeme liefern eine Fülle an Informationen, aus denen sich wichtige Erkenntnisse ziehen lassen. Basierend auf diesen Datenquellen kann man beispielsweise Click- und Conversion-Raten zur Optimierung des eigenen Webcontents ableiten.

Abbildung 2: Marketing-Dashboard
Abbildung 2: Marketing-Dashboard
Foto: Webdetails

Auch Muster des Käuferverhaltens sind so erkennbar. Analysiert man zum Beispiel, wie Kunden sich vor einer Kündigung verhalten, lassen sich daraus Handlungsempfehlungen ableiten, die die Abwanderung attraktiver Kunden verhindern. Abbildung 2 zeigt, wie die Analyse verschiedener Marketingkampagnen aussehen kann.

Business Intelligence im Marketing

Dem Management und den Fachbereichen liefern Business Intelligence-Systeme wichtige Analysewerkzeuge und Kennzahlen für Entscheidungsprozesse. Gegenüber Excel-basierten Datenauswertungen bieten BI-Anwendungen, neben ihren analytischen Funktionalitäten, mehrere Vorteile bezüglich Datenqualität, Skalierbarkeit und nutzergerechter Aufbereitung:

  • Integration von Daten aus unterschiedlichen Quellen

  • Automatisierte Anreicherung und Verdichtung von Daten zu Kennzahlen

  • Einfache Erweiterbarkeit und hohe Abfragegeschwindigkeiten bei großen Datenmengen

  • Definition umfangreicher Zugriffsrechte- und Rollennutzungskonzepte

  • Verschiedene Frontends, die unterschiedliche Anwendergruppen zielgerichtet mit Informationen versorgen

Abbildung 3: Architektur eines Business Intelligence-Systems
Abbildung 3: Architektur eines Business Intelligence-Systems
Foto: eigene Darstellung

Abbildung 3 zeigt die Architektur eines typischen Business Intelligence-Systems mit seinen Schichten. Folgt man dem Datenverarbeitungsprozess von links nach rechts, werden im ersten Schritt die Daten aus den operativen Systemen extrahiert. Im Marketing-Bereich kann das ein CRM-System sein. Über so genannte Extraktions-, Transformations- und Ladeprozesse (ETL) werden die Daten automatisiert zu einem definierten Zeitpunkt aus den Datenbanken geladen und verarbeitet. Währenddessen werden die Daten miteinander verknüpft, aggregiert – oder es werden Kennzahlen berechnet.

BI versus Big Data: Stärken und Schwächen

Skalierbarkeit

Business Intelligence-Technologien skalieren sehr oft vertikal durch die kostenintensive Aufrüstung des jeweiligen Servers. Big Data-Technologien hingegen ermöglichen eine horizontale Skalierung: Dem System werden einfach zusätzliche Server hinzugefügt. Durch die parallele Verarbeitung können die Systeme gut mit steigenden Datenmengen arbeiten. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie die Speicherung unstrukturierter Daten ermöglichen – zu vergleichsweise geringen Kosten.

Datenzugriff

Business Intelligence-Systeme bieten einen sehr schnellen Datenzugriff. Sie sind durchweg auf hohe Abfragegeschwindigkeiten ausgelegt und liefern durch die Verwendung von SQL als Abfragesprache eine Vielzahl möglicher Frontends. Ihre gute Performance ermöglicht den Anwendern interaktive OLAP-Analysen. Dagegen bieten Big Data-Technologien oft nur eine unzureichende Unterstützung von SQL und stellenweise langsame Abfragegeschwindigkeiten.

Datenqualität

Im Data Warehouse liegen hoch veredelte Daten, während im Big Data-Umfeld zunächst einmal alles im Rohformat gespeichert wird. Dabei werden, wie auch beim Data Warehouse, die Daten zunächst aus ihren Quellen extrahiert. Im Gegensatz zu ETL sind im Big Data-Umfeld Extraktions-Lade-Transformations (ELT)-Prozesse zu finden. Das heißt, dass die Daten ohne Struktur in das Zielsystem geladen und erst bei Bedarf zum Zeitpunkt der Analyse umgewandelt werden.

Speichersysteme

Ein weiteres Zielsystem sind NoSQL-Datenbanken. Im Gegensatz zu relationalen Datenbanken, die für ein Data Warehouse zum Einsatz kommen, bietet diese Gattung dynamische Schemata und kann gut skalieren. NoSQL-Datenbanken sind beim Hinzufügen neuer Felder wesentlich flexibler. Diese Datenbanken skalieren horizontal und eignen sich somit für Einsatzszenarien mit vielen Nutzern und großen Datenmengen. Außerdem lassen sich auch unstrukturierte Daten speichern, womit sich NoSQL für den Einsatz in einer Big Data-Architektur geradezu anbietet.

Um den Anforderungen, die Big Data an Unternehmen stellt, begegnen zu können, reichen herkömmliche Systeme nicht mehr aus oder sind schlichtweg zu teuer: Ein Unternehmen, das die wachsenden Datenberge in einem Data Warehouse speichern möchte, wird schnell technische oder finanzielle Grenzen erreichen. Big Data-Technologien bieten klare Leistungsvorteile bei der Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen. An die Datenqualität eines Data Warehouse reichen die Big Data Stores aber nicht heran. Beide Welten weisen also ihre ganz eigenen Stärken auf, die sinnvoll miteinander kombiniert werden können.

Better together – Business Intelligence und Big Data kombinieren

Big Data ist die logische Weiterentwicklung der bestehenden BI-Systeme. Eine Analyse großer Datenbestände (Big Data Analytics) kann häufig nur auf dem Bestand der hoch veredelten Daten des Data Warehouse erfolgen. In der Regel zieht man einen Best-of-Breed-Ansatz mit unterschiedlichen Technologien heran. Der Grund dafür ist einfach: Auf dem Markt gibt es aktuell keine Lösung, die alle Anforderungen erfüllt.

Abbildung 4: Erweiterung der Business Intelligence-Architektur um Big Data
Abbildung 4: Erweiterung der Business Intelligence-Architektur um Big Data
Foto: eigene Darstellung

Abbildung 4 zeigt eine beispielhafte Erweiterung der bestehenden Business-Intelligence-Landschaft um Big Data-Technologien. Diese Architektur setzen viele Unternehmen so oder in ähnlicher Art und Weise ein. Bei der Auswahl der Marketing Analytics-Lösung und ihrer Implementierung sollte man die folgenden drei Aspekte berücksichtigen:

Best-of-Breed

Selten sind alle Analyseanforderungen mit einer einzigen Lösung umsetzbar – besonders, wenn Big Data eine Rolle spielt. Wie in der Beispielarchitektur zu sehen ist, bewähren sich hybride Ansätze mit mehreren integrierten Lösungen. Ein solcher „Best-of-Breed“-Ansatz setzt darauf, dass die einzelnen Komponenten innerhalb einer Architektur ihre individuellen Stärken ausspielen und zusammenarbeiten können. Die Auswahl der Einzelkomponenten hängt stets von den individuellen Anforderungen ab.

Data Blending

Die wahren Schätze hebt nur, wer Datenquellen miteinander kombiniert. Die Datenintegration ist mit dem größten Aufwand verbunden. Sie lohnt sich jedoch, denn man erhält eine ganzheitliche Sicht auf Kunden, Prozesse und Produkte. Die Kombination von Data Warehouse und Big Data nennt man „Data Blending“. Moderne Analyseplattformen erlauben Blending auf Ebene der Datenintegration, ohne die Daten zwischenspeichern zu müssen. In den ETL-Prozessen lassen sich Daten aus verschiedenen Quellen miteinander verknüpfen. Die aufbereiteten Daten können dann direkt in den jeweiligen Frontends analysiert werden.

Zukunftsfähigkeit

Die Zeiten, in denen sich Manager nur auf ihr Bauchgefühl verlassen konnten, sind schon lange vorbei. Zwar spielen auch heute Instinkt, Erfahrung und die menschliche Bewertung von Situationen bei der Entscheidungsfindung eine Rolle. Grundlage dieser Entscheidungen sind aber immer Fakten. Im Marketing geht es darum, mithilfe von Big Data-Auswertungen Erkenntnisse zu gewinnen, die den Unterschied machen können und ein Absetzen vom Wettbewerb ermöglichen.

Ausblick: Better Together

Will man bisher ungenutzte Daten aus neuen Quellen, wie zum Beispiel Social Media-Plattformen oder Blogs, analysieren, ist die bestehende Tool-Landschaft kritisch zu betrachten. Es ist nicht zielführend, eine bestehende, ungeeignete Lösung so lange zu modifizieren, bis sie einigermaßen passt – die großen Datenmengen, die in Zukunft noch umfangreicher werden, erfordern den Einsatz neuer Technologien. Nur wer seine Daten auswerten kann, hat die Chance, auf lange Sicht im Wettbewerb zu bestehen. Business Intelligence und Big Data können dem Marketing wichtige Informationen für die Ausrichtung von Kampagnen oder die Anpassung von Strategien liefern. Bei einem gleichbleibenden Marketingbudget lässt sich so die Reichweite von bestehenden Maßnahmen deutlich erhöhen – oder es lassen sich sogar Ressourcen einsparen, die in neue Maßnahmen fließen können. (wh)