Umlandverband setzt im Umweltschutz auf Informationstechnik:

Wichtigster Punkt ist der Aktualitätsgrad

07.12.1984

Seine Umweltaktivitäten wollte der Umlandverband Frankfurt mit Hilfe der Informationstechnik neu ordnen. Das Aufgabengebiet umfaßt die gesamte Abwasserkontrolle, wobei die wichtigsten Messungen an der Quelle der Schadstoffentstehung, also bei Industriebetrieben und kommunalen Einrichtungen selbst erfolgt. Dr. Heike Benda* beschreibt die Anwendung.

Zunächst ging es um die regelmäßige Überwachung und Kontrolle der Schadstoffemissionen von Betrieben, die Abwasser in Kläranlagen einleiten, um Überwachung von Zu- und Ablauf der Kläranlagen, dann auch um Bodenüberwachung von landwirtschaftlichen Flächen, auf die Klärschlamm aufgebracht werden soll, und zweier ausgewählter Deponien.

Informationstechnik in Labor und Verwaltung

Bereits innerhalb des ersten Arbeitsjahres ergaben sich zwei wichtige Erkenntnisse:

1. Die Flut der Akten wuchs schneller als erwartet.

2. Die Akten enthielten einen Vorrat an Datenmaterial, das interessante Auswertungen ermöglichen könnte.

Der Umlandverband erteilte daraufhin den Auftrag, die Möglichkeiten der Unterstüizung durch Informationstechnik im Labor- und Verwaltungsbereich zu untersuchen. Gleichzeitig wurden Gespräche mit der GID, Projektträger des Bundesministeriums für Forschung und Technologie, aufgenommen. Das Ziel dieser Gespräche war die Erörterung der Möglichkeiten, hier zunächst zu den lokalen Interessen des Verbandes in exemplarischer Weise auch aktuelles Datenmaterial und statistische Auswertungen von allgemeiner Bedeutung einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dabei waren nun neue und andere Kriterien zu berücksichtigen, vor allem auch entsprechende Datenschutzmaßnahmen, zum Beispiel dürfen Rückschlüsse auf einzelne Betriebe nicht möglich sein.

Das BMFT erklärte sich bereit, ein solches Vorhaben mit Fördermitteln im Rahmen der Einrichtung von technischwissenschaftlichen Daten- und Faktenbanken zu unterstützen, und so konnte im Spätsommer 1983 dieses Projekt in Angriff genommen werden. Die wesentlichen Ziele des Einsatzes von Informationstechnik in diesem Projekt sind:

1. Unterstützung der Verwaltung und des Laborbetriebes sowie der Kommunikation der beiden Bereiche, vor allem, um zuverlässiges und aktuelles Datenmaterial verfügbar zu machen.

2. Relevante Auswertungen aus den Daten

a) zur Verfolgung der Ziele des Umlandverbandes,

b) zur Verfügbarkeit für Dritte.

Alle Verwaltungsinformationen werden in einer zentralen Datenbank gespeichert und im Online-Dialog aktualisiert. Die Datenbank enthält ferner die Analysenergebnisse der Proben, die von dem Vorrechner (Perkin-Elmer) an sie per DFU übergeben werden. Die Realisierung erfolgt auf dem IBM-Rechner im kommunalen Gebietsrechenzentrum

Frankfurt unter Einsatz von Adabas und Natural. Dieses Datenbanksystem empfahl sich insbesondere durch seinen Verbreitungsgrad im öffentlichen Bereich und die damit einhergehende Erleichterung eines möglichen Dätenaustausches.

Zu den Verwaltungsobjekten gehören:

a) die möglichen Quellen von Schadstoffen (wie Industriebetriebe oder Kläranlagen,

b) dieMeß- und Entnahmestellen,

c) die Anlagen zur Abwasservorbehandlung (wie Neutralisationsanlagen, Abscheider, Entgiftungsanlagen und Vorklärbecken.

Alle zugehörigen Daten werden im Online-Dialog direkt gepflegt.

Planung der Probennahme unterstützt Überwachung

Im Laborbereich werden die Proben-Meßdaten, die mit unterschiedlichen Verfahren und Meßgeräten ermittelt werden, in den Vorrechner eingespeist. Dies geschieht, soweit wie möglich, und sinnvoll durch Kopplung von Meßgeräten und Vorrechner. Die restlichen Meßdaten werden über Terminals eingegeben. Die Meßergebnisse werden, bevor sie das Labor verlassen, vom verantwortlichen Chemiker überprüft und entweder freigegeben und an die Datenbank gesendet oder aber zur Wiederholung von Messungen gekennzeichnet. Interessant ist auch die Unterstützung des Überwachungsablaufes durch Planung von Ort, Art und Zeitpunkt der Probennahme. Hier sind Kriterien wie Gefahrenklasse, Branche, Untersuchungsintervall in Abhängigkeit von Überschreitungen wichtige Parameter. Ebenfalls einbezogen in die Aufgaben des Umlandverbandes sind die Erhebung von Gebühren von Widersprüchen.

Das umfangreiche und ständig aktualisierte Datenmaterial über Schadstoffemissionen einer ganzen Region ist die Basis für viele interessante Auswertungen. Diese können einerseits unter den , Zielsetzungen des Umlandverbandes und den Umweltschutzzielen des gesamten Verbandsgebietes gesehen werden, andererseits gibt es aber auch viele Aspekte, Auswertungen für Dritte anzubieten (zum Beispiel Umweltbundesamt in Berlin, Statistisches Landesamt, Bundesgesundheitsamt etc.). Wichtigstes Charakteristikum aller Auswertungen ist der Aktualitätsgrad. Im folgenden werden Problemkreise genannt, die mit Hilfe, des hier eingesetzten Realisierungskonzepts angegangen werden können:

Daten-Relevanz auch für dritte Stellen

- Welche Branchen verursachen bestimmte Schadstoffbelästungen?

- Bei welchen Branchen treten vorzugsweise bestimmte Überschreitungen von zulässigen Grenzwerten auf?

- Wie wirken sich Überwachungen auf die Schadstoffemissionen bei bestimmten Branchen oder generell aus?

- In welchen Regionen lassen Bodenbelastungen keine Klärschlammaufbringung zu?

- Welche Regionen zeigen bestimmte Grenzwertüberschreitungen?

- Zeitliche und räumliche Veränderungen von Schadstoffströmen.

- Erkennung von Schwachpunkten im Überwachungsnetz durch Erkennung von Diskrepanzen zwischen den zu erwartenden Zulaufwerten einer Kläranlage und den tatsächlich gemessenen.

- Welche Gewässerbelastungen sind im Zeitverlauf am Ablauf der Kläranlagen festzustellen?

- Wirksamkeit von Abwasserbehandlungsanlagen im praktischen Einsatz.

- Korrelation der Meßdaten mit durch andere Stellen ermittelten Daten (wie Gesundheitsämter oder wasserwirtschaftliche Institutionen).

Das Projekt soll bis zum Frühjahr 1986 realisiert sein und kann in der Art seiner Realisierung durchaus als Pilotprojekt mit Einsatzmöglichkeiten in anderen Regionen beziehungsweise Bundesländern betrachtet werden.

*Dr. Heike Benda, Stollmann GmbH, Hamburg