Wie Anwender SAP beeinflussen können

23.10.2006

Die großen Anbieter seien komplex organisiert, bestätigt Michael Neff, CIO der Heidelberger Druckmaschinen AG. Das treffe neben SAP auch auf Microsoft und Oracle zu. Man habe oft den Eindruck, dass diese Softwarekonzerne Themen, die den Anwendern wichtig sind, aus den Augen verlieren. Der CIO empfiehlt, ein Netz zu knüpfen und zu pflegen. Für die Anwender sei es wichtig, die richtigen Ansprechpartner bei den Softwareherstellern zu kennen und diesen auch immer wieder die eigenen Anliegen vor Augen zu führen.

Wer dennoch mit seinen Entwicklungsanträgen auf taube Ohren stößt, muss sich andere Mittel und Wege einfallen lassen, beispielsweise über eine Entwicklungspartnerschaft mit dem Softwarelieferanten. In den zurückliegenden Jahren haben sich vor allem im SAP-Umfeld eine Reihe dieser Kooperationen etabliert, gerade im Hinblick auf Branchen- und Industrielösungen.

Fünf Tipps für den Umgang mit dem Softwarehersteller

  • Gemeinsam ist man stärker. Bündeln Sie Ihre Interessen mit Gleichgesinnten aus der Branche. Treten Sie beim Hersteller zusammen auf.

  • Knüpfen Sie Kontakte in die Entwicklungsabteilung Ihres Anbieters und pflegen Sie diese. So bleiben Ihre Anliegen im Blickfeld.

  • Machen Sie dem Hersteller Ihre Änderungswünsche schmackhaft. Wenn auch er Vorteile für sich erkennt, wird er eher darauf eingehen.

  • Legen Sie im Vorfeld von Entwicklungsprojekten genau fest, wer welchen Teil beizutragen hat und wie die Rechte an den Ergebnissen aufgeteilt werden sollen.

  • Geben Sie Ihr Branchen-Know-how nicht blindlings preis. Der Softwarehersteller profitiert schließlich auch davon. Das sollte sich für Sie als Anwender bezahlt machen.

Dabei schienen die SAP-Verantwortlichen an diesem Feld zunächst kaum interessiert, erinnert sich Herbert Reichelt, Vorstandsbevollmächtigter des AOK-Bundesverbands. "Mit der Idee, eine Branchenlösung für Krankenkassen zu bauen, haben wir uns Mitte der 90er Jahre zunächst eine Abfuhr eingehandelt." Es sei ein zu kleiner Markt, habe es von Seiten der SAP geheißen. Erst nach der Entscheidung des Managements in Walldorf, einzelne Industrien gezielt mit Branchensoftware zu adressieren, sei die Krankenkasse wieder ins Gespräch gekommen. Im Jahr 2000 beschlossen beide Seiten, parallel an Versicherungslösungen zu arbeiten.

Reichelt zieht eine positive Zwischenbilanz des Projekts "Oscare", ehemals "SAP-AOK-Master" (SAM). Nur im Rahmen einer solchen Entwicklungskooperation habe man Einfluss auf SAPs Standard nehmen können. Das eine oder andere, was die eigene IT-Abteilung sonst hätte selbst entwickeln müssen, habe der gesetzliche Krankenversicherer im SAP-Versicherungsstandard unterbringen können, berichtet der AOK-Manager.

Dieser Prozess dauert nach wie vor an, erläutert Klaus Schmitt, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters AOK Systems. Demnach habe der Versicherer in den ersten Modulen von Oscare einen wesentlich höheren Anteil Eigenentwicklung einbringen müssen. Verschiedene Eigenheiten des Gesundheitswesens wie beispielsweise die vielfältigen Beziehungen zu Arbeitgebern, Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken habe das SAP-System nicht abbilden können. Schmitt schätzt die Anteile zwischen SAP-Standard und AOK-Add-on in den ersten Versionen auf fifty-fifty. In Zukunft soll der SAP-Anteil der AOK-Lösung auf zwei Drittel wachsen.