Wie beurteilen Sie IBM´s neuen Drucker?

09.05.1975

"Jede Kopie ein Original", - "das Drucksystem IBM 3800 druckt 8580 Seiten pro Stunde" - "Schach den Papierkosten" hießen die Schlagworte bei der Non-Stop-Demonstration auf dem IBM-Stand in Hannover. Umlagert von Scharen Neugieriger erklärte ein schon heiserer Propagandist die wesentlichen Neuerungen des Systems: durch die Verwendung neuer Technologien - nach einem elektrofotografischen Druckprinzip - erreicht der Drucker eine Geschwindigkeit, die einer maximalen Leistung von circa 755 000 Zeilen/Stunde entsprechen würde. Den Zuschauern wurde vorgeführt, wie auf eine rotierende Trommel eine Folie mit einer Fotohalbleiterschicht gespannt ist. Die zu druckenden Informationen werden durch Laserstrahl-Einwirkung auf der Oberfläche aufgebracht.

IBM beschreibt als potentiellen Anwender praktisch "alle größeren Rechenzentren". Zudem sollen mit diesem Drucker die ständig steigenden Papierkosten unter Kontrolle gebracht werden. Der Mietpreis des Mammut-Druckers: Rund 23 000 Mark Monatsmiete bei ausgelastetem Zwei-Schicht-Betrieb.

CW befragte direkt auf dem IBM-Stand einige der Interessenten, die sich unmittelbar nach der Demonstration Zusatzinformationen holen wollten. hö

Hans-Peter Burbach, Unternehmensberater in Hamm

Hier handelt es sich um ein sehr raffiniertes technisches System, das sich durch Vorentwicklung anderer Hersteller nach xerographischen Prinzipien schon lange angekündigt hat.

Die Vor- und Nachteile des Druckers liegen auf der Hand. Da sind einmal die sehr hohen Kosten - für die Monatsmiete dieses Gerätes bekommt man sicherlich eine Reihe von Druckern, die zwar nicht so schnell sind, Jedoch auch nach einem ähnlichen Prinzip drucken und die darüber hinaus noch die Möglichkeit haben, Zeichnungen auszugeben.

Ich sehe eigentlich keinen Nachteil im Einfachdruck. Die heutigen Papierberge müssen ja von irgendjemand gelesen und bearbeitet werden. In dem Einmaldruck wäre sogar ein Vorteil zu sehen: die Leute zum Nachdenken anzuregen, um nicht mehr so viele unnötige Kopien zu erzeugen. Dennoch ist es derzeit ein rein organisatorisches Handicap, keine Durchschläge machen zu können. Allerdings kann man durch die hohe Geschwindigkeit des Druckers sehr viel abfangen. Ob sich das System allerdings noch rentiert, wenn vier Kopien benötigt werden und somit viermal, hintereinander gedruckt werden muß?

Die 3800 ist allein interessant für Massenanwender in Deutschland wie zum Beispiel Bankzentralen, unter Umständen auch für Versandhauszentralen, für behördliche Institute, die sehr große Kataloge zu drucken haben. Ich glaube nicht, daß der Drucker in normalen Industrieunternehmen in der Größenordnung von 200 bis 500 Millionen Mark Jahresumsatz zum Einsatz kommt. Somit ist die Zielgruppe ganz klar begrenzt.

Erich Eissfeldt, Zentrallaboratorium für Datentechnik der Siemens AG, München

Wir alle wissen, daß die Papierkosten in der EDV bald die Größenordnung von Mietkosten für Systeme erreichen werden. Dabei würde eine Papierersparnis von 60 Prozent - wie die IBM verspricht - sehr von Vorteil sein.

Das Gerät kommt allerdings nur für große Systeme in Frage.

Ich stelle mir nun die Frage, was passiert mit den bedruckten Formularen, die aus dem Drucker herauskommen. Die müssen ja noch geschnitten und weiterbearbeitet werden. Die Demonstration der IBM hört sich ja ganz schön an, man kann den Drucker programmieren, alle gewünschten Formulare aufdrucken. Aber für die Nachbearbeitung muß es doch auch eine entsprechende Software geben.

Otto Plachetka, Projektleiter bei der Firma B. Sprengel & Co., Hannover

Die Druckgeschwindigkeit und damit die künftigen Möglichkeiten sind natürlich frappierend. Als EDV-Mann macht man hier ganz große Augen, was die fortschreitende Technologie noch alles mit sich bringt. Man kann zum Beispiel mit diesem Drucker gleich Rechnungsformulare ausgeben, die man sich sonst extra anfertigen lassen muß.

Das große Problem bei diesem Drucker - und das haben auch die IBM-Leute schon richtig erkannt - wird wohl der Preis sein. Die wenigen Leute, die sich den Drucker leisten können, sind gezählt.

Das Wegfallen der Mehrfachkopien sehe ich als Mangel an. Auch wenn der Drucker eine entsprechende Geschwindigkeit hat, so daß die benötigten Formulare hintereinander ausgedruckt werden können, muß doppelt kompensiert werden: einmal der schnelle Drucker, den man sich nicht anschaffen würde, wenn man ihn nicht brauchte, und dann muß die Einfachbearbeitung wieder aufgeholt werden. Haupteinsatzgebiete für diesen Drucker sind meiner Meinung nach der Handel und die Geldinstitute. Für den kleinen EDV-Mann ist das System doch noch einige Nummern zu groß.

Helmut Reichl, Laborleiter der Siemens AG, München

Ich habe hier am Stand der IBM den Eindruck: Alle sind sehr überrascht, daß es so etwas überhaupt gibt. Ich habe auch schon Meinungen gehört, daß sich dieses Prinzip bei uns in Bälde auch für langsamere Einheiten durchsetzen wird. Ich persönlich halte das auch für möglich und auch für wahrscheinlich.

Das Gerät - so wie es hier auf der Messe steht - wird bei dem Preis allerdings auf einen ganz kleinen Anwenderkreis beschränkt bleiben. Ich persönlich halte es für eine Taktik der IBM, zunächst einmal mit einem Universal-Gerät auf den Markt zu gehen, die Praxis zu testen und dann das Gerät entsprechend "abzumagern". Der Knalleffekt ist meiner Meinung nach sehr gut geglückt. Allerdings gibt es wirklich nicht allzuviele Leute, die ein derartiges Gerät benötigen. Ich kann mir vorstellen, daß eventuelle Anwender Elektrizitätswerke sind oder ganz allgemein Unternehmen, die sehr viel publizieren oder verbreiten.

Ich sehe auch keinen Nachteil darin, daß das System nur Originale drucken kann. Das Mehrfachpapier wird immer teuerer, und man ist heute mehr und mehr dabei, von den Mehrfachsätzen abzugehen. Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit einem Papierkonfektionierer, und der hat meinen Eindruck bestätigt. Maximal wird heute nur noch der Dreifachsatz verwendet. Darüber hinaus sind die Kopien meist unlesbar. Der IBM-Drucker bringt zwangsläufig den Vorteil mit sich, daß alle Blätter einwandfrei lesbar sind.

Ganz allgemein glaube ich, daß dieser Drucker hier die Technik der Zukunft ist.

Dieter E. Engel, Unternehmensberater in Leonberg

Ich interessiere mich nur für die reine Technik des Gerätes. Der Einsatz des Druckers ist meiner Meinung nach nur bei Großanwendern gegeben, für Unternehmen in der mittleren Größenordnung sicher nicht.

Bei der enormen Geschwindigkeit spielt es auch keine Rolle, daß keine Mehrfachsätze gedruckt werden können. Meiner Meinung gibt es für dieses Gerät einen echten Markt - es handelt sich hierbei nicht nur um eine Spielerei der IBM. Denn es gibt sehr viele Anwender, die immer wieder Schwierigkeiten beim Drucken haben. Ich persönlich kenne viele Leute, die den Druckbereich aus der normalen Verarbeitung auslagerten. Die haben dann mehrere Offline-Drucker angeschlossen und kommen so mit der Kapazität der Anlagen wieder zurecht. Für die ist diese Maschine natürlich interessant.