Abenteuer Softwareeinführung

Wie Anwender ERP-Projekte begleiten

09.06.2008
Von Werner Schmid

ERP-System oder die Firma: Wer muss sich anpassen?

Was sich in den darauffolgenden Stunden oder auch Tagen vollzieht, entscheidet maßgeblich über den Projekterfolg: Passt sich das Unternehmen an das ERP-System an oder umgekehrt? In manchen Fällen konfigurieren Softwareexperten das System so lange, bis es als passend angesehen wird. Allerdings kann das schon mal schiefgehen.

Dabei wäre alles so einfach: ERP-Systeme haben im Grunde nur zwei Regeln, nach denen sie arbeiten: eine für die Logistik und eine für das Rechnungswesen. Letztere (Soll minus Haben ergibt null) gilt für jeden Anwender. Die Aufgabe bei der ERP-Einführung besteht darin, diese Regeln korrekt und durchgängig anzuwenden. Das ist deshalb notwendig, weil zumindest die wertschöpfenden Prozesse (Verkauf, Produktion und Einkauf) gesteuert werden müssen.

Das Fatale ist nur: Kaum einer kennt die Regeln. Und während die Berater gemeinsam mit den Key Usern an den Parametern herumschrauben und versuchen, die letzte Individualschleife im System unterzubringen, übersehen beide oft diese Vorgaben. Es ist ja auch viel erhebender und erlebnisreicher, "User Exits" zu programmieren oder "Y-Positionstypen"(eine SAP-Spezialität) zu erzeugen, als so banale Regeln zu beachten wie "Bedarf minus Bedarfsdecker ergibt null". Ist der Saldo ungleich null, gibt es entweder zu viel (Überbestand) oder zu wenig (Material, Produkte, Leistungen). So einfach ist jedes ERP-System gestrickt.

Die Aufgabe der Anwender

Das Projekt steht und fällt mit den Vorstellungen und Anforderungen der Anwender. Je klarer, vollständiger und besser durchdacht diese sind, desto schneller und besser verläuft die Einführung. Es hat sich bewährt, anstelle umfangreicher Stichwortsammlungen als Pflichtenheft (die von den Anbietern nur abgehakt werden) eine konsistente Beschreibung aller Prozesse als Vorgabe zu verwenden. Darin steht neben dem "Was" (machen die Funktionen?) auch das "Wie" (läuft die Steuerung?).

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Die Herausforderung an die Anwender ist, unternehmerisch zu denken, den eigenen Schreibtisch zu verlassen und die Abläufe im Unternehmen von außen zu betrachten, aus der Sicht der Geschäftspartner. Designer und Produktentwickler orientieren sich schon lange an der Frage: "Wie hätte es der Kunde gerne?" Softwareanwender hingegen fragen meist nur: "Wie ist es für mich am einfachsten?"

Voraussetzungen fehlen

Natürlich ist es für einen einzigen Anwender sehr schwierig, ganze Prozesse der Wertschöpfungskette zu definieren, da die meisten Mitarbeiter ja als Spezialisten für eine Aufgabe (Verkaufen, Planen etc.) fungieren. Auch fehlen vielfach die Voraussetzungen, denn nur wenige haben eine Doppelausbildung in einem technischen und einem kaufmännischen Beruf. Geschäftsprozesse steuern stets gleichzeitig die Ware und deren Wert, auch wenn das nicht immer allen Beteiligten bewusst ist.

Bei der Einführung eines ERP-Systems kommt es genau darauf an, die Prozesse aus Sicht der Logistik und des Rechnungswesens zu betrachten. Schließlich basiert der Erfolg der ERP-Systeme genau darauf, dass sie immer beides, Ware und Wert, gleichzeitig erfassen, steuern und buchen können.